Vortragsreihe Rundflug Fliegerhorst:Smart City Erding

Vortragsreihe Rundflug Fliegerhorst: Ein Regenrückhaltebecken mit Zukunft: In Rotterdam wird die Retensionsfläche auch als Basketballplatz genutzt.

Ein Regenrückhaltebecken mit Zukunft: In Rotterdam wird die Retensionsfläche auch als Basketballplatz genutzt.

(Foto: Ossip van Duivenbode, de Urbanisten/oh)

Die Zukunft hält viel Ungewisses bereit für die Planer des neuen Stadtteils am Fliegerhorst. Eins ist aber klar: Künstliche Intelligenz wird auch hier eine nicht unwichtige Rolle spielen.

Von Regina Bluhme, Erding

Wie plant man einen neuen Stadtteil? Dieses Frage beschäftigt Erding gerade sehr. Auf den Flächen des ehemaligen Fliegerhorsts wird in den kommenden Jahren, besser Jahrzehnten, ein Quartier für Wohnen und Arbeiten aus dem Boden gestampft. Welche Trends, welche Entwicklungen gilt es bei dem Mammutprojekt zu beachten? Darüber haben Constanze Ackermann und Björge Köhler vom Hamburger Planungsbüro Urbanista am Mittwoch im Museum Erding referiert. Ihr Forschungsobjekt: "Die Stadt von übermorgen" - technisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich innovativ, geplant auch mithilfe Künstlicher Intelligenz. Auf geht's nach Smart City Erding.

Der menschliche Horizont sei, was die kommenden Entwicklungen betreffe, natürlich "ein Stück weit begrenzt", stellte Björge Köhler zu Beginn klar. Gerade wenn es um lange Zeiträume gehe, wie hier die Entwicklung des Fliegerhorstgeländes, müsse man "in Optionen denken statt in Wahrheiten". 150 Trends zu verschiedenen Zukunftsthemen haben Köhler und Constanze Ackermann in einem Team im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) unter der Überschrift "Stadt von übermorgen" erstellt.

Künstliche Intelligenz, demografischer Wandel, Klimawandel oder Energiewende - Stadtentwicklung werde durch eine Vielzahl von Trends beeinflusst. Da ist der Bereich der Mobilität. Hier verändere sich gerade sehr viel. Wie Städte zukunftsfähig damit umgehen, das erläuterten die beiden Vortragenden anhand von Beispielen. Stichwort: Radverkehr. Ein Foto zeigte zum Beispiel eine für Radfahrer reservierte Brücke in der Innenstadt von Kopenhagen. Oder Thema Klimaschutz und Anpassung an Klimaveränderung. Eine Hochwasserrückhaltebecken müsse nicht immer eine Mulde in der Landschaft sein, so Köhler. In Rotterdam wird ein Wasserbecken in der Stadt zwei bis drei Mal im Jahr überflutet. Ansonsten dient das Becken als Basketballplatz. Oder wie es Köhler ausdrückte: "Multifunktionalität und technische Notwendigkeiten mit neuer Nutzung verknüpft."

Vortragsreihe Rundflug Fliegerhorst: Bestand neu nutzen: Öffentliche Freiflächen auf einem Parkhaus.

Bestand neu nutzen: Öffentliche Freiflächen auf einem Parkhaus.

(Foto: Rasmus Hjortshøj/Coast Studio, Jaja Architects/oh)
Vortragsreihe Rundflug Fliegerhorst: Vorfahrt für Radfahrer: Eine Radbrücke in Kopenhagen.

Vorfahrt für Radfahrer: Eine Radbrücke in Kopenhagen.

(Foto: Rasmus Hjortshøj Coast Studio, Büro: Dissing+Weitling Architects)

Ein großes Thema ist laut den beiden Referenten, bestehende Bauten mit neuem Leben zu erfüllen. Das E-Werk in Luckenwalde zum Beispiel erzeuge Strom, während im alten Turbinenraum Ausstellungen stattfinden. Anderenorts werde ein altes Schulhaus abends als Kino genutzt, tagsüber sei es offen für Vereine oder Gruppen. Neues Leben könne auch ein Parkhaus erhalten, wenn zum Beispiel das Dach als öffentliche Freizeitfläche genutzt wird. Immerhin ist das in Erding nicht neu. Die neue Schulturnhalle am Anne-Frank-Gymnasium erhält einen Hartplatz auf dem Dach.

Künstliche Intelligenz kann beim Erstellen des Quartiers helfen

An der Digitalisierung kommt niemand vorbei, betonten Ackermann und Köhler. Künstliche Intelligenz werde helfen, smarte, also innovative, Quartiere zu erstellen. Angesichts des alten Baumbestands auf dem Fliegerhorst, könnten Sensoren im Boden installiert werden, die dann den Stadtgärtnern mitteilen, wann ein Baum dringend Wasser brauche. Überhaupt lässt sich sagen, dass städtische Systeme digitalisiert und algorithmisiert werden. "Urbane Räume, Gebäude, Infrastrukturen, Fahrzeuge und Gegenstände werden digital miteinander verbunden."

Die Zukunftsvisionen waren manchem Zuhörer doch etwas zu viel. Stadtrat Burkhard Köppen meldete sich zu Wort. Eine Smart City Erding könne er sich aktuell nicht vorstellen, er fürchtet einen "Überwachungsdruck". Eine Zuhörerin verwies auf den Stromverbrauch der Digitalisierung. Während eine andere Besucherin abwinkte: Beim derzeitigen schleppenden Ausbau des Schnellen Internets rund um Erding und der nicht vorhandenen Online-Möglichkeiten bei der Stadtverwaltung sei es noch ein ganz langer Weg bis zu einer Smart City. Ein Zuhörer sagte, eine Beschleunigung bei Bauvorhaben sei die große Herausforderung.

Und immer wieder: der Erdinger Ringschluss

Karla Schilde vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung in München hatte zu Beginn auf die geplante Internationale Bauausstellung (IBA) der Landeshauptstadt München verwiesen, zu der die Stadt Erding mit dem Fliegerhorst-Projekt einen Beitrag leisten will. Sie betonte nun, dass gerade innerhalb der IBA neue Allianzen geschmiedet werden könnten, zum Beispiel auch für den Bau des künftigen Erdinger S-Bahn-Ringschlusses.

Der Abend im Museum Erding war die fünfte öffentliche Veranstaltung der Vortragsreihe über die Neugestaltung des Fliegerhorsts. Laut Michael Backes von der Stadtentwicklung im Erdinger Rathaus hatte dieser Termin die bislang meisten Anmeldungen. Christian Famira-Parcsetich, Leiter der Stadtentwicklung, betonte, es handle sich um einen "Entwicklungsprozess", an dem sich die Bürger, zum Beispiel auch durch diese Veranstaltung, beteiligen können und sollen. "Bringen Sie sich weiter ein", verabschiedete Backes die Zuhörer und Zuhörerinnen.

Der kommende und somit auch letzte Vortrag im Rahmen von Rundflug Fliegerhorst beschäftigt sich am 1. März mit einem Thema, das in Erding wieder zahlreiche Menschen nicht nur übermorgen, sondern schon jetzt dringend interessieren dürfte: "Einfach und günstig bauen - aber wie?"

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