Flughafen:Mit App und Service reisen

Camperboys

Alles an Bord: Paul Pizzinini (links) und Andreas Mall vermieten Campingbusse, die mit einem Doppelbett und einer Küche ausgestattet sind. Sie werden die ersten Reisemobilverleiher am Flughafen München sein, wo sie Mitte März mit 15 Miet-Campern starten.

(Foto: Günther Reger)

Camperboys heißt die Firma von Andreas Mall und Paul Pizzinini aus Fürstenfeldbruck. Das Start-up ist das erste Unternehmen, das am Flughafen München Reisemobile verleihen wird

Von Erich C. Setzwein, Flughafen

Am Anfang steht immer eine Idee - und eine entscheidende Frage, ohne die die Idee nicht umgesetzt werden kann. Andreas Mall und Paul Pizzinini hatten die Idee, die Frage und die Antwort, die ihrer beider Leben ändern sollten. Wie wäre es, fragte Mall seinen Schulfreund Pizzinini vor drei Jahren, ein eigenes Wohnmobil zu haben? Aber wie finanzieren?, lautete die zweite Frage. Vermieten, wenn man das Wohnmobil nicht braucht, war die passende und zukunftsweisende Antwort. Auf das privat angeschaffte Wohnmobil und die zeitweise Vermietung zur Deckung der Kosten folgte ein Firmenkonzept, das das Start-up aus Fürstenfeldbruck mit Namen "Camperboys" zum allerersten Reisemobil-Verleiher am Flughafen München macht. Mitte März soll's losgehen.

Andreas Mall, 26, und sein gleichaltriger Geschäftspartner Paul Pizzinini haben schon als Studenten den Schritt ins Unternehmertum gemacht. Die beiden kennen sich vom Viscardi-Gymnasium in Fürstenfeldbruck und von der gemeinsam geführten Firma "Almighty Boards". Das ist erst gute vier Jahre her, das Produkt war ein Skateboard ohne Räder, mit dem man sich auf einer Slackline bewegen kann - das Slackdeck. Schon damals sollte die Firma auf einem stabilen Fundament stehen, und dazu gehört, wie Mall weiß, gute Beratung. Die Industrie- und Handelskammer hat die richtigen Ansprechpartner und gab den Tipp, sich auf der Jungunternehmermesse in Fürstenfeldbruck zu präsentieren. Eine gute Erfahrung, wie sich später herausstellen sollte. Als sich die beiden ein Wohnmobil anschaffen und es vermieten, um es abzahlen zu können, erkennen sie, dass es im Vermietgeschäft noch Nischen gibt.

Und wieder stellen sich die beiden eine Frage, die sich vor ihnen sicher auch schon andere gestellt haben, die aber nie eine überzeugende Antwort gefunden haben dürften. Welche Möglichkeiten haben internationale Individual-Reisende in Deutschland, an einem Reiseverkehrsknotenpunkt auf ein Reisemobil umzusteigen, und wie kommen sie auf ihrer Tour weiter? Die Antwort auf die erste Hälfte der Frage erschien nach einer genauen Marktbeobachtung der Wettbewerber leicht. Zwar gibt es in der Nähe des Münchner Flughafens eine ganze Reihe von kleineren und größeren Vermietstationen, aber die muss der Reisende erst einmal erreichen. So war für die beiden Jungunternehmer klar, dass der Standort der Flughafen selbst sein musste.

"Am Flughafen München sind wir immer auf der Suche nach attraktiven neuen Services für Passagiere und Gäste", heißt es aus der Pressestelle des Flughafens. Mit dem Reisemobilverleih der Camperboys erweitere man das Portfolio: "Reisende profitieren von kurzen Wegen und können direkt vom Flughafen mit einem vollausgestatteten Camper zu einer Entdeckungsreise durch Bayern, Deutschland oder Europa starten."

Andreas Mall sagt, kurze Wege und attraktive Öffnungszeiten, dazu eine Erreichbarkeit der Vermieter in allen Fragen rund um die Uhr seien Grundvoraussetzungen, die andere nicht bieten könnten. Der Servicegedanke steckt auch in der Antwort auf die zweite Hälfte der Frage. Denn während das Vermietgeschäft, auch wenn es über eine Onlineplattform erledigt wird, eigentlich analog ist, sollte die Reiseplanung am Zielort digital erfolgen. Und so hat das Start-up einen Entwickler beschäftigt, der eine App programmiert, mit der der Mieter eines Camperboys-Reisemobils nicht nur seine Tour planen kann. Er bekommt dazu exklusive Einkehr- und Besuchstipps an oder neben seiner Reiseroute. Ebenfalls soll der Reisende mit Hilfe dieser App mit den Camperboys kommunizieren können. Auf Reisen weiß man ja nie.

