Stadtentwicklung:Bauschutt ist eine Wissenschaft für sich

Stadtentwicklung: Die verlassene Start- und Landebahn am Fliegerhorst Richtung Langengeisling.

Die verlassene Start- und Landebahn am Fliegerhorst Richtung Langengeisling.

(Foto: Renate Schmidt)

Bei der Konversion des Fliegerhorsts fällt jede Menge Abbruchmaterial an, gerechnet wird mit etwa 1,55 Millionen Tonnen. Wohin damit? TUM-Absolvent Thomas Rojas Sonderegger hat ein paar gute Ideen für innovatives Recycling auf dem Areal.

Die gesamte Innenstadt von Erding bedeckt von einer meterhohen Schicht aus Betonbrocken. Das Bild ist furchteinflößend, aber auch sehr plastisch. So ungefähr muss man sich jedenfalls die Dimension des anfallenden Bauschutts im Zuge der Konversion des Fliegerhorts vorstellen. Noch handelt es sich um geschätzte Zahlen, aber diese sind wissenschaftlich fundiert. Sie stammen von Thomas Rojas Sonderegger. Der Absolvent der Technischen Universität München hat am Dienstag im Stadtentwicklungsausschuss seine Masterarbeit vorgestellt: "Erstellung einer Recycling-Strategie am Beispiel der Konversion des Fliegerhorsts Erding".

Im Rahmen der Vortragsreihe "Rundflug Fliegerhorst" hatte Thomas Rojas Sonderegger im Dezember 2022 im Museum Erding bereits kurz über nachhaltige und ressourcenschonende Recyclingmethoden informiert - Recycling direkt vor Ort, auf dem Gelände des Fliegerhorsts. Am Dienstag nun ging der Masterabsolvent im Bauingenieurwesen weiter ins Detail. Als Standort für das künftige Recycling (RC) Zentrum wäre laut Rojas Sonderegger der Shelterbereich am Fliegerhorst ideal. Die 21 Hektar große Fläche würde ausreichend Platz bieten für Halle mit Mischanlage und Silos, für Brech- und Siebanlage und das Fertigteillager.

Der Bauingenieur rechnet im Zuge der Abrissarbeiten von Gebäuden oder Straßen mit etwa 1,55 Millionen Tonnen Bauschutt. Davon könnten 950 000 Tonnen vor Ort recycelt werden. Nach seinen Berechnungen könnte sich so die Strecke der Transportwege von 50 Kilometern auf zwei Kilometer reduzieren. Das bedeute 70 000 Lastwagen weniger auf der Straße und eine Ersparnis von 5,200 Tonnen CO₂.

In den vergangenen Jahren sind immer wieder Anträge für Bauschuttbrech- und -aufbereitungsanlagen bei der Stadt eingegangen. Als möglicher neuer Standort für ein Sondergebiet für Bauschuttrecycling ist ein Areal nördlich des WiWEb am Fliegerhorst im Gespräch. Das wäre in der Nachbarschaft zum künftigen RC-Zentrum am Sheltergelände und somit günstig gelegen.

Stadtentwicklung: Viele der 400 Gebäude auf dem Fliegerhorst Erding werden abgerissen. Sie machen Platz für ein neues Stadtquartier.

Viele der 400 Gebäude auf dem Fliegerhorst Erding werden abgerissen. Sie machen Platz für ein neues Stadtquartier.

(Foto: Renate Schmidt)
Stadtentwicklung: Diese Gleise führen nirgendwo hin. Am Fliegerhorst Erding ist ein neuer Bahnhof geplant.

Diese Gleise führen nirgendwo hin. Am Fliegerhorst Erding ist ein neuer Bahnhof geplant.

(Foto: Renate Schmidt)

Recycling vor Ort sei wirtschaftlich, weil man sich Materialkosten sparen könne, betonte Rojas Sonderegger. Es sei nachhaltig, weil Ressourcen geschont würden und die Umweltbelastung reduziert würde. Und schließlich sei Bauen mit RC Beton auch innovativ. Allerdings eigne sich der RC Beton nicht für jeden Neubau. Doch die Forschung schreitet voran. Auf dem Gelände der Bayernkaserne in München zum Beispiel wurde vor zwei Jahren ein Musterbauwerk aus 100 Prozent Recyclingbeton erstellt.

Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) bedankte sich für "den sehr wissenschaftlichen, aber trotzdem verständlichen" Vortrag. Und kam dann auf eine Frage zu sprechen, bei der er "einige Überraschungen" befürchtet: Wie stark sind Gebäudeteile, Straßen, Flugfelder und Bunker kontaminiert? Die Schadstoffentsorgung sei eine gewaltige Aufgabe. Und noch sind die Kaufverträge mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) nicht unterzeichnet. Erneut zeigte sich Gotz verärgert darüber, dass es immer noch nicht zu einem Abschluss gekommen ist.

Der Bauschutt im Rahmen des Erdinger Ringschlusses ist ein unbekannte Größe

Christian Famira-Parcsetich von der Stadtentwicklung betonte, mit der Masterarbeit habe die Stadt "ein Gefühl für Zahlen bekommen". Eine unbekannte Größe sei dabei der Bauschutt, der durch die Arbeiten der Deutschen Bahn im Rahmen des Erdinger Ringschlusses (mit neuem Bahnhof auf dem Fliegerhorstgelände) entstehen werden. Zugleich biete die Präsentation eine gute Grundlage für die Stadt, "mit der wir gegenüber der Bima auftreten können und zeigen können, dass wir uns Gedanken machen".

Inzwischen hat Erding ohnehin diverse Studien, Gutachten und Konzepte in Auftrag gegeben. Am Dienstag hat der Stadtentwicklungsausschuss fürs künftige Stadtareal am Fliegerhorst eine Machbarkeitsstudie für Regenwassermanagement und eine Machbarkeitsstudie Mobilität weiter auf den Weg gebracht.

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