Erdinger Hochwasserschutz:Prüfaufträge für die Planer

Bürger vor allem aus Altenerding sehen Optimierungsbedarf. Und das Wasserwirtschaftsamt München stellt sich auch kritischen Fragen

Von Antonia Steiger, Erding

Ein Stück weit müssen Politik und Bürger ganz einfach Vertrauen zeigen: Am Montag illustrierten die Planer zwar noch einmal, wie sie Wasser aus den Gräben im Falle eines Hochwassers erst stauen und dann abfließen lassen wollen, sodass es keinen Schaden anrichtet. Die Bürger blieben aber skeptisch und äußerten Zweifel zum Beispiel daran, dass die Sempt in einem Hochwasserfall das Wasser aus dem Neuhauser Graben noch aufnehmen kann. Kann sie, sagte Stefan Homilius vom Wasserwirtschaftsamt München: Die Wassermengen aus den kleineren Gräben würden die deutlich größere Sempt nicht stören. Eines wurde aber auch klar: Wenn es Extremereignisse gibt, wird es wieder zu Überschwemmungen kommen.

Die Stadt Erding ist für drei Gräbensysteme zuständig: den Neuhauser Graben, den Itzlinger Graben und den Verbund des Wiesen- mit dem Aufhausener Graben. Alle liegen im südlichen Bereich Erdings, Rückhaltemaßnahmen müssen im Süden getroffen werden. Entsprechend interessiert traten bei der Bürgerversammlung vor allem die Bewohner Altenerdings auf. Einige kritisierten die Planung riesiger Dammbauwerke, die gar nicht nötig wären, wenn man bestehende Gräben und Rohre ordentlich pflegen würde. Helmut Trinkberger trat für einen dezentralen Hochwasserschutz auf; Hans Ott plädierte dafür, auch die Gefahren durch steigendes Grundwasser im Auge zu behalten. Ein Altenerdinger warf der Stadt gar vor, dass in Altenerding Dämme gebaut werden, weil die Stadt auf den überschwemmungsgefährdeten Fläche an der Haager Straße Ost ein "Leuchtturmprojekt" mit einem Investor plane und diese Fläche zu Lasten der Altenerdinger von Hochwasser freigehalten werden solle. OB Max Gotz (CSU) wies diesen Vorwurf zurück.

Erdinger Hochwasserschutz: Die komplizierte Materie erläuterte Stefan Weise vom Büro Bjørnsen Beratende Ingenieure in der Stadthalle Erding.

Die komplizierte Materie erläuterte Stefan Weise vom Büro Bjørnsen Beratende Ingenieure in der Stadthalle Erding.

(Foto: Stephan Görlich)

Wie schon im Stadtrat erklärte Sebastian Weise vom Büro Bjørnsen, welchen Hochwasserschutz sein Büro vorschlägt. Demnach soll am Neuhauser Graben ein Damm gebaut werden, der das Wasser östlich der B388 Ost und nördlich der Fuchsbergstraße zurückhält. Wasser aus dem Itzlinger Graben soll an einem Damm südlich der Therme Erding aufgestaut und über den Schlotgraben in Richtung Norden abgeleitet werden, wo es in den Isarkanal gepumpt werden muss. In Bergham soll das Wasser aus dem Wiesengraben und aus dem Aufhauser Graben in zwei Becken zurückgehalten werden. Ein kleinerer Teil vom Wiesen- könnte in den Aufhauser Graben fließen und dort aufgestaut werden. Dies alles sind laut Weise Konzepte, um ein so genanntes 100-jähriges Hochwasser zu beherrschen, ein Hochwasser, das im statistischen Mittel alle 100 Jahre einmal auftritt. In solch einem Fall soll jeglicher Schaden verhindert werden. Kommt es zu extremeren Ereignissen, reichen diese Rückhaltemaßnahmen nicht aus, auch das wurde deutlich. Dann läuft das Wasser über die Dämme und überflutet landwirtschaftliche Flächen. Aber auch das sei eine Herausforderung, wie Matthias Bjørnsen sagte. Denn die Dämme müssten so gebaut werden, dass sie diesen Wassermassen standhielten, auch wenn sie überflutet werden.

Einige Male wurden die Fachleute dazu aufgefordert zu erläutern, warum es nichts ausmache, wenn das Wasser aus den Gräben in eine schon übervolle Sempt geleitet werde. Weise erläuterte, dass 100-jährige Hochwasser in Gewässern mit unterschiedlich großem Einzugsgebiet sehr unwahrscheinlich seien, unter anderem wegen der verschiedenen Ursachen und der verschiedenen Flusslängen. Der Einzugsbereich der Sempt betrage 237 Quadratkilometer, der des Neuhausener Grabens 1,4 Quadratkilometer. Selbst eine schlimme Gewitterzelle, die sich über den Neuhauser Graben entlädt, ließe die Sempt um weniger als drei Zentimeter ansteigen.

Erdinger Hochwasserschutz: So wenig Zuhörer? Über fehlende Resonanz bei den Bürgern wunderten sich OB Max Gotz (CSU, links) und sein Verwaltungsleiter Reinhard Böhm. Daran trug das Rathaus aber auch selbst Schuld.

So wenig Zuhörer? Über fehlende Resonanz bei den Bürgern wunderten sich OB Max Gotz (CSU, links) und sein Verwaltungsleiter Reinhard Böhm. Daran trug das Rathaus aber auch selbst Schuld.

(Foto: Stephan Görlich)

Alle Einwände, die die Anwohner am Montagabend vorbrachten, sollen geprüft werden, das versprachen Gotz und die Planer. In einigen Fällen werden Ortsbegehungen stattfinden. Gotz äußerte am Ende sein Bedauern darüber, dass nicht mehr Bürger gekommen waren. Schuld war daran aber auch seine eigene Verwaltung. Sie korrigierte vor wenigen Tagen den Beginn der Versammlung von 19.30 auf 18.30 Uhr und machte dies dann wieder rückgängig, ohne dass das die Bürger erreicht hätte. Einige waren überpünktlich in der Stadthalle erschienen und zogen verärgert wieder ab, als sie feststellen mussten, wie lange sie hätten warten müssen.

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