Flughafen:Alle Partikel zählen

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Ein Experte aus Mainz erklärt, warum die FMG behauptet, nicht für die erhöhten Feinstaubwerte verantwortlich zu sein

Von Sophie Vondung, Freising

Der Feinstaub-Spezialist Wolfgang Schwämmlein aus Mainz hat den Startbahngegnern der BI Freising aktuelle Messungen zum Thema "Ultrafeinstaub durch Flugverkehr" vorgestellt. Mit Nachdruck versicherte die BI-Vorsitzende Eva Bönig, dass sie glaube, der jahrelange Kampf der Startbahngegner werde Erfolg haben und die dritte Startbahn werde nicht gebaut.

Oswald Rottmann von der Bürgerinitiative Freising sagte auf Nachfrage, das Gebiet um den Flughafen Frankfurt sei besonders stark vom Feinstaub betroffen, die Bürgerinitiative kämpfe dort seit Jahren gegen den Ausbau des Flughafens. Deshalb sei die Mainzer Bürgerinitiative mit ihren Messungen ein Vorreiter. Schwämmlein erklärte anschaulich, was Ultrafeinstaub ist und welche Gefahren er birgt. Viele Messungen basierten auf dem Gewicht der Partikel, sagte er. Dabei werde der winzige Ultrafeinstaub werde bei den Messungen oft übersehen. Das sei besonders fatal, zumal die kleinsten Partikel den größten Schaden anrichteten, warnte er. Denn je kleiner die Feinstaubteilchen seien, desto tiefer könnten sie in den Körper eindringen und den Organismus von innen schädigen.

Die einzige Möglichkeit, die wirklichen Gefahren abzuschätzen, sei, die Partikel zu zählen, ohne ihre Größe zu beachten. Zur Veranschaulichung zeigte Schwämmlein eine Münchner Studie aus dem Jahr 2011. Man habe die Feinstaubpartikel am Flughafen zunächst nach Gewicht gemessen und versucht, sie dem Verursacher zuzuordnen. Diese Untersuchung habe ergeben, dass 90 Prozent der Partikel aus dem Umland stammten und nur zehn Prozent vom Münchner Flughafen selbst.

Messe man jedoch die Anzahl, sei das Ergebnis genau umgekehrt: 90 Prozent der Partikel würden vom Flughafen verursacht und nur zehn Prozent kämen aus der Umgebung. Die größeren Schmutzpartikel von Baustellen oder Straßenverkehr hätten den Ultrafeinstaub bei der ersten Messung überlagert, erklärte er. Eine eindeutige Zuordnung an den Verursacher sei wichtig, denn immer wieder werde gesagt, der Flughafen sei nicht der Grund für erhöhte Feinstaubwerte verantwortlich, sagte Schwämmlein. Nach einigen Streitigkeiten habe sich die Bürgerinitiative Mainz schlussendlich selbst ein teures Messgerät gekauft, um die Anzahl der Ultrafeinstaubpartikel genau zu bestimmen. Schwämmlein zeigte ein Video von einer Messung in Mainz . Von 24 000 Partikeln pro Kubikzentimeter Luft stieg die Anzahl vor den Augen der ungläubigen Zuhörer auf das 1,5-fache, nachdem die Messstation von einem Flugzeug überflogen wurde. Messungen im Mainzer Ortsteil Hechtsheim ergaben eine Kurve, die die Partikelanzahl je nach Uhrzeit beschreibt. Zwischen den Hochpunkten, bei denen reger Flugbetrieb herrschte, war die Zahl der Partikel plötzlich rapide gesunken, als am Vormittag ein Wechsel der Flugrichtung erfolgte und eine Stunde lang kein Betrieb herrschte. "So sind die Erhöhungen eindeutig dem Flugbetrieb zuzuordnen", sagt Schwämmlein.

"Auch wir wollen uns ein solches Messgerät anschaffen", sagt Rottmann. Nur die FMG habe im Moment Messstationen im Landkreis. Der Flughafen richte sich jedoch nur nach den gesetzlichen Grenzwerten, sagte Rottmann. Er darf am Tag höchstens 50 Mikrogramm pro Kubikmeter an PM10-Feinstaub freisetzen. Die Grenzwerte gebe es aber nur für Feinstaub, nicht für Ultrafeinstaub.

© SZ vom 31.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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