Fahrt zu Logistikhallen:Effizienz geht über alles

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55 000 Quadratmeter groß ist dieses Logistikzentrum im Interpark in Kösching bei Ingolstadt. Eine ähnliche Halle will die VIB Vermögen AG in Erding im Gewerbegebiet West bauen, nur noch bedeutend größer: 80 000 Quadratmeter.

(Foto: vib vermögen)

Die VIB Vermögen AG möchte im Gewerbegebiet eine große Logistikhalle bauen. In Ingolstadt sehen die Stadträte, wie das aussehen könnte. Das Gebäude in Erding soll noch viel größer werden

Von Antonia Steiger, Erding/Ingolstadt

Logistiker gehen in ihrer Aufgabe auf. Sie freuen sich, wenn sie Regale lautlos hin- und herschieben können; das Material kommt und geht. Es soll nicht lange rumliegen und trotzdem greifbar sein, wenn es gebraucht wird. Alles ist durchnummeriert und sauber verpackt - wenn es sein muss auch supersauber in Reinraumtechnik. Was im Kleinen als gut geführter Privathaushalt durchgeht, ist im Großen eine Logistikhalle, wie sie nach dem Wunsch der VIB Vermögen AG in Erding gebaut werden soll. Am Donnerstag besuchten auf Einladung der Stadt Erding etliche Stadträte, Rathausmitarbeiter und Planer in Ingolstadt zwei VIB-Hallen und zeigten sich beeindruckt. Weniger von den Abläufen der Logistik, eher von den Dimensionen der 55 000 Quadratmeter große Halle in Kösching, die Audi und seine Dienstleister für die Technische Entwicklung belegen. Sie ist kleiner als die Halle, die VIB in Erding bauen möchte, die soll 80 000 Quadratmeter groß werden. Was keinem verborgen blieb: Um eine Logistik zu steuern, braucht man nicht viele Mitarbeiter.

Das Verfahren ist noch nicht weit gediehen.

OB Max Gotz (CSU) bemüht sich um Sachlichkeit in der Debatte um die Logistikhalle. Nicht wenige werfen ihm vor, dass er diese Halle unbedingt haben will. Gotz betont zumindest immer wieder, dass Erding 1600 Arbeitsplätze verliere, wenn der Fliegerhorst aufgelöst wird, und dass Erding Arbeitsplätze brauche, damit es nicht zu einer Schlafstadt werde. Und er weist darauf hin, dass die VIB Vermögen AG auf die Stadt zugekommen sei. Diesen Antrag gilt es zu bearbeiten, der Stadtrat hat einen Aufstellungsbeschluss gefasst. Das bedeutet nicht mehr, als dass die Politik sich vorstellen kann, dieses Gebiet so zu überplanen, dass es von Eigentümern und Investoren verwertet werden kann. Was genau dort passieren darf, legt die Stadtpolitik im Verfahren fest.

Sehr weit ist dieser Vorgang noch nicht gediehen. Die VIB Vermögen AG erläuterte den Besuchern in Ingolstadt, wie die Audi-Halle strukturiert ist und wie sich die Belegung durch Audi entwickelt hat. Es gibt Parallelen zu Erding: Auch in Erding operiert VIB mit dem Interesse eines Automobil-Riesen. BMW will demnach mit Logistik und einer Vorfertigungslinie nach Erding kommen. Mittlerweile sind auf diesen Zug aber auch andere aufgesprungen: Erst vor wenigen Tagen hat der Gemeinderat Vaterstetten gegen elf Stimmen (von insgesamt 30 Gemeinderäten) dafür votiert, in Parsdorf eine Fläche so zu überplanen, dass BMW nur noch zugreifen müsste.

Viele Firmen wollen nach Erding.

Sicher ist aber noch nichts, und so war das anfangs auch in Kösching, wie VIB-Geschäftsführer Holger Pilgenröther erläuterte: Als die Halle gebaut wurde, gab es die Zusage eines Mieters. Als die Halle stand, kam Audi und belegte 7000 Quadratmeter. Auf den restlichen Quadratmetern gehen Audi-Dienstleister ihrer Aufgabe nach: Audi regelt seinen zentralen Wareneingang, die anderen lagern Räder und Reifen, Hochvoltbatterien und die Prototypen-Teile. Für den ersten Mieter hat VIB einen neuen Standort gefunden.

