Süddeutsche Zeitung

Erdinger Nachtleben:Ein zweites Wohnzimmer

Am kommenden Samstag tagt erstmals der "Club der Visionäre" in der Erdinger "Schiaßn" - die Gäste sollen ihre abendliche Unterhaltung dort mitgestalten.

Matthias Vogel

Menschen tanzen zu ihrer eigenen Musik, haben die "Schiaßn" auf diesem Wege zu ihrem eigenen Wohnzimmer gemacht. Plötzlich betritt eine Handvoll Künstler den Saal, bietet eine kurze Performance und verschwindet wieder. "Wie eine Fata Morgana", sagt Börni Sparakowski, einer der drei Pächter des neuen Erdinger Kulturtempels. Er hat sich dieses kurze Drehbuch ausgedacht. So könnte die Handlung spielen, eines Tages, im "Club der Visionäre", der am Samstag, 2. Oktober, erstmals seinen Vorhang für die kreativen Köpfe und alle diejenigen der Stadt hebt, die abendliche Unterhaltung abseits des Mainstreams suchen. "So etwas muss sich natürlich erst entwickeln."

Wer am Stammtisch sitzt, der philosophiert, der hat Visionen. "Theoretisch könnte unser Abend auch Stammtisch heißen, aber Club der Visionäre hört sich ansprechender an", sagt Sparakowski und lacht. Außerdem sitzt am Samstag in der Schiaßn sicher niemand an einem runden Tischen und facht bedeutungsschwangere Diskussionen an. Die Besucher können vielmehr mit ihrer Lieblingsmusik den Abend gestalten. Der MP3-Player wird angeschlossen, die eigene CD eingelegt, und los geht die Party.

Trifft der Sound den Geschmack der anderen Gäste, läuft sie weiter, ansonsten ist der nächste dran. Sparakowski hofft, dass sich das eines Tages von alleine regelt. Für die erste Ausgabe soll am Samstag der Club-DJ, der zur fortgeschrittener Stunde ohnehin das musikalische Zepter übernimmt, den Ablauf betreuen. Das Mitbringen der eigenen Musik ist kein Muss, auch wenn sich Sparakowski viel davon verspricht: "Der eine hört lieber Pink Floyd, der andere lieber Zarah Leander. Ich glaube das wird ungeheuer spannend." Nichts ist vorgeschrieben, der Austausch mit anderen Visionären ist ebenso erwünscht wie die bloße Entspannung in Club-Atmosphäre. Eines müsse aber auch klar sein, sagt Sparakowski. "Das soll nicht so werden wie in einem Jugendtreff."

Mal etwas Neues anbieten wollte Sparakowski. Den Besuchern nichts vorsetzen, sondern sie selber machen lassen. Das ganze Konzept der Schiaßn fußt mehr oder weniger darauf, der "Club der Visionäre" eben mehr. "Manche wissen ja gar nicht, dass sie Visionen haben", sagt Sparakowski. "Dabei ist das so wichtig. Sie helfen, die Zukunft und das Leben zu bejahen." Wenn am Samstag nicht gerade Hunderte von Visionären die Kulturstätte fluten, wird Sparakowski nicht überrascht sein. "Wir müssen die Leute erst wachrütteln. Das sind Dinge, die sie nicht kennen", sagt er.

Deshalb ist der "Club der Visionäre" auch als feste Einrichtung eingeplant. "Wir wollen den einzelnen Veranstaltungen die Chance geben, zu wachsen." Künstler, oder im Fall des Clubs am Samstag das Publikum, sollen sich gut aufgehoben fühlen. Und wenn das nicht im neuen, eigenen Wohnzimmer der Fall ist, wo dann? Start ist um 20 Uhr, dem Gesamtkonzept folgend hat auch die Küche wieder geöffnet.

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Quelle:
SZ vom 02.10.2010/mob
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