Erding:"Zum Schutz der Bewohner"

Seit Dezember sind in Erding wieder Flüchtlinge untergebracht. Das Landratsamt hat ehrenamtlichen Helfern ein striktes Zugangsverbot zur Asylbewerberunterkunft erteilt. Angeblich eine Empfehlung der Polizei, die aber nichts davon weiß.

Florian Tempel

Das Landratsamt Erding hat Bürgern, die sich ehrenamtlich in der sozialen Betreuung von Asylbewerbern engagieren wollen, den Zutritt zur Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Gasthaus "Stiftungshof" in Erding untersagt. Das Landratsamt teilte mit, das Zutrittsverbot "dient dem Schutz der Bewohner". Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) hat die restriktive Anordnung, die es andernorts nicht gibt, nach SZ-Informationen außerdem damit begründet, es gebe eine entsprechende Empfehlung der Polizei.

Bayerstorfer soll in einer Sitzung des Kreisausschusses gesagt haben, die Polizei rate dazu, den freien Zugang zur Asylbewerberunterkunft grundsätzlich nicht zuzulassen - ob für Ehrenamtliche oder sonst irgendwen. Doch weder bei der Polizeiinspektion Erding noch beim übergeordneten Polizeipräsidium Oberbayern Nord weiß man etwas von einem solchen Ratschlag. Der Leiter der PI Erding, Anton Altmann, sagte, er sei nicht gefragt worden und "habe keinesfalls dergleichen geraten oder empfohlen". Ein Sprecher des Polizeipräsidiums: "Da gibt's keine Empfehlungen unsererseits."

In der Erdinger Asylbewerberunterkunft sind derzeit 38 Männer, Frauen und Kinder untergebracht. Die unterschiedliche Herkunft der Flüchtlinge "und die unterschiedlichen Wege, die die Asylbewerber zu ihrem derzeitigen Aufenthalt im Landkreis Erding geführt haben, haben nachvollziehbarerweise zur Folge, dass diese Menschen auch ganz unterschiedlich auf ihnen nicht bekannte Personen reagieren", heißt es aus dem Büro des Landrats. Und weiter: "Dementsprechend kann das für diese Menschen verantwortliche Landratsamt Erding keinen freien Zutritt für alle Interessierten gewähren, mögen diese auch in bester Absicht kommen." Die Bereitschaft zur ehrenamtlichen Hilfe werde zwar "ausdrücklich begrüßt", sei aber eben nur außerhalb der Unterkunft "willkommen".

Roswitha Bendl, Sprecherin der Erdinger Pax Christi Gruppe, sagte, dass das Zugangsverbot bereits seit Wochen bestehe: "Es hat ganz klar geheißen, es ist jeder von uns da unerwünscht." Pax Christi wollte zunächst in der Asylbewerberunterkunft Deutschkurse anbieten. Das Landratsamt lehnte das jedoch ab. Der Deutschunterricht für Flüchtlinge findet nun in Räumen der Nachbarschaftshilfe Erding statt.

Die Pax Christi-Gruppe wollte zudem am 23. Dezember eine kleine Weihnachtsfeier mit den Flüchtlingen in der Unterkunft feiern. Auch das sei vom Landratsamt untersagt worden. Bendl und ihre Mitstreiter standen am Tag vor Heiligabend mit den Flüchtlingen vor der Haustür und verlosten Geschenkpäckchen. Auch aus "Nachmittagen der Begegnung" wurde nichts. Bendl sagte, sie habe sich nicht mit dem Landratsamt "rumstreiten" wollen. Pax Christi hat die Angelegenheit nicht selbst publik gemacht, da man befürchtet habe, "dass unser Einsatz mit den Deutschkursen sonst gefährdet wäre".

Die Inningerin Maria Brand, die viele Jahre lang hauptberuflich bei der Caritas in München in der Asylsozialberatung gearbeitet hat und sich nun ehrenamtlich in Erding engagiert, kann die Haltung des Landratsamtes nicht verstehen. Überall sonst dürften Ehrenamtlichen Flüchtlinge in ihren Unterkünften unterstützen. Zur unentgeltlichen Hilfe gehöre es, Asylbewerber zu Arzt- und Behördenbesuchen zu begleiten und generell "ein offenes Ohr" für sie zu haben. Ein wichtiger Punkt sei auch die Vermittlung von kompetenter Beratung in rechtlichen Fragen. Speziell hier könne eine nur von einer Behörde organisierte Betreuung und Beratung zu einer "Interessenkollision" führen, glaubt Brand.

Die Sozialberatung von Asylbewerbern in Erding wird derzeit von Mitarbeitern des Landratsamts geleistet. Das Landratsamt hatte zwar zunächst bei der Caritas Erding angefragt, ob diese die Asylsozialberatung übernehmen könnte. Die Caritas wollte, bekam den Auftrag dann aber "aus unterschiedlichsten Gründen doch nicht", sagte Geschäftsführerin Barbara Gaab. Das Landratsamt teilte mit, "die Betreuung der Asylbewerber aus einer Hand durch das Landratsamt bietet verschiedene Vorteile". Dazu zähle "insbesondere die Nutzung von Synergieeffekten".

Nach dem Subsidiaritätsprinzip sollten eigentlich freie Träger die Asylsozialberatung übernehmen. Die Bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) bestätigte das auf Nachfrage: "Es ist gang und gäbe, dass die freien Träger eine umfassende Asylsozialberatung machen. Und wo sie sie noch nicht eingerichtet haben, wäre ich sehr glücklich, wenn sie sie einrichten würden."

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