Süddeutsche Zeitung

Fliegerhorst Erding:Eine komplexe Aufgabe

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Im Sportpark Schollbach sind die Entwürfe für die Entwicklung des Areals nach dem Abzug der Bundeswehr ausgestellt. Das Siegerbüro Hähnig aus Tübingen hat die Jury mit der richtigen Mischung überzeugt

Von Antonia Steiger, Erding

Jetzt kann das Konzept besichtigt werden, auf dessen Grundlage die Stadt Erding, ihre Politiker und ihre Bürger darüber diskutieren werden, wie sich das Fliegerhorstareal entwickeln soll, wenn die Bundeswehr Ende 2024 abgezogen sein wird. Die Wettbewerbsjury hat sich einstimmig für den Entwurf des Büros Hähnig Gemmeke Architekten BDA Partnerschaft mBb aus Tübingen entschieden. Er steht unter dem Motto "fest verankert - am Nabel der Welt". Erding bekomme einen neuen Stadtteil, erläuterte der Architekt und Professor Mathias Hähnig, der gut an Bestehendes angebunden sein wird, der aber über den neuen Bahnhof auch mit der ganzen Welt verknüpft sein wird.

Als "sehr anspruchsvolle Aufgabe" bezeichnete Hähnig den Wettbewerbsauftrag, den die Stadt Erding an 14 Büros verteilt hatte, zehn von ihnen haben Beiträge abgegeben. Alle großen Themen seien darin vereinigt: Mobilität, der grüne Ring, der Schutz des Bestandes, die Anbindung an die Innenstadt und an umliegende Siedlungsstrukturen. Angesichts der Komplexität der Aufgabe waren laut Hähnig alle Professionen gefordert, die in seinem Büro zur Verfügung stehen, um eine zufrieden stellende Lösung zu finden. Bei der Eröffnung der Ausstellung am Montagabend im Sportpark Schollbach, in dem bis 13. August, alle Wettbewerbsergebnisse zu sehen sein werden, erläuterte Hähnig zentrale Merkmale des Entwurf für dieses "beeindruckende Gebiet", wie er sagte. So wird in dem Entwurf Wert darauf gelegt, dass es keine harten Ränder zwischen den verschiedenen Nutzungen wie Wohnen, Gewerbe und Freizeit gibt, sondern weiche Übergänge. "Das Gewerbe soll nicht mit Zäunen abgegrenzt werden."

Ebenso muss der neue Stadtteil an die umliegenden Strukturen angebunden werden: an die Innenstadt, an den neuen entstehenden Bahnhof, der genau richtig liegt, wie Hähnig sagte, aber auch an Langengeisling, dessen östlicher Rand ebenfalls schon Gegenstand eines Wettbewerbs gewesen ist. Auch die Nordanbindung muss integriert werden. Verschränkungen gibt es zudem zwischen Alt und Neu, denn eine Wettbewerbsvorgabe war, Erhaltenswertes zu erhalten. Mit OB Max Gotz (CSU) und vielen Erdingern ist sich Hähnig einig, dass es keinen Sinn ergeben würde, altes "abzuräumen" und etwas austauschbares hinzustellen. Stattdessen soll das Gelände "weiterentwickelt" werden. Das Stabsgebäude, das Offiziersheim und die Kirche bleiben, ebenso große Teile des Baumbestandes. "Die künftigen Bürger sollen wissen, dass hier einmal ein Fliegerhorst war", sagte Hähnig. Zu diesem Zweck werden auch die Shelter erhalten und können auf unterschiedliche Weise genutzt werden, für kulturelle Zwecke, als Eventlocations oder auf andere Weise. Ein wichtiger Fokus lag auf der Wohnbebauung, soll dort doch vor allem auch Wohnraum geschaffen werden. Hähnig ermunterte die Stadtpolitik, auf dem Areal unterschiedliche Formen wie genossenschaftlichen Wohnbau und Baugemeinschaften zuzulassen. "Je vielfältiger, desto besser spiegelt das die Gesellschaft wider." Das Gebiet könne Dichte vertragen, sagte Hähnig, "aber nur wenn auch große öffentliche Räume vorhanden sind". So hat sein Büro eine durch mehrere Plätzen gegliederte autofreie Achse entworfen, die sich abschnittsweise in Richtung Osten entwickeln lässt. Denn dass sich die Entstehung des neuen Stadtteils über Jahrzehnte hinziehen wird, darin sind sich alle einig. Laut Hähnigs Entwurf soll die Entwicklung so vonstatten gehen, dass jeder Schritt in sich komplett ist, wie er sagt. Der Fliegerhorstareal sei ein "ganz spektakuläres Gebiet von hoher Inhaltsdichte", schloss er. Es zu überplanen, "hat uns sehr große Freude gemacht".

Wie Stadtplaner Christian Famira-Parcsetisch erklärte, wird auf Basis dieses Entwurfs mit der Bürgerschaft ein Rahmenplan entwickelt. Der Siegerentwurf wird aber auch Grundlage für die Erwerbsverhandlungen mit der Bima sein. Gotz hatte bekräftigt, dass die Stadt Erding die gesamten 350 Hektar erwerben möchte, auf denen sich der Fliegerhorst auf Erdinger Grund erstreckt; auf weiteren 65 Hektar ragt er in die Gemeinde Bockhorn hinein. Er wolle die Nachbargemeinden einbeziehen, sagte Gotz. "Die Stadt steht nicht alleine, es gibt viele Berührungspunkte." Die Entwicklung des Fliegerhorstes rage darüber hinaus aber auch "weit in die Region hinein". Er suche das Miteinander mit den umliegenden Gemeinden, aber auch mit der Stadtgesellschaft.

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SZ vom 28.07.2021
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