Erdinger Original:Aus der Not geboren

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1935 suchte Otto Krönauer wegen eines verlorenen Portemonaies nach einer weiteren Einkommensquelle. Er begann Eis zu machen und zu verkaufen. Nun feiert der Familienbetrieb 80-jähriges Bestehen

Von Regina Bluhme, Erding

Ein verschwundenes Portemonnaie war der Grund, dass Otto Krönauer 1935 begonnen hat, selber Eis herzustellen. Keine schlechte Geschäftsidee, wie sich zeigte. Heuer feiert das Eis-Café Krönauer sein 80-jähriges Bestehen. Der Betrieb samt Konditorei ist bereits in dritter Generation in Familienhand.

"Ich bin schuld, dass mein Vater mit dem Eismachen angefangen hat", verrät Helmut Krönauer, Jahrgang 1935. Wie ihm die Mutter berichtet hat, "habe ich als Baby mit dem Geldbeutel gespielt und dann muss ich ihn irgendwo hingeschmissen haben", so Krönauer. Die Börse blieb unauffindbar, die Mutter war verzweifelt. "Der ganze Monatslohn vom Vater war drin", berichtet Krönauer. Der gelernte Mechaniker suchte 1935 nach einer Geldquelle und kam so auf die Idee, selbst gemachtes Eis zu verkaufen. Bei einem Trödelhändler entdeckte er eine kleine Eismaschine und los ging's.

Das handgemachte Eis erwies sich schnell als Verkaufsschlager. Die Erdinger standen Schlange, um an die zwei Sorten in Geschmacksrichtung Vanille und Erdbeer zu kommen. Ein altes Schwarz-Weiß-Bild zeigt Helmut Krönauer als Bub in kurzen Hosen vor dem ersten Verkaufsstand. Dieser befand sich an der alten Kastanie vor dem heutigen Café. Weitere Stände mit Krönauer-Eis gab es am Schönen Turm und an der Freisinger Straße.

In den Fünfziger Jahren eröffnete Otto Krönauer den Eisgarten am Herzoggraben. Dort konnten die Erdinger unter Efeuranken ihr Eis genießen. "Der Eisgarten war ganz romantisch und sehr beliebt", erinnert sich Helmut Krönauer. Er selbst hat dann in Haag bei Wasserburg eine Lehre zum Konditor absolviert. Später lernte er in Moosburg seine Frau Genoveva kennen. Als diese als Au-Pair in die Schweiz ging, folgte er ihr und feilte in der Schweiz weiter am Konditorhandwerk.

In den Sechziger Jahren übernahmen Helmut und Genoveva Krönauer das Eiscafé, das dann um eine Konditorei erweitert wurde. 1978 haben die Krönauers schließlich das alte Gebäude an der Langen Zeile durch einen Neubau ersetzt. "Das Gebäude war damals eine Sensation", erinnert sich Helmut Krönauer. "Zwei große Straßenverkaufsfenster, das hatte vorher niemand". All ihre Ersparnisse hatten die Krönauer in den Neubau gesteckt. "Ich wusste, nur mit bester Ware können wir mit anderen konkurrieren.. Das hieß für mich auch immer: keine Fertigprodukte."

Inzwischen hatte seine Frau, eine gelernte Einzelhandelskauffrau, ein Praktikum bei der Konditorei Rischart in München absolviert und zusammen begann das Ehepaar die Konditorei aufzubauen. So entstand zum Beispiel neben der beliebten Baumkuchentorte auch die Haustorte mit Früchten und Schokolade. Mindestens 25 verschiedene Torten und an die 20 Kuchensorten hat das Kaffeehaus heute im Angebot. 1994 hat Sohn Christoph, ebenfalls ein gelernter Konditor, das Eiscafé an der Langen Zeile übernommen. Er führt es heute zusammen mit Schwester Angelika. Der Konditor konzentriert sich auf das Eismachen. Unterstützt wird er in der Backstube von Konditormeister Andreas Galler, der seit 1978 im Betrieb ist. Zum Team gehören auch eine Meisterkollegin und ein Lehrling.

Gerade geht es bei Krönauers ein bisschen hektisch zu: Das Erdinger Volksfest wird am Freitag eröffnet und da ist auch Familie Krönauer vertreten. Seit mehr als 50 Jahren betreiben sie einen eigenen Eisstand. Früher wurde aus einer Holzbude heraus verkauft, heute steht da ein moderner Wagen. Auch der älteste Sohn Wolfgang ist auf dem Volksfest mit dem Weinzelt Krönauer mit von der Partie.

Im Laufe der Zeit hat sich einiges getan im Eiscafé. Mittlerweile hat das Haus auch Frühstück im Angebot und eine Mittagskarte. Außerdem können die Erdinger unter 30 Eissorten auswählen. Doch manche Dinge ändern sich auch in 80 Jahren nicht: Die beliebtesten Sorten sind nach wie vor Vanille und Erdbeer.

© SZ vom 28.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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