Landkreis Erding:Herausforderung Feuerwehr

Landkreis Erding: Die Bekämpfung von Bränden ist heute nur noch ein Tätigkeitsfeld der Freiwilligen Feuerwehren.

Die Bekämpfung von Bränden ist heute nur noch ein Tätigkeitsfeld der Freiwilligen Feuerwehren.

(Foto: privat)

Das Einsatzspektrum wird immer größer und somit die Ausbildung für die Feuerwehrleute auch umfangreicher. Erdings Kreisbrandrat Willi Vogl ist mehr als 50 Jahre aktiv und vergleicht die Zeit von früher mit heute.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Wenn Kreisbrandrat Willi Vogl am 11. Mai 2023 nach 24 Dienstjahren sein Amt aus Altersgründen niederlegt, geht eine Ära vorbei. Doch der 62-jährige Vogl ist natürlich viel länger schon ehrenamtlicher Feuerwehrmann. An seinem ersten Tag, dem 1. September 1976, kann er sich noch genau erinnern. "Irgendwie hat mir das gefallen und dann bin ich dazu gegangen", sagt Vogl zu seinen Beweggründen zur Freiwilligen Feuerwehr zu gehen. Auch beruflich zog ihn das Löschwesen in seinen Bann: er war bei der Berufsfeuerwehr der TU München in Garching tätig. Sein Nachfolger ist Florian Pleiner aus Hohenpolding.

In seiner Anfangszeit seien neben der Brandbekämpfung schwere Verkehrsunfälle ein Schwerpunkt gewesen

Früher sei das Einsatzspektrum nicht ganz so groß gewesen wie heute, sagt Vogl, wenn er zurück blickt. In seiner Anfangszeit seien neben der Brandbekämpfung schwere Verkehrsunfälle ein Schwerpunkt gewesen. "Die gibt es zum Glück heute kaum mehr, weil sich die ganze Technik der Fahrzeuge geändert hat. Heute geht es bei den Unfällen überwiegend um die Rettung von eingeschlossenen Personen." Wenig Bedenken hat der Kreisbrandrat was Unfälle mit Elektrofahrzeugen betrifft. "Wenn ich 15 Jahre zurückdenke, dann hat man damals über die Photovoltaik geschimpft, weil die so gefährlich sei bei einem Brand. Da habe ich immer geschmunzelt, weil jeder Feuermehrmann lernt mit Strom umzugehen. Heute redet kein Mensch mehr über mögliche Gefahren durch Photovoltaikanlagen. In fünf oder sechs Jahren wird keiner mehr über die Gefahr von Elektroautos-Akkus reden", sagt Willi Vogl.

Auch bei der Ausbildung habe sich seit seinem ersten Tag viel verändert. Das Einsatzspektrum werde immer größer und somit die Ausbildung für die Feuerwehrleute immer umfangreicher. "Das, was man bei der Feuerwehr lernt, lernt man sonst nirgendwo. Wo kann man sich im Ehrenamt den kompletten technischen Bereich aneignen? Das bietet keine Volkshochschule an." Bei der Ausrüstung der ehrenamtlichen Feuerwehren im Landkreis habe sich ebenfalls viel getan, sagt Vogl. "Im Landkreis stehen wir in dem Punkt gut da." 2008 habe man den Feuerwehrbedarfsplan eingeführt, "als man in Bayern noch gar nicht darüber geredet hat, obwohl er schon länger in der Vollzugsbekanntmachung bekannt war". Damit habe man jedem Gemeinde- oder Stadtrat genau erklären können, warum man ein gewisse Ausrüstung benötigt. "Wissenschaftlich nachgewiesen."

Von Feuerwehrfahrzeugen auf Elektro-Basis ist Willi Vogl noch nicht überzeugt

Beim Thema Ausrüstung ist Vogl in einem Punkt nicht überzeugt: von Feuerwehrfahrzeugen auf Elektro-Basis. Auch wenn ein namhafter Hersteller aus Österreich seine ganze Flotte umgestellt habe. "Und dann einen Dieselgenerator einbaut, um das Fahrzeug wieder zu laden, wenn ein längerer Einsatz ist. Ich setze ein Feuerwehrfahrzeug nicht ein, wenn ich Lust habe, sondern wenn es benötigt wird. Und dann muss die Kiste funktionieren." Bei der Entwicklung werde sich aber in den nächsten Jahren bestimmt noch einiges tun, sagt der Kreisbrandrat.

