Erdinger Piraten:"Schlechter Stil"

Nach dem Austritt von Mike Anacker, ehemaliger Pressesprecher der Erdinger Piraten, ärgert sich die Partei über die Art und Weise, wie die Personalie bekanntgegeben wurde. Im Landesvorstand und im Netz wird nun über den Umgang miteinander diskutiert.

Charlotte Theile

Es war eine Abrechnung, und als solche ist sie auch verstanden worden. Dass Mike Anacker in der Süddeutschen Zeitung vom Montag über die Gründe seines Austritts bei den Piraten sprach, hat diese vor den Kopf gestoßen. "Ich habe erst durch das Interview von seinem Austritt erfahren. Das ist ein schlechter Stil" sagt Stefan Körner, Vorsitzender der Bayerischen Landesverbands der Piraten. Anders als es Anacker beschrieben hat, liege ihm keine Austritts-Mail vor.

Er finde den Austritt allerdings "nicht gerade schade", gibt Körner, nur zwei Stunden nachdem das Interview online gestellt wurde, zu Protokoll. "Leute wie er, die keine Vorstellung haben, wie die Piraten agieren", seien anderswo besser aufgehoben. Zur inhaltlichen Kritik Anackers, der beklagt hatte, dass es den Piraten sowohl in Erding als auch allgemein an handfesten Themen fehle, dass sie um sich selbst kreisten und zudem chaotisch agierten, konnte Körner dagegen wenig sagen.

Einen Teil der Kritik kann ich nachvollziehen." Es gehe hin und wieder chaotisch zu in der Partei und die Kompetenzzentren über die Anacker geklagt hatte, seien in der Tat manchmal schwierig zu überzeugen. Doch daran sei auch Anacker selbst schuld. Er habe sich zu sehr auf ein Thema eingeschossen, die Verkehrspolitik, und damit nicht den Kern dessen getroffen, was die Piraten ausmache, findet Körner. "Ich kann doch auch nicht zu den Grünen gehen und sagen, mir sind Umweltschutz und Gleichberechtigung egal, aber ich möchte hier im Ort eine Kirche bauen".

So ähnlich sieht das auch Alexander Fox von den Erdinger Piraten. Der 28-jährige IT-Berater findet, Anacker habe in den neun Monaten, die er dabei war, nur an seinem Thema gearbeitet, keine anderen Meinungen gelten lassen. Auch die Kompetenzzentren der Partei seien wenig begeistert von ihm gewesen. Man habe daher mehrfach überlegt, Anacker vom Amt des Pressesprechers zu entbinden. Da es sich jedoch um ein "freiwilliges Amt handelt und es kein anderer machen wollte", habe man es "erst mal dabei belassen." Auch den Vorwurf, die Piraten entwickelten sich zur Beamten-Partei, will Fox nicht gelten lassen. Er kenne etwa dreißig Piraten aus dem Landkreis, nur einer sei Beamter. Insgesamt hätten die Erdinger Piraten im Moment 79 Mitglieder. Deren neuer Pressesprecher heißt übrigens Alexander Fox. Er mache den Job aus Verantwortungsgefühl, weil ihn eben jemand machen müsse.

Auch im Netz ist Anacker unter Beschuss. In Kommentaren wird er als "Geschaftlhuber" bezeichnet, ein Pirat, der angibt, mit ihm in Sachen Verkehrspolitik zusammengearbeitet zu haben, schreibt: "Die Neugier auf die Ideen und Lösungen Anderer habe ich leider nie bei Ihnen verspürt. Sie hatten schon immer eine perfekte Lösung - Diskussion überflüssig. Deswegen waren Sie für mich immer ein Parteimitglied und noch nie ein Pirat." Auch auf Twitter ist der Tenor: Der Mann hat nicht zu uns gepasst, gut, dass er weg ist. Den Ex-Pressesprecher lässt das einigermaßen kalt. Er habe Vorschläge gemacht, sich klar positioniert - das stehe jedem Parteimitglied frei. Und dass der Nahverkehr nicht zum Kernprogramm der Piraten gehören soll, wundert ihn. Im Anhang seiner Mail ist ein Link, der auf das Positionspapier "S-Bahn-Stammstrecke München" verweist, ein Antrag für den Landesparteitag.

In Erding haben in kürzester Zeit drei Leute, die zum inneren Kreis der Piraten gehörten und politische Erfahrung hatten, hingeschmissen. Die Partei muss sich fragen, warum." Einer dieser drei ist Klaus Nelles, ehemaliges SPD-Mitglied, mit dem sich Anacker bald treffen wird. Eine neue Partei sucht er aber nicht. "Zunächst bin ich politisch auf Stand-By." Und der Vorwurf mit der Mail, die er nie geschrieben haben soll? "Da wäre die Partei gut beraten, ihre eigenen Tools auszuwerten. Ich habe meinen Austritt mit einer ausführlichen Begründung über die davor vorgesehene Kommunikationsplattform im Netz getätigt - und zwar schon am 7. August."

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