Expertise für Aktionsgruppe:Grundsätzlich kein Arbeitsverbot

Asylrechtsexperte widerlegt die Position des Landratsamts

Von Florian Tempel, Erding

Im Landkreis Erding erhalten vergleichsweise wenige Asylsuchende eine Arbeits- oder Ausbildungserlaubnis. Im Landkreis München wurden in den vergangenen Monaten etwa zwei Drittel der Anträge genehmigt, in Erding nur jeder fünfte. Anfang Oktober wies Landrat Martin Bayrestorfer (CSU) dennoch die zuvor von örtlichen Arbeitgebern und der Aktionsgruppe Asyl (AGA) geäußerte Kritik an der restriktiven Erdinger Praxis zurück. In einer Pressemitteilung dazu heißt es, "eine Arbeitserlaubnis nach dem Asylgesetz kann nur ausnahmsweise bereits während des Asylverfahrens erteilt werden", da es für Asylsuchende ein "grundsätzliches Beschäftigungsverbot" gebe. Der Münchner Rechtsanwalt und Asylrechtsexperte Hubert Heinhold widerlegt diese Behauptungen in einer für die AGA erstellten Expertise. "Asylbewerber unterliegen keinem generellen Arbeitsverbot" und "es ist nicht so, dass eine Beschäftigungserlaubnis nur in Ausnahmefällen zulässig wäre", schreibt Heinhold, der unter anderem schon mehrmals als Sachverständiger im deutschen Bundestag zum Gebiet des Asyl- und Ausländerrechts gehört wurde.

Der Knackpunkt ist, dass das vom Landratsamt angeführte Beschäftigungsverbot ein sogenanntes Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ist. Darauf weist übrigens selbst das bayerische Innenministerium in seiner einschlägigen Anweisung an die Ausländerämter hin. Ein "Verbot mit Erlaubnisvorbehalt" ist jedoch so ziemlich das Gegenteil eines Verbots, das nur in Ausnahmefällen aufgehoben werden darf. Das Musterbeispiel für ein "Verbot mit Erlaubnisvorbehalt" ist, dass in Deutschland nicht jeder einfach ein Haus bauen darf, wo und wie er will. Es ist zwar nicht grundsätzlich verboten, ein Haus zu bauen, man braucht dazu allerdings eine Baugenehmigung - wobei es aber bekanntlich keineswegs so ist, dass Baugenehmigungen nur ausnahmsweise erteilt werden.

Bei Asylbewerbern, die arbeiten möchten, muss die Ausländerbehörde in einer "Ermessensabwägung" dafür und dagegen sprechende Punkte prüfen. Es gebe dabei, schreibt Heinhold, jedoch "keine Präferenz im Sinne einer Ablehnung". Ganz im Gegenteil zeigten sogar gesetzliche Regelungen "dass mit zunehmender Aufenthaltsdauer die Aufnahme einer Beschäftigung erleichtert werden soll". Die Asylgesetze sehen ein absolutes Arbeitsverbot nur für die ersten drei Monate, unter bestimmten Umständen maximal für eine halbes Jahr vor. Nach 15 Monaten entfällt die sogenannte Vorrangprüfung durch die Agentur für Arbeit, nach vier Jahren die Zustimmungspflicht der Arbeitsagentur.

Aus Heinholds Ausführungen folgt zwar nicht, dass das Landratsamt Erding nicht so restriktiv entscheiden dürfte, wie es das bislang tut. Nur jeder Einzelfall könnte gerichtlich überprüft werden, sagte Heinhold. Klagen seien aber wenig aussichtsreich, da Verwaltungsrichter nur darüber urteilen dürften, ob die spezielle Ermessensabwägung vertretbar war. Behörden bleibt ein großer Spielraum. Aus Heinholds Darlegungen folgt jedoch, dass die vom Landratsamt vorgebrachte Begründung, Arbeitserlaubnisse für Asylbewerber seien dem Gesetz nach sowieso nur ausnahmsweise erlaubt, völlig falsch ist. So lässt sich die restriktive Erdinger Praxis nicht rechtfertigen.

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