Erding:Vom Zweirad zum Dreirad

Erding: Die Kindertagesstätte am Kletthamer Feld

Die Kindertagesstätte am Kletthamer Feld

(Foto: Bauersachs)

Inmitten von Gewerbebauten steht im Erdinger Westen ein architektonisches Kleinod, die Kinderkrippe "Zum Sonnenschein". Ihr Clou: Die vormalige Nutzung

Von Mathias Weber, Erding

Viel erwartet man nicht mehr: Die meisten Erdinger, die es in den Westen der Stadt verschlägt, in Richtung Elektronik-, Bau- und Supermarkt im Gewerbegebiet, werden kaum die Straßen dahinter erkunden. Viele Bauplätze sind noch leer, ab und zu stehen Produktionshallen von kleinen Mittelständlern oder eine Autowerkstatt links und rechts. Dass sich aber fast am Ende des Gewerbegebietes noch ein ganz außergewöhnliches Gebäude befindet, das wissen die wenigsten Besucher.

Schon vor zwei Jahren nämlich hat die Arbeiterwohlfahrt (AWO) dort hinten eine Kindertagesstätte mit Krippenplätzen eröffnet. Der Clou bei dem Gebäude, das während der Architektouren am kommenden Wochenende auch für interessierte Besucher geöffnet sein wird, ist der Vornutzer: Wo heute Kinder spielen, befand sich früher eine Motorradwerkstatt. Eine eher ungewöhnliche Planungsaufgabe sei der Umbau daher gewesen, teilen die Architekten des Architekturbüros Kruppa in Isen mit. Die Werkstatt wurde komplett kernsaniert, den Erfordernissen einer Kindertageseinrichtung folgend umgebaut und die Fassade mit Querlatten in unterschiedlichen Breiten verschalt und dunkel lasiert. Die Idee der Architekten war es schließlich, an die Außenwände der Werkstatt würfelförmige Boxen in Holzständerbauweise zu stellen. So werden die einzelnen Krippenräume innen erweitert, außen entstehen geschützte Spielbereiche mit Sandkästen für die Kinder - und sie strukturieren die ehemals starre Fassade.

Im Inneren, so die Architekten, sei der Charakter eines ehemaligen Gewerbegebäudes noch immer ablesbar: Die Stahlkonstruktion ist noch sichtbar, Trapezbleche der Dachkonstruktion sowie möglichst viele Bestandswände wurden erhalten. Neue technische Installationen sind sichtbar eingebracht. Trotzdem ist die Kita hell, transparent und offen: Selbst im 30 auf 30 Meter großem Bestandsbau konnten durch den Erhalt eines zentralen Oberlichts und neu geplanten Innenverglasungen viele Blickbezüge zwischen Innenräumen und dem Außenraum geschaffen werden. Viel Tageslicht fällt also ein.

Eine zusätzliche Herausforderung für die Architekten: Das Budget der AWO war begrenzt. Bei der Eröffnung richtete Fritz Steinberger, der Vorsitzende der Erdinger AWO, einen Dank an die Fischer's Wohltätigkeitsstiftung, auf deren Grundbesitz das Gebäude gebaut worden ist. 2,5 Millionen Euro hat die AWO schließlich ausgegeben, sagt Steinberger heute. Darin noch nicht eingerechnet sind die Kosten für das Grundstück, die sich noch einmal auf 500 000 Euro beziffern. Doch der Grund, warum die AWO beschloss, im Gewerbegebiet eine Kinderbetreuungseinrichtung zu bauen, hat wenig mit Geld zu tun. Eher waren praktische Überlegungen ausschlaggebend: So hätten schon bei Planungsbeginn 200 Menschen im Gewerbegebiet gearbeitet. Steinberger zufolge ist das eben ein Grundgedanke der AWO: Arbeit und Familie zu verbinden. Und noch ein ganz profaner Grund sprach für Erding West: Hier stören die Kinder niemanden. "Damals mussten wir zwei Prozesse wegen Kinderlärm führen", sagt Steinberger, dieses Thema spiele dort draußen keine Rolle mehr. Nur ein Problem bleibt: Die leeren Straßen verführen viele zum Rasen, "aber dieses Problem kriegt man in den Griff", sagt Steinberger. Die Bauzeit der neuen Krippe war extrem knapp bemessen: Von Beginn der Planung bis zur Fertigstellung der Umbaumaßnahmen sind nur zehn Monate vergangen. Die Zeit dränge damals: In Erding war die Nachfrage nach Betreuungsplätzen groß, schon vor Eröffnung waren fast alle Krippen- und Kindergartenplätze belegt. 72 Krippen- und 50 Kindergartenkinder werden dort betreut. Und auch heute ist es noch so: Für den kommenden September ist kein Platz mehr frei.

Das AWO-Kinderhaus "Zum Sonnenschein" am Kletthamer Feld 16 ist am Samstag, 28. Juni, von 11 bis 16 Uhr und am Sonntag, 29. Juni, von 14 bis 16 Uhr geöffnet.

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