Flughafen-Ausbau:Streit um die Kapazitätsgrenzen

Flughafen-Ausbau: Richtig finden es die Aktivisten von "Aufgemuckt", dass die Stadt Freising beim beantragten Ausbau des Terminals 1 wachsam bleiben will.

Richtig finden es die Aktivisten von "Aufgemuckt", dass die Stadt Freising beim beantragten Ausbau des Terminals 1 wachsam bleiben will.

(Foto: Marco Einfeldt)

Während Finanzminister Söder derzeit maximal 430 000 Flugbewegungen für machbar hält, verweist "Aufgemuckt" darauf, dass sogar im Genehmigungsbescheid für die dritte Startbahn von 480 000 die Rede ist

Von Johann Kirchberger, Freising

Da sieht man wie die Zeit vergeht. Die Schutzgemeinschaft Erding-Nord, Freising und Umgebung, einst gegründet, um den Bau des Flughafens im Erdinger Moos zu verhindern, wird am 6. Dezember 50 Jahre alt. Wesentlich jünger ist das Aktionsbündnis Aufgemuckt, das bei einer Mitgliederversammlung neue Aktionen im Kampf gegen den Bau der dritten Startbahn ankündigte. So wird auf Vorschlag von Sprecherin Helga Stieglmeier eine 2. Internationale Flughafen-Anwohner-Konferenz vorbereitet. Die Veranstaltung mit namhaften Experten soll im nächsten Frühjahr in München stattfinden und sich in erster Linie mit Klimaschutz, Luftverschmutzung, Feinstaub und Ultrafeinstaub beschäftigen.

Bereits an diesem Donnerstag wollen einige Aktivisten in den Landtag fahren, wo Finanzminister Söder um 9.15 Uhr im Wirtschaftsausschuss über die Entwicklung des Flughafens sprechen wird. Er sei gespannt, sagte der Abgeordnete Christian Magerl (Grüne), ob Söder dann auch erläutern wird, wieso er die Kapazität im Erdinger Moos zuletzt im Landtag nur noch mit 430 000 Flugbewegungen - 2016 waren es 394 000 - angegeben habe, wo doch im Planfeststellungsbeschluss ausdrücklich 480 000 festgehalten seien. "Da ist er mir noch eine Antwort schuldig", so Magerl. Söder könne auch nicht von praktischen und theoretischen Werten sprechen, sagten einige Versammlungsteilnehmer. Die 480 000 Flugbewegungen seien in dem Beschluss mit dem Zusatz "in der Praxis" versehen, der theoretische Wert sei weit höher und liege bei über 500 000. Von der Gegenseite, insbesondere von niederen Chargen, werde dies bestritten, sagte Helga Stieglmeier, die das als weiteren Versuch wertete, "Stimmung gegen uns" zu machen. Derzeit liefen regelrechte Kampagnen, berichtete sie, "um uns zu diffamieren und Magerl als Lügner hinzustellen".

Magerl ging auch auf die jüngst von der Flughafen GmbH veröffentlichten "neuen Rekordzahlen" ein. Auffallend sei, dass die Monatszahlen ständig auf und ab gingen. Für ihn ein Zeichen, dass der Markt ziemlich durcheinander und "in einem gigantischen Umbruch" sei. Indizien dafür seien auch, dass Transavia nach München kommt und nach einigen Monaten wieder "rausgeht", dass Condor erklärt, wir bauen in München aus und eine Woche später verkündet, verstärkt auf Frankfurt zu setzen. Klar sei aber, so der Abgeordnete, dass Frankfurt und München versuchten, sich mit Sonderzahlungen gegenseitig Fluggesellschaften abzujagen. Ansonsten fand Magerl die Zusage von Söder erfreulich, dass der Freistaat keine Umwandlung der FMG in eine Aktiengesellschaft anstrebe. Dies wäre auch gar nicht so einfach, ergänzte Manfred Pointner, der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft. Eine derartige Umwandlung, werde sie denn von einem der drei Gesellschafter beantragt, dauere vier bis fünf Jahre und sei viel komplizierter als allgemein angenommen. Angesprochen auf die Höhe der Gewerbesteuern, die von der FMG an die Stadt Freising fließen, gab Bürgermeisterin Eva Bönig keine Auskunft. Pointner aber meinte, im Vergleich zu den vom Flughafen verursachten Infrastrukturausgaben "ist das nicht die Welt". Allein vom Flughafen, so Pointner, könne keine Gemeinde leben.

Richtig fand es die Runde, dass die Stadt Freising beim beantragten Ausbau des Terminals 1 wachsam bleibe. Ziel der FMG sei es wohl in erster Linie, den "Non-Aviation-Bereich" zu vergrößern. Als skandalös wurde jedoch gewertet, dass das Luftamt Südbayern ein von der FMG beantragtes Planfeststellungs- in ein Plangenehmigungsverfahren umgewandelt habe, in dem die Stadt lediglich eine Stellungnahme abgeben dürfe. Zu Recht hätten sich die Stadträte im Planungsausschuss darüber aufgeregt und sogar eine Klage erwogen.

Die hohe Belastung durch Ultrafeinstaub, der bei der Verbrennung von Kerosin entstehe, thematisierte einmal mehr Reinhard Kendlbacher vom Bürgerverein. Anders als bei Autos könnten bei Flugzeugen keine Filter eingebaut werden. Bekämpfen könne man die Belastung nur durch eine Reduzierung des Flugverkehrs. Unterstützung im Kampf gegen den Ultrafeinstaub würde man sich eigentlich vom CSU-Bundestagsabgeordneten Erich Irlstorfer erhoffen, sagte Wolfgang Herrmann. Der sitze schließlich im Gesundheitsausschuss. Vor längerer Zeit habe man ihn angeschrieben, allerdings nie eine Antwort erhalten.

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