Flughafen München:Rohrratten und mehr: Was der Zoll alles im Reisegepäck findet

Flughafen München: Jeder, der den Flughafen München durch den Zollausgang verlässt, kann kontrolliert werden - auch wenn er den Ausgang "Nichts zu verzollen" nimmt.

Jeder, der den Flughafen München durch den Zollausgang verlässt, kann kontrolliert werden - auch wenn er den Ausgang "Nichts zu verzollen" nimmt.

(Foto: BWZ (oh))

Die Zöllnerinnen und Zöllner am Flughafen München werden bei den Kontrollen täglich fündig. Beschlagnahmt werden gefälschte Waren, Drogen, Waffen, Korallen und sogar lebende Tiere.

Von Gerhard Wilhelm, Flughafen

Wahrscheinlich hat sich jeder, der schon mal nach einer Flugreise am Münchner Flughafen angekommen ist und mit dem Koffer in Richtung dem Ausgang geht, kurz vor den Türen im Zollbereich gefragt: links oder rechts? Hab ich wirklich nichts zu verzollen? Das Zollamt München, das für den Flughafen zuständig ist, kontrolliert aber nicht nur das Reisegepäck, sondern auch den Luftfrachtverkehr, der am Flughafen ankommt.

In beiden Gebieten werden sie täglich fündig - und die Beamten sind oft selber erstaunt, was alles aus dem Verkehr gezogen werden muss. Von gefälschten Waren, über Drogen, bis hin zu lebenden Tieren. Auch eine gebratene Rohrratte, die im Kongo als Delikatesse gilt, war dabei. Ebenso ein lebender weißer Alligator, in Frischhaltefolie eingewickelt.

Flughafen München: Der weiße, noch lebende Alligator war auf dem Röntgenbild deutlich zu sehen.

Der weiße, noch lebende Alligator war auf dem Röntgenbild deutlich zu sehen.

(Foto: Zoll Flughafen München)

Rund 400 Zöllnerinnen und Zöllner sind am Münchner Flughafen im Einsatz. Bei Eröffnung des Flughafens 1992 waren es 300. "Sie schützen die Wirtschaft vor Wettbewerbsverzerrungen, die Verbraucher vor mangelhaften Waren aus dem Ausland und die Bevölkerung vor den Folgen grenzüberschreitender organisierter Kriminalität", sagt Pressesprecher Thomas Meister. Und sie sind gut beschäftigt. Seit der Passagierflugverkehr nach Ende der Corona-Pandemie wieder stark zunimmt, nimmt auch die Palette der Verstöße wieder zu. Und es wird laut Meister schon "das eine oder andere kuriose Teil" gefunden. "Mich wundert aber eigentlich nichts mehr."

"Manches ist so geschmacklos, dass man sich sagt, das darf doch nicht wahr sein."

Er selber habe drei Jahre beim Zoll im Reiseverkehr gearbeitet. "Und einiges erlebt, von dem man sich sagt: Muss man das wirklich nach Hause mitnehmen und irgendwo als Souvenir hinstellen? Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, aber manches ist so geschmacklos, dass man sich sagt, das darf doch nicht wahr sein", sagt der Pressesprecher. An zwei Dinge erinnert er sich besonders aus dem vergangenen Jahr - wenn beides auch nicht zur Kategorie Souvenir zählt: an die Rohrratte und Hackfleisch aus der Türkei, "Letzteres war 48 Stunden ungekühlt unterwegs". Innerhalb von zehn Sekunden nach Öffnen des Koffers sei der Abfertigungsbereich leer gewesen, erinnert sich Meister.

Eine spezielle Schulung benötigen die Zollbeamten am Flughafen jedoch nicht, wie der Pressesprecher sagt. "Die Grundbasics bekommt jeder im Rahmen eines Tutorenprinzip. Im Anschluss spezialisiert man sich. In den Abteilungen gibt es mehrere Spezialisten, die man fragt, wenn man sich unsicher ist." Sei der sich auch nicht sicher, werde die Ware erstmal einbehalten und gehe zum Gutachter. Das sei oft bei Uhren oder Gold notwendig, um herauszufinden, ob sie echt sind oder nicht.

Produktfälschungen spielen mittlerweile bei Flugreisen kaum noch eine Rolle

Auch Produktfälschungen spielen eine Rolle beim Zoll. Wenn sie auch nicht mehr so im Fokus stehen, wie früher. Mittlerweile darf man gefälschte Produkte für 430 Euro im Ausland kaufen und auf dem Luft- oder Seeweg nach Hause mitnehmen. Allerdings nur in Mengen für den eigenen Bedarf. Wer 20 identische T-Shirts einer Marke im Koffer habe, bei dem werde vermutet, dass er sie auch verkaufen wolle, sagt der Pressesprecher. Was nicht erlaubt sei. Der überwiegende Teil der gefälschten Waren kommt heute aber über den Post- oder Frachtverkehr aus China, aber auch die Türkei und Hongkong sind Herstellungs- und Versandländer für nachgeahmte Produkte. 2020 wurden 282 Verstöße registriert. Insgesamt wurden rund 26 000 gefälschte Markenartikel, vornehmlich Schuhe und elektronische Artikel namhafter Hersteller im Wert von rund 3,1 Millionen Euro, am Flughafen und am Zollamt Hochbrück aus dem Verkehr gezogen.