Auch in Erding ist nichts sicher: Von BMW gibt es keine Zusage. Im Gespräch war aber auch bereits das Unternehmen Rhenus, das für Ikea den Onlinehandel abwickelt. Weitere Interessenten gebe es genug, sagt ein externer VIB-Planer. "Jede Woche rufen Firmen an." Und warum? "Weil sie sich gerne in Erding niederlassen wollen." Die VIB ist überzeugt davon, dass sie genügend Nutzer findet für die Halle in Erding. Und der Erfolg gibt ihr Recht: Mehr als hundert Hallen betreibt VIB deutschlandweit mit einer Grundfläche von einer Million Quadratmetern. Die Hallen bleiben im Besitz des Unternehmens, die Firmen mieten sich ein. Für den Gebäudeunterhalt ist VIB verantwortlich.

Das Erdinger Straßennetz ist belastbar.

Die Zahl der Mitarbeiter, die Zahl der LKW-Fuhren, der öffentliche Personennahverkehr, Parkplätze und vieles andere mehr erfragten die Stadträte und OB Gotz bei ihrem Stopp in der Köschinger Audi-Halle. Es stellte sich heraus, dass die Mitarbeiterzahl nicht so hoch ist, wie man sich das in Erding für eine Logistikhalle wünschen würde. Sie wechselt abhängig von der Phase, in der sich die Entwicklung neuer Prototypen befindet. Die Zahl der Lastwagenfahrten, die erlaubt wären, werden bei weitem nicht ausgenutzt: Statt 168 sind es demnach etwa 80. Auch dies ist eine Frage, die die Erdinger stark bewegt: Verkraften die Straßen im Erdinger Westen, wo die VIB die Halle an der Ecke Sigwolfstraße und Dachauer Straße bauen möchte, die zusätzlichen Verkehre? In Kürze wird dazu der Verkehrsplaner Helmuth Ammerl vom Planungsbüro Obermeyer dem Stadtrat ein Gutachten vorlegen, dem zufolge eine Logistikhalle das Verkehrsnetz nicht so stark belasten wird, wie manche befürchten.

Zu wenig Arbeitsplätze für den Geschmack vieler

Über ihre eigene Leistungsfähigkeit, was den Bau von Hallen betrifft, klärte die VIB Vermögen die Besucher an einem weiteren Hallenstandort in Ingolstadt auf: Die Firma Anylink lagert und fertigt auf vier Stockwerken unter anderem für Continental Elektronik-Baugruppen für Autos. Die streng von der Außenwelt abgeschirmte Produktion in den Stockwerken drei und vier bekamen die Besucher nicht zu sehen, dafür durften sie wieder einen Blick in eine Logistikhalle werfen. Wie wichtig Ingolstadt diese Halle war, belegt eine bemerkenswerte Anekdote: Für diese Halle ließ Ingolstadt eine kurz zuvor am selben Standort für sieben Millionen Euro sanierte Schule abreißen. Die Erdinger Stadträte staunten nicht schlecht, hatten sie doch am Abend zuvor für fünf Millionen Euro Arbeiten für die 26 Millionen Euro verschlingende Sanierung der Mittelschule am Lodererplatz in Auftrag gegeben. In weniger als sechs Monaten wurde die Schule abgerissen und die Halle gebaut. Ein klares Signal: Würde der Erdinger Stadtrat zustimmen, dann könnte es ganz schnell gehen.

Zu einer mit Besonnenheit geführten Diskussion rief OB Max Gotz auf. Auch er werde sich nicht hetzen lassen. Eine Entscheidung wird trotzdem in Kürze fallen - zumindest was eine Ansiedlung von BMW betrifft. BMW will im Herbst 2019 am neuen Standort arbeiten. Die Diskussion um die Halle in Erding ist damit aber nicht vom Tisch, andere Varianten sind denkbar - und aus Sicht mancher wünschenswert. Die überschaubare Zahl von 170 bis 220 Mitarbeitern, die die 55 000 Quadratmeter große Audi-Halle im Griff haben, entfachte keine Begeisterung.

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