Flüchtlingsunterkünfte:Vertragsdetails: geheim

Flüchtlingsunterkünfte: Eine der beiden Unterkünfte ist die ehemalige Ausflugsgaststätte Stiller Lindum in Dorfen, die andere steht in Oberding.

Eine der beiden Unterkünfte ist die ehemalige Ausflugsgaststätte Stiller Lindum in Dorfen, die andere steht in Oberding.

(Foto: Renate Schmidt)

Bei Dorfen und Oberding sind die zwei größten Flüchtlingsunterkünfte des Landkreises entstanden. Wie viel Miete die Regierung von Oberbayern dem Investor dafür zahlt, verrät sie nicht

Von Regina Bluhme, Oberding/Dorfen

Erst hieß es Februar, dann März, jetzt ist es Juni geworden: In Oberding und Dorfen sind die zwei größten Flüchtlingsunterkünfte des Landkreises so gut wie bezugsfertig. 108 Plätze gibt es in der Containeranlage bei Aufkirchen und noch einmal mehr als 100 im ehemaligen Ausflugslokal Stiller in Lindum. Die Gebäude sollen demnächst von der Regierung von Oberbayern übernommen werden. Alles steht bereit - nur die Flüchtlinge fehlen. Konkrete Einzugstermine sind bei der Bezirksregierung nicht zu erfahren.

Umquartiert in feste Gebäude

Derzeit würden mit dem Landkreis noch Gespräche geführt, "wann die Objekte seitens der Regierung übernommen werden", schreibt die Pressestelle der Regierung auf Nachfrage der SZ. Wie viele Menschen einziehen und wann - auch dazu gibt es keine Auskunft. Nur so viel: Auch wenn die Zahl der neu angekommenen Flüchtlinge massiv gesunken sei, seit Ende Februar die Grenzen in Südosteuropa dicht gemacht worden sind, bestehe doch "weiter ein gewisser Bedarf an Unterbringungsplätzen, insbesondere um möglichst wohnähnliche Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen". So könnte die Vermutung des Oberdinger Bürgermeisters Bernhard Mücke (CSU) stimmen, dass vielleicht Menschen aus Tragluftunterkünften in feste Gebäude umquartiert werden sollen.

Bauherr von beiden Unterkünften ist der Dorfener Immobilienunternehmer Georg Scharl. Er hat in Lindum das ehemalige Ausflugslokal Stiller für Flüchtlinge umgebaut. Vergangenen Donnerstag erfolgte im Beisein des Helferkreises Dorfen die Übergabe an das Landratsamt. Auf Oberdinger Flur, im Gemeindebereich von Aufkirchen, hat Scharl neben dem Erdinger Postverteilerzentrum vier Containermodule errichtet. Sie wurden ebenfalls kürzlich ans Landratsamt übergeben und vom örtlichen Helferkreis, dem Gemeinderat und der Feuerwehr inspiziert.

Regierung zahlt - unabhängig von der Belegung

Wie die Pressestelle der Regierung von Oberbayern auf Nachfrage weiter mitteilt, bezahlt der Staat an Investor Scharl einen Mietzins auf Basis der angemieteten Quadratmeter Nutzfläche - "unabhängig von der tatsächlichen Belegung". Zur Laufzeit der Verträge könne man aber aus vertragsrechtlichen Gründen generell keine Information veröffentlichen, heißt es weiter.

Für Oberding hatte Scharl mit seinen vier Containermodulen ein "Vorzeigeprojekt für ganz Bayern" angekündigt. Ein bisschen sieht es aus, als hätte jemand hinter dem Erdinger Postverteilerzentrum vier riesige weiße Lego-Bausteine abgestellt. An jedem Gebäude sind die Stockwerke und die Türen mit einer eigenen Farbe markiert: Rot, Orange, Gelb und Blau. Innen warten helle, weißgestrichene Zweibettzimmer sowie Küche, Duschen und Gemeinschaftsräume noch auf die Möblierung. Die Belüftung erfolgt automatisch, die Fenster sind schallgeschützt. Tatsächlich ist drinnen von der in nächster Nähe vorbeilaufenden Flughafentangente Ost kaum etwas zu hören.

"Sehr großzügig"

Unser Eindruck ist positiv, alles ist sehr großzügig gebaut", lautete das Urteil von Oberdings Bürgermeister Mücke bei der Besichtigung in der vergangenen Woche. Gemeinderat und Helferkreis waren ebenfalls zufrieden, auch der Aufkirchener Feuerwehrkommandant Wolfgang Hirner, der mit 15 Mann Rauchmelder und Hydranten ins Visier nahm. Die Lage der Flüchtlingsunterkunft hinter dem Postverteilerzentrum ist zwar nicht gerade idyllisch zu nennen, doch Bürgermeister Mücke verwies auf die Bushaltestelle und Einkaufsmöglichkeiten gleich ums Eck - mehrere Supermärkte sind kaum hundert Meter entfernt.

Die gut 50 Mitglieder des Oberdinger Helferkreises haben sich schon ihre Gedanken gemacht. Wie die Vorsitzende Andrea Hartung berichtet, haben sich erste Gruppen zusammengetan für die Begleitung zu Behörden oder zum Einkaufen, für Sprachkurse und für einen wöchentlichen Treffpunkt. "Die ersten Räder haben wir auch schon eingesammelt", sagt Hartung. Mit an Bord sind auch die örtlichen Vereine. Sebastian Fischer vom Helferkreis hat eine Infotafel mit Notfallnummern, Stadtplänen und den wichtigsten Busverbindungen zusammengestellt. Jedes Haus soll eine bekommen. Die Stichstraße, die zu der Unterkunft führt, hat auch einen Namen erhalten. "Vinzenz-von-Paul-Straße", benannt nach dem Patron der christlichen Nächstenliebe.

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