Erneuerbare Energien:Mehr von allem wäre nötig

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Der Landkreis Ebersberg ist weit von seinen Zielen entfernt

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Nach jahrelangem Streit dreht es sich seit einem halben Jahr endlich, das erste Windrad im Landkreis Ebersberg. Geht es nach Klimaschutzmanager Hans Gröbmayr, ist damit allerdings weniger als ein Dreißigstel des nötigen Windkraftpotenzials ausgeschöpft. Will der Landkreis sein Zeil erreichen, bis 2030 unabhängig von fossilen Energieträgern zu sein, müssen sich bis dahin über den Ebersberger Wipfeln bis zu 33 Windräder drehen. Diese Zahl nannte Gröbmayr im Kreisumweltausschuss bei der Vorstellung der Meilensteinplanung zur Energiewende.

Mehr Windräder sind nicht das Einzige auf dieser To-do-Liste, auch der Ausbau anderer Anlagen muss massiv zunehmen. So gibt es im Landkreis derzeit 3678 Photovoltaikanlagen auf Hausdächern, soll die Energiewende erfolgreich sein, müsste deren Zahl auf etwa 17 000 steigen. Ebenfalls steigen müsste die Zahl der Freiflächenanlagen zur Gewinnung von Sonnenstrom. Aktuell sind im Landkreis knapp fünf Hektar von Solarpanels belegt, die größten Anlagen sind jene auf der Kreismülldeponie Schafweide und bei Anzing an der Autobahn. Um einen brauchbaren Anteil zur Energiewende zu leisten, müsste es laut Gröbmayr bis 2030 aber knapp 150 Hektar Freiflächensolaranlagen im Landkreis geben. Etwas bescheidener fiele der Zuwachs bei den Biomassekraftwerken aus, hier ist ein Ausbau von derzeit 42 auf dann 55 nötig, um den nötigen Beitrag zur Stromerzeugung zu leisten.

Besser wären allerdings 62 Anlagen bis 2030, damit könnten die Biokraftwerke auch einen Beitrag zur Wärmeerzeugung leisten. Um diese komplett auf erneuerbare Quellen umzustellen bräuchte es außerdem zwölf Hektar Freiflächensolarthermie-Anlagen - derzeit gibt es davon im Landkreis keine einzige, ein Pilotprojekt ist in der Gemeinde Moosach in Planung. Auch die Solarthermie auf Hausdächern müsste deutlich zunehmen, von aktuell 2560 auf dann 20 000 Anlagen. Ebenfalls nötig wäre ein Ausbau der Geothermie, aktuell wird nur in der Gemeinde Poing mit warmem Tiefenwasser geheizt, bis 2013 müssten drei weitere solche Anlagen dazukommen, um den Wärmebedarf ohne fossile Energieträger zu decken.

Geradezu unmöglich mutet die Aufgabe an, den Verkehr in den kommenden 13 Jahren umwelt- und klimafreundlich zu machen. Aktuell sind im Landkreis Ebersberg 282 Elektroautos zugelassen - von insgesamt rund 90 000 zugelassenen Kraftfahrzeugen, davon rund 75 000 Personenautos. Mindestens 58 000 Elektroautos müssten bis 2030 durch den Landkreis fahren, um das selbstgesteckte Energiewende-Ziel zu erreichen.

Dass dies überhaupt auf einem der drei Sektoren, also bei Strom, Wärme oder Verkehr gelingt, danach sieht es derzeit nicht aus. Am besten schneidet bei aktueller Prognose noch die Stromerzeugung ab. Nähme dort der Anteil der Erneuerbaren in ähnlichem Umfang zu und der Verbrauch ähnlich ab wie in den vergangenen Jahren, könnte bis 2030 etwas mehr als die Hälfte des Stroms aus Photovoltaik und Biomasse gedeckt werden - Windenergie spielt hier keine Rolle. Bei der Wärme käme man - das jetzige Tempo der Umstellung vorausgesetzt - bis 2030 gerade mal auf ein Drittel aus erneuerbaren Quellen. Und das auch nur, wenn der Anteil der aus Strom gewonnenen Heizwärme deutlich zunimmt. Was zwei Herausforderungen mit sich bringt: Erstens muss das natürlich Ökostrom sein, zweitens geht dies zulasten der Einsparungen im Stromsektor. Am weitesten verfehlt würde das Energiewendeziel beim Verkehr - selbst bei einer ausgesprochen optimistischen Fortschreibung der aktuellen Entwicklung. Demnach wäre bis 2030 jedes siebte im Landkreis angemeldete Auto elektrisch unterwegs.

Um die Abstände zwischen Wunsch und Wirklichkeit etwas zu verkleinern, will die Energieagentur des Landkreises in den kommenden Jahren einige sogenannte Meilenstein-Projekte umsetzen. Diese sollen einerseits selbst zur Energiewende beitragen, aber auch als Beispiel zur Nachahmung animieren. Etwa beim Umbau des alten Sparkassenbaus Außenstelle des Landratsamts Ebersberg. Diese soll ihren Strombedarf teilweise über eine Solaranlage auf dem Dach decken. Auch die Gemeinden sollen mit gutem Beispiel vorangehen, so Gröbmayr.

© SZ vom 12.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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