Erding:Wirtschaftsmotor Flughafen

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Die Zahlen zeigen: Viele Unternehmen in der Region profitieren von den Aufträgen, die zum Beispiel beim Bau des neuen Terminals entstehen. Doch für kleine Firmen bleibt es schwierig, zum Zug zu kommen

Von Mathias Weber

- Malerarbeiten, Blitzschutz, Stühle für den Warteraum: Wenn beim Neubau des Satelliten-Terminals am Flughafen ein Auftrag vergeben wird, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dieser auch in die Region direkt um den Flughafen geht. Wie der Leiter der Abteilung Beschaffung am Flughafen, Josef Engl bei einer Sitzung der IHK Erding-Freising sagte, sei die Wirtschaft in den Landkreisen Erding, Freising und Landshut größter Profiteur dieses neuen Erweiterungsbaus. Aber ob wirklich alle Betriebe der Umgebung von der wirtschaftlichen Zugkraft des Flughafens profitieren können, ist umstritten.

Die Grundsteinlegung des Satellitenterminals: Vor dem  Modell spricht FMG-Chef Michael Kerkloh (Foto: Marco Einfeldt)

Die Zahlen des Flughafens sagen: 450 Millionen Euro gibt die Abteilung Beschaffung für den Satelliten aus. Von diesen 450 Millionen Euro wurden mittlerweile 205 Millionen an Aufträgen vergeben. Laut Engl gingen 104 Millionen ins nähere Umland mit München, das sind 50,1 Prozent der Aufträge. 13 Millionen werden im Rest Bayerns ausgegeben, nur 2,5 Millionen ins Ausland.

Dass das übrige Bundesgebiet mit 84 Millionen Euro an Vergaben überdurchschnittlich stark beim Neubau vertreten ist, liegt laut Engl an den großen Kosten für die neue Flughafen-Bahn. Diese fahrerlose U-Bahn, die den Terminal 2 unterirdisch mit dem Satelliten verbinden wird, wird von der kanadische Firma Bombardier außerhalb Bayerns gebaut. Insgesamt wurden für den Satelliten-Neubau bisher 61 Aufträge vergeben, 24 in die nähere Umgebung, so Engl. "Wir rechnen damit, dass nächstes Jahr im Juni alle Aufträge vergeben sein werden", sagte er, "zwei Jahre vor Fertigstellung des Satelliten."

Diese Daten der Abteilung Beschaffung basieren auf Auswertung der Postleitzahlen der Unternehmen. "Man muss da vorsichtig sein," sagt Martin Reiter, "wenn ein Unternehmen irgendwo einen Sitz hat, aber eine Niederlassung in Erding, zählt das zur Umgebung." Reiter ist Kreishandwerksmeister im Landkreis Freising und betreibt ein Unternehmen für Trockenbau. Trotzdem sagt auch er, dürfe die Wichtigkeit des Flughafens für die Region nicht unterschätzt werden.

Diese bestätigen auch die Zahlen des Flughafens. "Wir haben den Bedarf einer Großstadt", sagt Engl, daher sei auch der Bedarf an Waren - vom Bürobedarf über Arbeitskleidung bis zum Feuerwehrauto für die Betriebsfeuerwehr - dementsprechend hoch. Vieles käme aus der Region. Von einem Umsatzvolumen von 311 Millionen Euro im Jahr 2011 entfielen auf Unternehmen aus der näheren Umgebung - den Landkreisen Landshut, Erding und Freising und der Stadt München - 100 Millionen Euro. Das sind 32 Prozent des Gesamtvolumens. Davon gingen Aufträge im Wert von 19, 5 Millionen Euro in den Landkreis Erding, 13, 5 Millionen nach Freising und 61 Millionen nach München. Aus dem Landkreis Erding belieferten im vergangenen Jahr 166 Betriebe den Flughafen, aus Freising 215, aus der Stadt München 560.

Beispiel Gastronomie: Allresto, ein Tochterunternehmen des Flughafens betreibt nach eigenen Angaben 85 Prozent der dortigen Gastronomiebetriebe. 91 Prozent des Einkaufsvolumens kam im letzten Jahr aus Bayern, 64 Prozent aus den Landkreisen Erding, Freising und Landshut. "Das Meiste, was am Flughafen verspeist wird, kommt im Wesentlichen aus der näheren Umgebung", sagte Engl. Nur ein geringer Teil der Anschaffungen insgesamt kommt hingegen aus dem Ausland. Hierbei handelt es sich meist um Produkte, die in Deutschland einfach nicht hergestellt werden. Flächenenteisungsmaterial beispielsweise werde in Deutschland nicht produziert, es kommt aus Norwegen.

Insgesamt, sagt Kreishandwerksmeister Reiter, müsse man differenzieren. "Für kleine Betriebe ist es oftmals schwierig, am Flughafen zu arbeiten." Die sicherheitstechnischen Anforderungen, die den Unternehmen auferlegt würden, stünden in keinem Verhältnis zu dem Nutzen. Zu diesen Auflagen gehören eine Zulassungsprüfung durch die Behörden, die Teilnahme an einer Luftsicherheitsschulung, der Antrag auf Erstellung eines Flughafenausweises und bisweilen der Erwerb eines Vorfeldführerscheins für Kraftfahrzeuge. Reiter selbst hat einige Male am Flughafen gearbeitet: "Das war brutal, man kann nichts rein- und raustragen, alles wird kontrolliert." Für größere Unternehmen lohne sich dieser Aufwand eher, so Reiter. Trotz hoher Hürden gelte der Flughafen allerdings als zuverlässiger und fairer Geschäftspartner.

Einen weniger hohen Sicherheitsaufwand müssen derzeit die Handwerker betreiben, die am Satellitengebäude bauen. Obwohl sie sich mitten auf dem Vorfeld befindet, gibt es einen eigens geschaffenen Zufahrtsweg, die Baustelle ist vom eigentlichen Flughafengelände mit Stacheldraht abgeschirmt. Die Arbeiten am Satellitengebäude liegen einer Flughafensprecherin zufolge voll im Zeitplan. Derzeit werden die Rohbauten des Abfertigungsgebäudes sowie der Fluggastbrücken errichtet, ab dem nächsten Jahr startet der Innenausbau. 2015 soll der Satellit schließlich in Betrieb gehen.

© SZ vom 19.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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