Süddeutsche Zeitung

Eichenried:Schlussgong für das Schulhaus

Gemeinderat Moosinning entscheidet sich mit großer Mehrheit für die endgültige Schließung, die Turnhalle soll den Vereinen aber erhalten bleiben.

Von Regina Bluhme, Moosinning

"Es ist, als würde dem Ort ein bisserl das Herz rausgerissen" - so beschreibt Helmut Scherzl den Beschluss des Gemeinderats Moosinning, die Schule in Eichenried endgültig zu schließen. Gemeinderat Scherzl hatte mit den drei weiteren Vertretern der Bürgerschaft Eichenried (BE) in der Sitzung am Dienstag gegen die Schließung gekämpft und dabei auch die Stimme von Bürgermeisterin Pamela Kruppa (CSU) erhalten. Die Mehrheit der Räte favorisierte jedoch eine andere Lösung: Mit großer Mehrheit wurde statt der Sanierung der Eichenrieder Schule ein Erweiterungsbau an der Moosinninger Schule beschlossen.

Schon seit zwei Jahren wird im Schulhaus in Eichenried nicht mehr unterrichtet. Die Grundschüler der Ortschaft drücken im drei Kilometer entfernten Moosinning die Schulbank. Lange war über eine Sanierung oder sogar einen Neubau des Eichenrieder Schulhauses diskutiert worden. In der Septembersitzung des Gemeinderats standen drei Varianten zur Diskussion: eine Komplettsanierung für circa 2,02 Millionen Euro, eine Teilsanierung mit einem Neubau des Südtrakts für 2,83 Millionen oder eine Erweiterung des Schulhauses in Moosinning für zwei Millionen. Über Fördermöglichkeiten sollte Bürgermeisterin Pamela Kruppa in der Sitzung nach der Sommerpause berichteten. Allerdings konnte Kruppa am Dienstag keine Zahlen vorlegen. "Die Regierung hat nicht geliefert", erklärt 3. Bürgermeister und BE-Mitglied Werner Fleischer.

Eine Stunde lang diskutierte der Gemeinderat über die Zukunft der Schule in Eichenried. Die BE-Gemeinderäte hätten sich dabei "böse Worte anhören müssen", wie Werner Fleischer berichtet. Zum Beispiel für das Argument, dass die Schule ein Teil der Infrastruktur von Eichenried sei. Er bleibe dabei, sagt Fleischer: "Wenn eine junge Familien zuzieht, dann fragt sie nach Arzt, Supermarkt und nach der Schule vor Ort."

Die Schließung der Schule bedeute "ein Aushungern, ein Ausbluten der Gemeinde", ist Fleischer überzeugt. Auch dafür habe er harsche Kritik im Gemeinderat einstecken müssen. Georg Humplmair (Bürgerblock Moosinning) zum Beispiel, habe auf Aufkirchen und Notzing verwiesen, die die Schließung der Schulen problemlos überstanden hätten. Das lässt Fleischer aber nicht gelten. Schließlich sei Eichenried eine wesentlich größere Gemeinde und liege mit circa 2600 Einwohnern bald mit Moosinning gleich auf. Eine Schule gehöre da dazu.

"Wir sind ein aufstrebende Gemeinde mit viel Zuzug", bekräftigt BE-Gemeinderat Helmut Scherzl, der die Eichenrieder Grundschule noch vom eigenen Schulbesuch her kennt. Seit knapp 100 Jahren gebe es die Schule, die Schließung sei "ein starker Einschnitt für Eichenried", sagt Scherzl. Er befürchtet, dass auch die Vereine unter der Entscheidung leiden werden, wenn sich die Schüler nach Moosinning orientieren. Schon jetzt klagten Vereine aus Eichenried über Nachwuchssorgen.

Die Mehrheit der Räte war jedoch der Ansicht, dass der Anbau die günstigste Variante ist, zwei Häuser zu erhalten verursache nur noch mehr Kosten, Moosinning solle sich auf ein Haus konzentrieren. Grundsätzlich empfindet Werner Fleischer die Entscheidung als kurzsichtig. "Ich bin hundertprozentig sicher, dass es nicht bei den zwei Millionen Euro Kosten für den Anbau in Moosinning bleibt." Wenn erst die Ganztagsschule käme, würden sicher bald Erweiterungen für Aula oder Mensa fällig. Davon abgesehen, seien in den letzten Jahren 400 000 Euro in das Eichenrieder Schulhaus investiert worden, "das Geld ist jetzt weg, für was?", frage er sich.

Noch dazu gebe es kein Konzept über die künftige Nutzung des Eichenrieder Schulhauses, kritisiert Werner Fleischer. "Egal, was das reinkommt, eine Investition ist dann wieder nötig." Darüber hinaus hängt die Schulturnhalle, die von örtlichen Vereinen und für Veranstaltungen genutzt wird, an der Heizanlage der Schule. Auch hier seien wohl Investitionen fällig, rechnet der 3. Bürgermeister.

Vor drei Wochen hat Werner Fleischer in Eichenried "in einer spontanen Aktion" innerhalb einer Woche 500 Unterschriften für den Erhalt des Schulhauses gesammelt. Genutzt hat es allerdings nichts. Auch nicht, dass Bürgermeisterin Pamela Kruppa mit der Bürgerschaft Eichenried gestimmt hat, wie Geschäftsleiter Bernd Göhler der SZ bestätigt. Kruppa selbst war bis Redaktionsschluss nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Er habe nicht mit einer Mehrheit für die Eichenrieder Schule gerechnet, räumt Werner Fleischer ein. Aber eins empfinden der 3. Bürgermeister und Helmut Scherzl doch als bitter: Dass von den 19 anwesenden Räten am Dienstag auch die Eichenrieder Gemeinderäte von SPD und CSU für die Schließung der Schule gestimmt haben.

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Quelle:
SZ vom 11.11.2017
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