Doch wie kommen nun zwei 26-Jährige zu einem Vertrag mit der Flughafen München GmbH? Hinter diesem - und vielen weiteren Start-ups in München - steckt ein Netzwerk, in dem das Gründerzentrum der Technischen Universität in Garching eine wichtige Rolle spielt. Dessen Coaching zum Thema digitales Business haben die Camperboys genossen, ebenso die Hilfe aus dem Entrepreneurship-Center der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Dort haben sich Mall und Pizzinini ein Büro einrichten können, eine gute Grundlage für ein aufstrebendes Unternehmen ohne großen finanziellen Hintergrund. Denn bei all den guten Ideen, den klugen Fragen und den cleveren Antworten der beiden musste es einen Geldgeber geben. Studenten - Mall hat mittlerweile seinen Bachelor in Betriebswirtschaft gemacht, Pizzinini studiert noch Media Management und Digitale Technologien bis zum Masterabschluss - verfügen nur über begrenzte Mittel. Mall kommt zugute, dass er vor dem Studium eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Sparkasse Fürstenfeldbruck gemacht hat. Sein früherer Lehrherr ist nun sein Geldgeber, die Camperboys haben inzwischen gut und viel investiert.

Zunächst sollten nach dem Vermietabenteuer mit dem eigenen, gebraucht gekauften Reisemobil zwei neue Wohnmobile in die Vermietung gehen. Also besorgten sich Mall und Pizzinini zwei Transporter von Volkswagen und ließen sich die in Lübeck zu Reisemobilen ausbauen. Die Camperboys sprechen von Reisemobilen, weil sie einen wesentlichen Unterschied zu Wohnmobilen aufzeigen wollen. Wohnmobile, das seien die großen, behäbigen Fahrzeuge, die man häufig auch auf Campingplätzen sehe, die Reisemobile in der Größe eines VW-Busses aber seien leichter durch den Verkehr und die Städte zu bewegende Pkw mit der Möglichkeit, darin zu übernachten.

Nach der ersten Saison 2017 wurden zwei fertig ausgebaute Wohnmobile für 2018 bestellt, die nun vor dem Start des größer dimensionierten Vermietgeschäfts am Flughafen zusammen mit den ein Jahr älteren Fahrzeugen verkauft wurden. Mit der Bestellung von 15 nagelneuen Reisemobilen sind die Camperboys beim Hersteller bereits zum Großkunden aufgestiegen - und bekommen entsprechend Rabatt. Wie bei jedem anderen Mietwagenverleih auch gehört es zum Konzept, die Fahrzeuge nach einer Saison, also nach etwa sieben Monaten und mit etwa 20 000 Kilometern auf dem Tacho, auf dem Gebrauchtwagenmarkt anzubieten. Die Nachfrage sei groß, die Preise für ein solches kaum gebrauchtes Reisemobil seien sehr deutlich unterm Listenpreis.

In wenigen Wochen also soll die Flotte der Camperboys am Flughafen zur Vermietung bereitstehen. Es sei der erste Reisemobilverleih dieser Art, bei dem das gesamte Camperzubehör im Mietpreis enthalten sei, weiß man bei der Flughafen München GmbH. Eine Extrawurst bekommen die Camperboys dennoch nicht gebraten. Für sie gelten die gleichen Bedingungen wie für andere Autovermieter auch, heißt es; die Flughafen München GmbH unterstütze das Start-up lediglich bei der Kommunikation.

Paul Pizzinini freut sich dennoch auf die Arbeit, die auf sie beide zukommt. "Die Kunden wollen an der Hand genommen werden." Das ist fast wörtlich zu verstehen, denn alleine über eine Reise-App wird sich das alles nicht abwickeln lassen. Mall sagt, man werde den Reisenden, der einen Campingbus gebucht habe, am Flughafen abholen und ihn zum Fahrzeug bringen. Und das nicht nur zu den üblichen Öffnungszeiten, sondern zu der Zeit, zu der der Kunde tatsächlich in München ankomme. Gleiches gelte auch für das Abliefern des Fahrzeugs, das erst kurz vor dem Rückflug erfolgen müsse. Mit solchen Dienstleistungen wollen sich die Camperboys abheben. Konkurrenz müssen sie vorerst nicht fürchten. Dem Flughafen liegen Anfragen anderer Campingvermietungsanbieter bislang nicht vor.

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