Süddeutsche Zeitung

Erding:Zweite Chance für Energieatlas

Kehrtwende von der Kehrtwende: Der Landkreis Erding will nun doch die Daten in den Gemeinden erheben lassen - auf Drängen der CSU.

Antonia Steiger

Der Landkreis Erding will nun doch einen Energieatlas erstellen. Damit gelingt dem Kreistag in dieser Sache zum zweiten Mal eine Kehrtwende: Schon einmal hatte es den Plan gegeben, einen Energienutzungsplan aufzustellen. Er war aber am Widerstand der Gemeinden gescheitert, weil einige bei der Energiegewinnung aus erneuerbaren Energiequellen bedeutend weiter sind als andere. Deren Interessen ließen sich nicht unter einen Hut bringen. Nun startet der Kreis einen erneuten Versuch, einen Energieatlas zu erstellen. In dem Beschluss heißt es, die Versorgung des Landkreises mit erneuerbaren Energien sei anzustreben und weiterzuverfolgen.

Die neuerliche Richtungsänderung geht von der CSU aus: Die Kreistagsfraktion hatte sich bei einer Klausurtagung am Wochenende offenbar mit dem Thema beschäftigt und zu einer einheitlichen Haltung gefunden. Nicht zur Unzeit: Denn am Montag hatte der Ausschuss für Struktur, Verkehr und Umwelt über einen Antrag des Freien Wählers Karl Heinz Jobst zu beraten, der gefordert hatte, dass der Landkreis mittel- bis langfristig eine 100-Prozent-Erneuerbare-Energien-Region werden soll. Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) hatte es im Sommer abgelehnt, den Antrag auf Verabschiedung einer Resolution auf die Tagesordnung zu setzen, weil er der Meinung war, der Kreistag sei nicht zuständig. Doch Jobst blieb bei seiner Forderung und deutete an, er werde sich zur Not an die Regierung von Oberbayern wenden, um durchzusetzen, dass sein Antrag behandelt werde.

Tatsächlich stimmte der Ausschuss am Montag nun über Jobsts Antrag ab - und lehnte ihn mit 9:4 Stimmen ab. Dem war jedoch eine Aussprache vorausgegangen, in der Bayerstorfer und etliche CSU-Kreisräte durchblicken ließen, dass sie den erneuerbaren Energien den Weg bereiten und einen Energieatlas erstellen wollten. Jobsts Antrag wollten sie jedoch nicht annehmen. Sich auf eine Jahreszahl festzulegen, sei sinnlos, sagte Hans Peis (CSU). Jobsts Parteifreund Georg Els sagte, man brauche keinen Beschluss. "Es ist wichtig, dass man versucht, die Idee umzusetzen." Bayerstorfer erläuterte, der Energieatlas könne nicht mit Zuschüssen erstellt werden, sonst würden die Gemeinden, die hier bereits Vorarbeit geleistet hätten, ihre Zuschüsse verlieren. In Lantpert Grassl gebe es nun aber einen Mitarbeiter im Landratsamt, der alle Bürgermeister anschreiben und um Daten zur Nutzung und Erzeugung erneuerbarer Energien bitten werde. Er sei ohnehin mehr für konkrete Maßnahmen als für Visionen, sagte Bayerstorfer und zählte die FOS/BOS, die Geothermie und die neue Integrierte Leitstelle auf als Beispiele dafür, dass der Landkreis in erneuerbare Energien investiere und bei eigenen Gebäuden auf die Energiewende setze. Aber dann wurde auch er visionär: "Warum eigentlich nur 100 Prozent erneuerbare Energien? Warum nicht mehr?", fragte er.

Bestandteil des einstimmigen Beschlusses ist auch das Ziel der Verminderung des Energieverbrauchs durch eine effiziente Energienutzung. Auch der Verbraucher soll demnach zum sparsamen Energieverbrauch angehalten werden. Dass die CSU in ihrer Klausur etwas beschlossen habe, was schon längst beschlossen gewesen sei, merkte Roswitha Bendl (ÖDP) an.

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Quelle:
SZ vom 24.11.2010/bica
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