Süddeutsche Zeitung

Erding:"Wie ein Gehsteig auf dem Wasser"

Lesezeit: 2 min

Vor zwei Jahren erreichte das "Stand Up Paddling" den Kronthaler Weiher - eine Wassersportart, die ohne Wind auskommt. Trainer Peter Jungbeck ist von Anfang an in Erding dabei

Von Jan-Hendrik Maier, Erding

Neulich am Simssee: Zwei junge Burschen, sommerlich bekleidet, lehnen an einem Kleinbus. Vor ihnen rattert ein Kompressor, er pumpt Luft in zwei flache, stromlinienförmige Gegenstände. Wenige Minuten später stehen sie auf den aufgeblasenen Brettern, die so stabil wie ihre starren Pendants sind, stechen mit je einem Paddel in der Hand in das Wasser und gleiten über die Oberfläche des Sees. Sie machen "Stand Up Paddling" (SUP) - auf Deutsch: Stehpaddeln oder Paddelsurfen. Eine Sportart, die vor circa zwei Jahren auch in der Kreisstadt angekommen ist. Mittlerweile hat der Erdinger Surfclub eine eigene Abteilung für die Stehpaddler.

Von der ersten Stunde an ist Peter Jungbeck mit dem Board auf dem Kronthaler Weiher unterwegs. Der passionierte Wind- und Kitesurfer bietet für Interessierte Kurse in der Wassersportart an, die "so leicht wie keine andere" sei. "Nach zwei bis drei Stunden kann ein Anfänger bereits alleine paddeln", sagt Jungbeck. Beim Windsurfen erfordere es meist zwei bis drei Wochen Training. Erlernen könnten SUP "ohne Probleme" Menschen allen Alters: "Ich kenne eine 70-Jährige, die damit angefangen hat." Die Besonderheit und aus Jungbecks Sicht auch der Grund für den starken Zulauf der "Trend"-Sportart sind die geringen äußeren Anforderungen, denn Stehpaddeln benötige weder Wind noch eine besondere Tiefe des Gewässers. "Es geht immer, selbst auf einem Fluss oder Baggersee." Lediglich schlechtes Wetter und Gewitterfronten bremse die Stehpaddler aus.

Jungbeck schätzt, dass derzeit etwa fünfzig Menschen im Landkreis Erding aktiv paddelsurfen. Die Tendenz steige, besonders Kindergruppen wollten den Sport ausprobieren, für deren Ausbildung fehle ihm aber noch die Lizenz. Für Anfänger sei es entscheidend, die Ausrüstung - Board und Paddel - individuell passend zu wählen, sagt Trainer Jungbeck. Je breiter das Board, desto leichter falle es, die eigene Balance zu finden und zu halten. "Das ist dann wie ein fahrbarer Gehsteig auf dem Wasser." Eine zentrale Rolle komme dem Paddel zu, das an die Körpergröße des Sportlers und die Dicke des Boards angepasst werden müsse. Es dürfe "nicht zu schwer" sein - Jungbeck rät seinen Schülern von preisgünstigen Aluminiumfabrikaten ab -, die Nasenspitze solle auf Höhe des Blatts liegen. Das Prinzip hinter der Disziplin wirkt simpel: Das Paddelblatt mit viel Druck ins Wasser stechen und mit dem Körper das Board daran vorbeiziehen. Nach fünf bis sechs Schlägen wird die Seite gewechselt. "Eigentlich wie beim Skilanglauf", sagt der Trainer. Anfänger wunderten sich gelegentlich über das Zittern ihrer Füße. Das sei jedoch "ganz normal", schließlich mache man andauernd Ausgleichsbewegungen, um nicht unfreiwillig abzutauchen.

Der Fantasie, was auf den SUP-Boards möglich ist, scheint keine Grenzen gesetzt. Das Spektrum reicht vom "gemütlichen" Gleiten auf einem See, über sportliche Ambitionen in Zwanzig-Kilometer-Rennen an der mexikanischen Küste oder Bojenparcours, bis hin zu Kursen für Gruppendynamik und Yoga auf Gewässern in den Voralpen. Auch eine Kombination mit dem klassischen Wellenreiten ist möglich. "Die breite Masse bewegt sich aber in flachen Gewässern", sagt Peter Jungbeck. Für ihn ist Paddelsurfen vor allem ein "idealer Ausdauersport", der die Muskulatur gleichmäßig stärke.

Sportlich könne sich das Stehpaddeln in Erding noch weiterentwickeln. Ein erster Schritt in diese Richtung war Anfang Juni dieses Jahres die Premiere des "Erdinger SUP Cup" am kleinen Brombachsee. Am Kronthaler Weiher selbst können bis zu zwei Kilometer Strecke zurückgelegt werden.

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SZ vom 15.07.2015
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