Erding:Unsanft abgebremst

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Der Stopp bei der Entwicklung zweier Erdinger Baugebiete zwingt Bauträger zum Umdenken.

Von Mathias Weber, Erding

Nicht nur viele Erdinger zeigen sich über die plötzlichen Entwicklungen in Sachen Hochwasser erstaunt - auch manche Bauträger sind schockiert. Denn die Stadtverwaltung hatte während der jüngsten Sitzung überraschend verkündet, dass die Entwicklung von zwei Baugebieten aufgrund akuter Hochwassergefährdung ab sofort ruhen müsse - obwohl schon munter Wohnungen und Häuser geplant wurden. Dass es Hochwasserprobleme in dem Gebiet geben könnte, war den Bauträgern offenbar klar, aber nicht, wie massiv sie sind.

Mehrere Bauträger und Investoren sind auf dem Baugebiet Sandgrubensiedlung-Ost im Erdinger Westen aktiv; sie hatten damit gerechnet, dass der Bau von Wohnungen bald beginnen könne. Sogar auf der Erdinger Immobilienmesse im vergangenen Jahr wurden die Wohnungen am Kletthamer Erdbeerfeld schon angepriesen. Im Unternehmen von Martin Sperr, Geschäftsführer beim Bauträger Sperr & Zellner aus Dorfen, das hauptsächlich im Landkreis baut, gäbe es im Moment kein anderes Thema: "Ich bin sprachlos", sagt er. Auch er habe die Entscheidungen der Stadtverwaltung erst nach der Stadtratssitzung am Mittwoch erfahren. Er rechnet nun mit finanziellen Einbußen für sein Unternehmen. "Zum Glück", sagt er, baue man auch gerade in Finsing. Bis eine Lösung für das Hochwasserproblem gefunden ist, "müssen wir uns umorientieren." Das Unternehmen, das hauptsächlich in der Region Dorfen-Erding baut, werde jetzt auch den Blick über die Landkreisgrenze hinaus wagen. "Wir können uns einen Stillstand von drei, vier Jahren nicht leisten, wir müssen am Markt aktiv bleiben", sagt Sperr.

Andere Unternehmer geben sich da abgeklärter. "Wir bleiben ruhig", sagt Bauträger Georg Scharl aus Dorfen "auch wenn das nicht schön ist für uns." Finanziell erwartet er keine Probleme, er habe die von ihm geplanten Gebäude (unter anderem sind mehrere Punkthochhäuser auf dem Erdbeerfeld geplant) mit Eigenkapital finanziert. Das Geld sei also da, Banken stellten keine Forderungen. Insgesamt aber gehe es um Millionenbeträge, von mehreren hundert Millionen Investitionsvolumen in den beiden Baugebieten spricht Sperr.

Er schätzt nun, dass in Klettham bis zu 300 Wohnungen und hundert Reihenhäuser erst einmal nicht gebaut werden - und deswegen auf Jahre hinaus auf einem Immobilienmarkt fehlen, der sowieso schon sehr angespannt sei. Er sagt, dass sich täglich Paare bei ihm melden würden auf der Suche nach Wohnraum. "Für den Erdinger Wohnungsmarkt ist das eine Katastrophe", sagt Sperr. Er wie auch andere Bauträger am Erdbeerfeld erwarten nun, dass der Druck am Markt weiter zunimmt und die Immobilienpreise steigen. "Bis Wohnraum da ist, wird es viel Jahre dauern", glaubt Sperr. Der Erdinger Oberbürgermeister Gotz (CSU) allerdings widerspricht: Er vertrete schon lange die Ansicht, sagte er, dass mehr ausgewiesener Wohnraum nicht automatisch zu einer Entspannung am Markt führe. "Auch vor der Stadtratssitzung war der Markt ausverkauft", sagt er. Außerdem warne er davor, die jetzige Situation auszunutzen, um höhere Preise für Immobilien zu verlangen.

Gotz will sich keinesfalls drängen lassen. Er bleibt bei seiner Linie, wie er sagt, derzufolge er die Erkenntnisse aus dem vorgestellten Hochwassergutachten mit anderen relevanten Informationen zu einem Gesamtfahrplan verbinden will. Belange der Bauträger und des Immobilienmarktes, gibt er zu verstehen, will er nicht der Sicherheit der Anwohner opfern, die jetzt schon in den Hochwassergebieten wohnen. "Wir müssen die baulichen Voraussetzungen schaffen, damit die, die schon dort wohnen, nicht wieder zu Schaden kommen", sagt der Oberbürgermeister.

© SZ vom 27.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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