Süddeutsche Zeitung

Erdinger Politikerin erstattet Anzeige:Stieglmeier erhält Drohmails

Die Grünen-Kreisvorsitzende wird erneut Zielscheibe von Hass und Hetze im Netz.

Von Sara Maria Behbehani, Erding

Helga Stieglmeier, Kreisvorsitzende der Grünen in Erding, ist in den vergangenen Tagen vermehrt zur Zielscheibe von Hass und Hetze geworden. Auf ihrer Facebook-Seite veröffentlichte sie eine Mail, in der sie nicht nur auf massive, entwürdigende Weise beleidigt wird, sondern in der ihr auch mit "Rübe runter" gedroht wird. Zudem war der Mail laut Stieglmeier ein eindeutig pornografisches Foto angehängt. Stieglmeier hat bei der Kriminalpolizei Anzeige erstattet.

Ihr war es wichtig, so sagt sie, diese Mail öffentlich zu machen, damit die Menschen sich des Ausmaßes des Hasses von rechts bewusst würden und nicht mehr behaupten könnten, es sei doch bestimmt nicht so schlimm. "Im ersten Moment war ich natürlich geschockt", sagt Stieglmeier. "Aber dann auch wütend." Sie wolle sich nicht einschüchtern lassen, habe sie sich gedacht. Und auch, wenn sie versuche, solche Botschaften wenig an sich heran zu lassen, so habe die Solidarität der Gemeinschaft ihr doch gut getan.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Grünen-Politikerin solche Hassbotschaften und Drohungen erhält. Eine Welle solcher Nachrichten erhielt sie nach einem Vorfall mit Michael Stürzenberger, einem islamfeindlichen Aktivisten, auf einer Gegendemonstration zu einer AfD-Kundgebung in Eichenried am 29. April. Stürzenberger ist mehrfach vorbestraft. Er zeigte sich auf einer Kundgebung mit einem Plakat, das ein Foto des NS-Funktionärs Heinrich Himmlers zeigte und beleidigte Polizisten. Zudem ist er wegen Volksverhetzung verurteilt und wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Er schreibt Artikel für PI-News, einen rechtsextremen Blog, wo die Kontaktdaten des ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke zu finden waren.

Als Leiterin der Gegendemonstration zu jener der AfD benutzte Stieglmeier im April ein Megafon, um Stürzenberger als Nazi zu bezeichnen. "Ich kannte damals Stürzenberger und die PI-News", sagt sie. "Und es ging mir um eine Schutzaktion." Sie habe die Menschen warnen wollen, da Stürzenberger Interviews führe, um diese auf PI-News zu veröffentlichen, ohne dass die Menschen wüssten, wer er und PI-News seien. Am 30. April schrieb Stürzenberger auf dem Blog das erste Mal über den Vorfall und veröffentlichte ein Video dazu. Zudem zeigte er Stieglmeier wegen Beleidigung, übler Nachrede, Verleumdung und aufgrund der Lautstärke des Megafons auch wegen versuchter Körperverletzung an.

"Da ging es das erste Mal mit den Hassbotschaften los", sagt Stieglmeier. In der Hochphase habe sie pro Tag mehrere solcher Nachrichten erhalten. Für eine Zeit sei die Welle des Hasses abgeebbt, doch am vergangenen Wochenende sei es von Neuem losgegangen. "Zunächst wusste ich gar nicht, warum", sagt die Grüne. Dann erfuhr sie, dass Stürzenberger am 7. August erneut seine Ansichten auf PI-News zu dem Verfahren gegen sie geäußert hatte. Die Staatsanwaltschaft Landshut hatte das Verfahren zu diesem Zeitpunkt bereits eingestellt. Laut Pressesprecher Thomas Steinkraus-Koch wegen "geringen Verschuldens".

Mit der erhaltenen Drohmail befasst sich nun die Abteilung für Cyber-Kriminalität der Kriminalpolizei. Offenbar wurde die Mail über einen russischen Server verschickt. "Ich hoffe, dass das ernsthaft verfolgt wird", sagt Stieglmeier und schreibt auf Facebook: "Jetzt erst recht: Klare Kante gegen Rechts, keine Toleranz gegenüber Intoleranten."

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Quelle:
SZ vom 14.08.2019
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