Flughafen München: Die Durchleuchtung von Gepäck findet am Flughafen München auch mit einem mobilen Röntgengerät statt.

Die Durchleuchtung von Gepäck findet am Flughafen München auch mit einem mobilen Röntgengerät statt.

(Foto: Zoll Flughafen München)
Flughafen München: Koffer, gefüllt mit der Kaudroge Khat, hat der Zoll am Flughafen zuletzt häufiger gefunden.

Koffer, gefüllt mit der Kaudroge Khat, hat der Zoll am Flughafen zuletzt häufiger gefunden.

(Foto: Zoll Flughafen München)

Extrem zugenommen hat in den vergangenen Jahren der Khatschmuggel. 2022 hat man insgesamt 118 Kilogramm Drogen beschlagnahmt. Vor allem Kokain, Ecstasy und Khat. Während der Corona-Pandemie wurde zwar weniger geflogen, die Kaudroge Khat erlebte aber einen Boom: Im März 2020 hatten die Münchner Zöllner in 36 Postpaketen aus Indien insgesamt 360 Kilogramm Khat entdeckt. 2021 kamen insgesamt 1,2 Tonnen getrocknetes Khat aus Dubai an. Zollbeamte haben die Drogen in einer Frachtsendung entdeckt, angemeldet war die Sendung als "Tischdekoration". Ein Grund für den Rückgang harter Drogen: Zum Flughafen München gebe es keine direkten Flugverbindungen mehr aus Südamerika, zum Beispiel aus São Paulo, sagt Meister.

Verstöße gegen das Washingtoner Artenschutzübereinkommen

Sichergestellt wurden auch 276 verbotene Waffen, Schlagringe, Wurfsterne, Butterfly- sowie Springmesser, wie Thomas Meister sagt. Auch für den Artenschutz sind die Zollbeamten da: 2022 registrierte der Zoll am Flughafen München 75 Verstöße gegen das Washingtoner Artenschutzübereinkommen. Zudem wurden mehr als 1000 Verarbeitungserzeugnisse, etwa Lederwaren aus Reptilienleder oder Cremes mit Bestandteilen geschützter Pflanzen, aber auch Muschelkorallen, Reisenden vergangenes Jahr abgenommen. Eine Geldbuße fange bei 150 Euro an, sagt Meister.

Nicht nur gegen das Artenschutzübereinkommen hatte ein 42-jähriger Geschäftsmann Ende September 2022 verstoßen, der im Reisekoffers den lebenden weißen Alligator aufgab, der beim Röntgen entdeckt wurde. Während gegen den Mann ein Verfahren eingeleitet wurde, befreiten die Zöllner zusammen mit einem Tierarzt den Alligator und brachten ihn in die Auffangstation für Reptilien im Tierheim München.

Flughafen München: Korallen, Muschel- und Schneckenschalen, zum Beispiel auch verarbeitet zu Schmuck, fallen unter das Artenschutzabkommen.

Korallen, Muschel- und Schneckenschalen, zum Beispiel auch verarbeitet zu Schmuck, fallen unter das Artenschutzabkommen.

(Foto: Zoll Flughafen München)

Es werden aber nicht nur Sachen oder Tiere geschmuggelt, sondern auch Geld. So stellten die Zöllnerinnen und Zöllner insgesamt 320 000 Euro Bargeld im Koffer einer jungen Chinesin sicher. Im Zuge der Gepäckkontrolle wurde die Summe in ihrem, mit grüner Plastikschutzfolie umwickelten Koffer, in jeweils 50 Euro-Scheinen aufgefunden. Diese waren in verschweißten Kaffee-, Keks- und Chips-Verpackungen versteckt. Da die Frau keine Angaben zum Verwendungszweck machte, wurde das Geld sichergestellt, da der Verdacht bestand, dass das Geld aus kriminellen Geschäften stammt. Ein Schöffengericht am Erdinger Amtsgericht sah dies auch so und erklärte die Beschlagnahme für rechtens.

Viele Reisenden würden aus Unwissenheit beim Zoll vielleicht bei den Kontrollen Probleme bekommen, aber, so Meister: "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht". Man sollte im Urlaubsland nicht Reiseführern oder Einheimischen glauben, wenn sie versichern, dass man dies oder das mitnehmen dürfe - eventuell sogar mit Zertifikat, sondern sich vorab informieren, zum Beispiel auf der Seite des Zollamtes am Flughafen. Sein Tipp: "Sammeln Sie Eindrücke, nicht Andenken."

Die Rohrratte war im Übrigen tatsächlich zum Verzehr bestimmt, jedoch aufgrund tierseuchenrechtlicher Regelungen nicht einfuhrfähig. Sie wurde eingezogen und anschließend der "fachgerechten Vernichtung zugeführt", wie im Amtsdeutsch heißt. Dabei sind Rohrratten gar nicht näher mit Ratten verwandt, sie gehören zur Gruppe der Stachelschweine.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusSport im Alltag
:"20 Minuten Fahrradfahren am Tag können das Leben radikal verbessern"

Der renommierte Münchner Sportmediziner Martin Halle erklärt, wieso er Radfahren für den besseren Einstiegssport hält als Joggen, wie schnell sich dadurch die Gesundheit verbessern lässt - und wie viel man damit abnehmen kann.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: