Erding:Wo geht's hier nach Berlin?

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Wer am Sonntag in den Landkreisen Ebersberg und Erding an die Urne geht, hat so viel Auswahl wie selten zuvor. Das ist aber nicht der einzige Rekord, den der Wahlkreis 213 heuer zu bieten hat

Von Wieland Bögel

An diesem Sonntag haben sie die Wahl: Mehr als 200 000 Personen aus den Landkreisen Ebersberg und Erding sind aufgefordert, ihre Stimmen zur Bundestagswahl abzugeben. Wobei viele dies auch bereits getan haben, der Briefwahl-Anteil ist so hoch wie nie zuvor, vermutlich dürfte er deutlich über 50 Prozent liegen. Das ist aber nicht der einzige Rekord, den der aktuelle Urnengang im Wahlkreis bereithält.

Was und wen kann man wählen?

Wie im Rest des Freistaates stehen auch im Wahlkreis 213 insgesamt 26 Parteien zur Wahl, vor vier Jahren waren es noch 21 gewesen. Zugenommen hat auch die Zahl der Direktkandidaten. Insgesamt zehn Personen bewerben sich um ein Direktmandat, so viele wie nie zuvor.

Für die CSU bewirbt sich der amtierende Wahlkreisabgeordnete Andreas Lenz. Er ist 40 Jahre alt, promovierter Betriebswirt und stammt aus Frauenneuharting im Landkreis Ebersberg.

Zum ersten Mal im Rennen ist die 30-jährige Magdalena Wagner, die für die SPD antritt. Sie ist Gymnasiallehrerin und wohnt ebenfalls im Landkreis Ebersberg, in der Gemeinde Egmating.

Einer von zwei Kandidaten aus dem Erdinger Landkreis ist der AfD-Bewerber Peter Junker. Der selbständige Fachberater für Finanzdienstleistungen ist 63 Jahre alt und lebt in Finsing.

Für die Liberalen geht wieder ein Ebersberger Kandidat ins Rennen, und zwar der 46-jährige Marc Salih aus der Gemeinde Poing. Beruflich ist er Oberkommissar bei der Bundespolizei.

Auch die Grünen setzen auf einen Ebersberger, wenn auch nur ganz knapp. Der Aufzugsbau-Unternehmer und Biolandwirt Christoph Lochmüller ist 54 Jahre alt und lebt in Hohenlinden.

Ein gutes Stück von der Landkreisgrenze, nämlich ganz tief im Ebersberger Süden, wohnt dagegen Linken-Kandidat Tobias Boegelein. Der Brucker ist 39 Jahre alt und arbeitet als Softwareentwickler.

Die zweite Bewerbung aus dem Landkreis Erding ist jene von Birgit Obermaier. Die 46-Jährige tritt für die Freien Wähler an, sie arbeitet als Online-Marketing-Beraterin und wohnt in Pastetten.

Wieder ein Stück jenseits der Landkreisgrenze wohnt ÖDP-Kandidatin Charlotte Schmid. Die 44-jährige Übersetzerin sorgt dafür, dass Poing ebensoviele Bewerber stellt wie der Landkreis Erding.

Auch die Bayernpartei setzt auf den Landkreis Ebersberg. Ihre Bewerberin ist die 52-jährige Mittelschullehrerin Simone Binder, die in Markt Schwaben unterrichtet und in Grafing wohnt.

Außerhalb der Wahlkreisgrenzen ist die Partei "Die Basis" fündig geworden. Ihre Kandidatin, die 54-jährige Alexandra Motschmann, lebt in Gmund am Tegernsee und ist Senior Projektmanagerin.

Wer darf überhaupt wählen?

Wie bei anderen Urnengängen auch, muss man im Wahlkreis mit Hauptwohnsitz gemeldet sein und älter als 18 Jahre sein, um dort abstimmen zu können. Wer allerdings weniger als 21 Tage vor der Wahl zugezogen ist, muss dies entweder am alten Wohnort oder per Briefwahl tun. Zugelassen sind nur deutsche Staatsbürger.

Wie viele das im Wahlkreis genau sind, steht mit Sicherheit erst nach Ende der Auszählungen fest, wenn die Wahlregister aller Städte und Gemeinden bei der Wahlleitung - diesmal das Landratsamt Erding - eingegangen sind. Bei der Wahl 2017 waren in den beiden Landkreisen insgesamt 198 198 Personen wahlberechtigt. Davon lebten 98 996 im Landkreis Ebersberg, 99 202 in Erding. Zum Jahresbeginn 2020 - aktuellere Daten sind nicht verfügbar - waren in beiden Landkreisen rund 244 900 Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit gemeldet, allerdings inklusive aller Minderjährigen. Diese machten laut Statistischem Landesamt zum Stichtag 18,3 Prozent der Bevölkerung aus, damit käme man auf rund 200 000 Wahlberechtigte. Durch den Zuzug seit dem Stichtag dürften es indes etwas mehr sein.

Wie wählt man hier denn so?

Der Wahlkreis 213, den es seit 2005 gibt, ist traditionell konservativ. Noch nie wurde die CSU nicht stärkste Partei. Das gilt sowohl bei der Erst- als auch bei der Zweitstimme sowie Gemeinde- und Landkreisübergreifend: In allen 21 Kommunen des Landkreises Ebersberg und in den 26 im Kreis Erding kamen die Christsozialen bislang immer auf Platz eins.

Im Wahlkreis kam die CSU 2017 auf 48,44 Prozent der Erststimmen, in Erding lag Kandidat Andreas Lenz mit 48,71 etwas darüber, in Ebersberg mit 47,73 etwas darunter. Insgesamt hatte er damit gut sieben Prozentpunkte gegenüber seinem Ergebnis 2013 eingebüßt. Seine Partei - obwohl weiter auf dem ersten Platz - hat es indes deutlich mehr erwischt: 51 Prozent lautete noch 2013 das Ergebnis, 39,2 blieben davon vor vier Jahren noch übrig. Die Verluste waren dabei landkreisunabhängig, in Erding sank die Zustimmung von 52,2 auf 39,8 Prozent in Ebersberg von 49,9 auf 38,4.

Auch bei der SPD war die vergangene Wahl eher schlecht verlaufen, sie kam im Wahlkreis nur noch auf 12,1 Prozent nach 16,5 vier Jahre zuvor. In Ebersberg sank die Zustimmung von 18,1 auf 12,8 Prozent, in Erding von 14,9 auf 11,6 Prozent.

Davon profitiert haben vor allem FDP und Grüne, zumindest bei den Zweitstimmen, genau wie die AfD: Die Rechtspopulisten haben besonders im Landkreis Erding zugelegt, von 5,3 Prozent im Jahr 2013 auf 13,5 vor vier Jahren. Auch in Ebersberg war der Zuwachs von 4,9 auf 10,3 Prozent beachtlich, im Wahlkreis insgesamt stand ein Ergebnis von 11,9 Prozent nach 5,1 im Jahr 2013. Die Liberalen verbesserten sich in Erding von 4,3 auf 10,6 Prozent, in Ebersberg von 5,8 auf 13,1 und im Wahlkreis insgesamt von 5,1 auf 11,9 Prozent. Bei den Grünen waren es 2017 insgesamt 10,8 Prozent und damit zwei Punkte mehr als bei der vorangegangenen Wahl. In Erding verbesserte sich die Ökopartei von 8,1 auf 9,3 Prozent, in Ebersberg von 9,5 auf 12,4 Prozent.

Sonst noch was?

Möglicherweise wird der Wahlkreis künftig so gut im Bundestag vertreten sein wie noch nie. Dafür ist eine Besonderheit des Wahlrechts verantwortlich: die Überhang- und Ausgleichsmandate. Gewinnt eine Partei mehr Direktmandate als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis an Sitzen zusteht, wie man es für die CSU erwartet, werden diese Mandate ausgeglichen: Alle anderen Parteien bekommen auch mehr Sitze. Nimmt man die jüngsten Umfragen als Basis und unter der Voraussetzung, dass Lenz den Wahlkreis gewinnt, könnten drei Ebersberger in Berlin sitzen: Für Magdalena Wagner und Marc Salih würde es zum Einzug über die Liste reichen. Fällt die Differenz zwischen Direktmandaten und Zweitstimmen für die CSU noch stärker aus, könnten unter Umständen auch Peter Junker und Christoph Lochmüller einen Sitz bekommen, der Wahlkreis könnte fünf Vertreter ins Parlament entsenden.

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