Landkreis Erding: Feuerwehrleute müssen regelmäßig üben. Zum Beispiel - hier noch ohne Atemschutz - innerhalb einer vorbestimmten Zeit einen Hindernisparcours mehrmals überwinden.

Feuerwehrleute müssen regelmäßig üben. Zum Beispiel - hier noch ohne Atemschutz - innerhalb einer vorbestimmten Zeit einen Hindernisparcours mehrmals überwinden.

(Foto: Stephan Görlich)

Einen Unterschied zwischen früher und heute sieht Kreisbrandrat Vogl auch bei den Generationen: "Die Jugend denkt heute natürlich anders, sie arbeitet mit anderen Medien, als wir damals zur Verfügung hatten. Von einem Handy wusste damals noch keiner was. Auch nicht von Computern. Die Kameradschaft im Gerätehaus war aber sehr gut. Ein eigenes Stüberl hatten die wenigsten, man ging dann halt zum Wirt." Der soziale Charakter bei der Feuerwehr sei sehr hoch ausgeprägt, sagt Willi Vogl. "Sonst wäre er kein Feuerwehrmann." Den Feuerwehrmann sieht der Kreisbrandrat aber erstmal geschlechtsneutral, als "Sammelbegriff". Die Zahl der Frauen sei aber in den vergangenen 15 Jahren kontinuierlich gestiegen. Viele seien über die Jugendfeuerwehren gekommen.

Das Thema Verfügbarkeit am Tag sei heute ein größeres Problem

Dass Thema Verfügbarkeit am Tag sei dafür heute ein größeres Problem. "Wobei man sagen muss, dass sich das Arbeitsleben geändert hat. Wir können heute auf Schichtarbeiter zugreifen und während der Corona-Pandemie hat die Zahl der Leute im Home-Office zugenommen. Und die Zahl wird künftig weiter höher sein als früher. Die Tagesalarmsicherheit wurde dadurch bei verschiedenen Feuerwehren wieder sichergestellt", sagt Vogl. Keine Frage sei im Landkreis Erding, ob man die Aufgaben nur mehr mit einer Berufsfeuerwehr bewältigen könne. Die sei erst bei Städten ab 100 000 Einwohner gesetzlich vorgeschrieben, sagt Vogl. Ständig besetzte Wachen gebe es aber mittlerweile.

Wenn Willi Vogl in die Zukunft blickt, blickt er auf die Gegenwart. "Die größten Probleme haben wir heute schon. Viele Bürger wollen keine Eigenverantwortung mehr übernehmen. Es wird immer öfter nach dem Staat gerufen. Wenn jemand ein Problem hat, kann er damit nicht mehr umgehen. Man braucht sofort die Feuerwehr, den Rettungsdienst. Diese hohen Ansprüche werden irgendwann nicht mehr bezahlbar sein. Deshalb müssten die Politiker auch mal die Courage haben zu sagen, es muss mal Schluss sein", sagt Vogl. Als Beispiel nennt der Kreisbrandrat, zu welchen Fällen die Feuerwehren alarmiert werden: "Wenn ein paar Zentimeter Wasser im Keller sind, kann man das auch selber machen. Wir sind ja kein Putzdienst."

Mit Bangen sieht Kreisbrandrat Vogl einem tatsächlichen Blackout entgegen

Mit Bangen sieht Vogl einem tatsächlichen Blackout entgegen. "Dann geht nach ein paar Stunden das Internet nicht mehr und keiner kann Google fragen, was er jetzt machen soll", sagt der Kreisbrandrat überspitzt. Bei einem Blackout gehe nämlich gar nichts mehr, "und ich bin gespannt, was der Bürger dann macht". Und deshalb ist Willi Vogls Motto eines von Adolph Kolping: "Schön reden tut's nicht, die Tat ziert den Mann!"

Landkreis Erding: Willi Vogl ist seit 24 Jahren Kreisbrandrat. Am 11. Mai 2023 ist Schluss - aus Altersgründen.

Willi Vogl ist seit 24 Jahren Kreisbrandrat. Am 11. Mai 2023 ist Schluss - aus Altersgründen.

(Foto: Renate Schmidt)
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