Süddeutsche Zeitung

Erdinger Ringschluss:Jede Menge Klärungsbedarf

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Erdinger Stadträte diskutieren über ihre Stellungnahme

Von Antonia Steiger, Erding

Jahrzehnte hat es gedauert, bis aus den Plänen für eine Wohnbebauung am so genannten Poststadl an der Taufkirchener Kreuzung Wirklichkeit geworden ist. Jetzt werden dort die ersten Häuser hochgezogen, doch die Planung der Deutschen Bahn für den S-Bahn-Ringschluss-Abschnitt durch Erding könnte das größte derzeit in Umsetzung befindliche Wohnbauprojekt Erdings um viele Jahre verzögern. Die Stadtpolitik will das nun verhindern. Es ist nicht der einzige Punkt, den die Stadt Erding in ihrer Stellungnahme zu diesem Ringschlussabschnitt anzumerken hat.

Die Deutsche Bahn hat im nordöstlichen Eck des Baugebietes Poststadl eine Baustelleneinrichtung geplant für den Bau des Anschlusses zur Regionalbahn: Laut Planung sollen Regionalzüge aus Richtung Mühldorf über die Walpertskirchener Spange über die Nordeinschleifung um Erding herumfahren, außerhalb der Wohnbebauung in den Untergrund abtauchen und am künftigen Bahnhof auf dem Fliegerhorstareal auf die S-Bahn-Gleise treffen. Wann die Walpertskirchener Spange gebaut wird, ist unklar; das Anschlussstück in Erding ist aber Teil des jetzigen Planfeststellungsverfahrens. Die Baustelleneinrichtung hätte weitreichende Konsequenzen, wie Stadtplaner Christian Famira-Parcsetich erläuterte: Dann könnte ein Teil der Bebauung auf dem Poststadl nicht verwirklicht werden, und zwar die Reihenhaus-Schlange entlang der Bundesstraße. Weil die Reihenhäuser als Schallschutz für die innen liegende Bebauung fungieren, könne ohne die Reihenhäuser auch innen nichts gebaut werden. Die Stadt bemüht sich demnach um eine andere Lösung, "weil sonst die Wohnbebauung behindert wird".

Suboptimal finden manche des weiteren, dass am Bahnübergang Haager Straße, der beim Bau des Ringschlusses im Untergrund verschwinden wird, die Wilhelm-Diez-Straße abgetrennt werde. OB Max Gotz (CSU) sagte, das sei nichts Neues. Josef Hochholzer (FW), sagte, er könne sich nicht erinnern, das schon einmal gehört zu haben. Hochholzer betreibt dort seine Glaserei, und er sieht Probleme auf die Siedlung zwischen Görres- und Lethnerstraße zukommen, wenn die Straße gekappt werde. Famira-Parcsetich hatte zuvor erläutert, dass die Haager Straße an dieser Stelle angehoben werde. Hier seien Fragen der Verkehrssicherheit zu klären.

Klärungsbedarf nicht nur im Rathaus wird auch wegen des Ansinnens gesehen, die Sempt im Norden der Stadt für den Gleisbau zwischenzeitlich zu verlegen. Der Tunnel soll die Sempt an dieser Stelle, kurz nach dem neuen Bahnhof, unterqueren. Famira-Parcsetich sagte, in Fragen des Wasserrechts wie auch in Fragen des Naturschutzrechts werde sich die Stadt mit dem Landratsamt abstimmen. Derzeit seien die Unterlagen noch unvollständig, die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Sempt seien unklar. Thomas Schreder (CSU) schloss sich an und bat darum, als Umweltreferent in den Fortgang eingebunden zu werden. Tobias Krüger (AfD) erinnerte daran, dass Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes kürzlich betont hatten, dass die Sempt an der Sole "dicht" sei. Fraglich sei, was für Folgen ein Eingriff in dieses System habe.

Weitere Stadträte äußerten ihre Zweifel, dass das Wasserwirtschaftsamt München bei seinen Planungen für den Hochwasserschutz für Langengeisling, der dort kürzlich vorgestellt und diskutiert wurde, den Bau der S-Bahn-Trasse vernünftig einberechnet habe. Die Straße In den Hacken soll die S-Bahn überqueren, dafür muss die Straße abgesenkt werden. Und dadurch drohe ihr im Hochwasserfall Überflutungen. Sehr schwierig, wie Famira-Parcsetich fand. Denn diese Straße werde künftig die Haupterschließungsstraße für Lastwagen der Firma Kronthaler sein.

Die S-Bahn soll schließlich in einem Bogen um den Kronthaler Weiher fahren. Dort sei kein Schallschutz geplant, erfuhr der besorgte Thomas Schmidbauer (Erding Jetzt), der zudem anregte, noch einmal über den Regionalbahnanschluss nachzudenken, dessen Verwirklichung er wegen klammer öffentlicher Kassen in sehr weite Ferne gerückt sah. Gotz nannte solche Ideen "ein verheerendes Signal". Erdings Zweite Bürgermeisterin Petra Bauernfeind (FW) bekam Applaus, als sie Schmidbauer widersprach und sagte, man müsse daran festhalten, um den ostbayerischen Raum anzuschließen. "Wir sollten nicht daran rütteln, egal wie lange des dauert."

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SZ vom 24.10.2020
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