Erdinger Kreistag:Unfruchtbare politische Scheinehe

Zwei FDP-Kreisräte treten der Fraktion der Freien Wähler bei - um verlorene Ausschusssitze wiederzubekommen. Doch die Rechnung geht nicht auf.

A. Steiger und F. Tempel

Diese Rechnung ist nicht aufgegangen: Der Beitritt der FDP-Kreisräte Nadja Parthier und Peter Utz zur Fraktion der Freien Wähler (FW) wird weder den Liberalen noch den Freien Wählern ihre verlorengegangenen Ausschusssitze zurückbringen. Die Regierung von Oberbayern hat dem Landratsamt mitgeteilt, dass der Fraktionsbeitritt nicht "ausschusswirksam" sei, weil beide Kreisräte in ihren Parteien Spitzenämter bekleideten. Dies lege den Verdacht nahe, dass die FDP-Verstärkung in der FW-Fraktion "lediglich zum Schein und zur Umgehung der Vorschriften (...) erfolgt ist" - sprich, um auf einem rechtswidrigen Weg die verlorenen Ausschusssitze zurückzuerlangen.

Erdinger Kreistag: Politische Scheinehe im Erdinger Landratsamt: Ein Zweckbündis aus FDP und Freien Wählern im Kreisrat wurde jetzt von der Regierung von Oberbayern vereitelt.

Politische Scheinehe im Erdinger Landratsamt: Ein Zweckbündis aus FDP und Freien Wählern im Kreisrat wurde jetzt von der Regierung von Oberbayern vereitelt.

(Foto: Peter Bauersachs)

Dies ist das möglicherweise nur vorläufige Ende eines Verwirrspiels, das Kreisrat Karl Heinz Jobst ausgelöst hatte, als er von der Fraktion der Freien Wähler zur ÖDP gewechselt war. Die ÖDP bekam damit Fraktionsstärke und musste die Ausschussgemeinschaft mit der FDP beenden, die dadurch ihre Ausschusssitze verlor. Gleichzeitig verlor die FW-Fraktion je einen Sitz in den vier großen Ausschüssen sowie zwei Aufsichtsratsposten. Utz und Parthier schlossen sich daraufhin - in der Hoffnung, die verlustig gegangenen Posten für sich und auch zugunsten der Freien Wähler zurückzuholen - der FW-Fraktion an.

Grüne vemuten hinter der Zustimmung der CSU einen Handel

Der Kreistag segnete das vor wenigen Wochen ab - gegen die Stimmen von Grünen, ÖDP, SPD und Republikaner. Die Grünen vermuteten hinter der Zustimmung der CSU zum Fraktionsbeitritt der FDP einen Handel, weil die Freien Wähler in derselben Sitzung mit der CSU gemeinsam einen Grünen-Antrag zu einer faireren Besetzung der Posten in Aufsichtsgremien ablehnten. Hätten die Freien Wähler dem Grünen-Antrag zugestimmt, hätten sie drei Posten in Aufsichtsgremien gerettet. Die CSU hätte fünf Posten verloren. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge stehen die Sitze der Freien Wähler im Aufsichtsrat der Sparkasse und der Wohnungsbaugesellschaft nunmehr aber der CSU zu.

Vier von acht Sitzen der Freien Wähler in den vier großen Ausschüssen des Kreistags sind nun natürlich auch weg. Sie fallen den Republikanern zu. Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) ging bei einem Pressegespräch darauf ein und sagte, man sei "dem politischen Ziel von Grünen, SPD und ÖDP, die Republikaner mit Ausschusssitzen zu versorgen, ein Stück näher" gekommen.

Regierung von Oberbayern gegen FDP- und FW-Bündnis

Die Regierung von Oberbayern geht auf solche Überlegungen nicht ein. Regierungspräsident Christoph Hillenbrand bezieht sich in seinem Schreiben an Bayerstorfer auf die "maßgebende Rechtsprechung" des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH). Die Bedeutung eines von FDP und Freien Wählern verfassten gemeinsamen Positionspapiers erwähnt er mit keinem Wort. Er zitiert vielmehr aus einem VGH-Urteil, in dem es heißt, es gehe "weniger um eine inhaltliche Bewertung politischer Überzeugen (...), als um äußerer Umstände". Hillenbrand führt als solche Umstände an: Beide FDP-Politiker hätten Parteiämter inne und wollten diese offensichtlich behalten.

Bei seiner nächsten Sitzung wird der Kreistag nun wohl einen neuen Beschluss fassen, der den Republikanern Sitze in den Ausschüssen zusprechen wird. FW-Fraktionsvorsitzender Georg Els will in seiner Fraktion diskutieren, ob man die Sache gerichtlich überprüfen lassen sollte. Das hätte womöglich zur Folge, dass die Ausschüsse auf Jahre - bis zu einer rechtskräftigen Klärung - nicht neu besetzt werden könnten.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: