Erding:Unbeachtete Auszeichnung

Bayerischer Bauernverband erkennt den Landkreis Erding als gentechnikfrei an. Nun könnte die Politik nachziehen.

Florian Tempel

Der Bayerischen Bauernverband (BBV) hat den Landkreis Erding zum "Agrogentechnikfreien Landkreis" ausgerufen. Die Proklamation fand weitgehend unbeachtet Anfang Januar bei einer Tagung der BBV-Ortsobmänner statt. Nur im Landwirtschaftlichen Wochenblatt erschien ein Foto mit sechs Zeilen Text, auf dem Kreisobmann Hans Schwimmer, der Sprecher der lokalen BBV-Arbeitsgruppe, Zeno Stangl, und drei Mitstreiter sowie Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) zu sehen sind.

Schon vor mehreren Jahren hatte sich der Bauernverband mit dem Tagwerk-Förderverein zur "Interessengemeinschaft gentechnikfreie Anbauregion Erding" zusammengeschlossen, um gemeinsam das Ziel zu verfolgen, dass gentechnisch veränderte Pflanzen im Landkreis nicht ausgesät und angepflanzt werden. Die Interessensgemeinschaft hat eine breite Basis von Unterstützern wie den Verband der Milchviehhalter, die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft, die Tagwerk-Genossenschaft, die Metzger-Innung Erding, die Katholische Arbeitnehmerbewegung und mehrere hundert Bürger. Die Ausrufung des gentechnikfreien Landkreises erfolgte zwar einseitig durch den Bauernverband, was für den Vorsitzenden des Tagwerk-Fördervereins Michael Rittershofer "ein kleiner Wermutstropfen ist". Dennoch lobte er die Proklamation als "ganz starkes und wichtiges Zeichen".

Faktisch ist derzeit ganz Deutschland eine gentechnikfreie Anbauregion. Der Anbau von gentechnisch verändertem Mais ist seit zwei Jahren verboten. Der Anbau der einzigen zugelassenen Pflanze - die BASF-Kartoffel Amflora - hat sich als Flop erwiesen. Und auch Versuchsanpflanzungen durch Landes- oder Bundesinstitute sind eingestellt worden. Im Landkreis Erding gab es zuletzt 2009 zwei kleine Versuchsfelder in Erding und Fraunberg, wo auf zusammen 0,14 Hektar genveränderter Mais angebaut wurde.

Dass erst jetzt der gentechnikfreie Landkreis ausgerufen wurde, hat wohl mehrere Gründe. Zum einen war es "eine längere Zeremonie", wie BBV-Arbeitskreissprecher Stangl sagte. Zum anderen haben sich die politischen Rahmenbedingungen verändert. Das Bayerische Umweltministerium zeichnet mittlerweile sogar Kommunen und Landkreise, die sich zu gentechnikfreien Zonen erklären, mit staatlichen Auszeichnungen aus. Auch die Erdinger wollen eine staatliche Anerkennung bekommen. Kreisobmann Schwimmer bestätigte, dass ein entsprechender Antrag gestellt werden soll.

Umweltaktivist und ÖDP-Mitglied Rainer Forster kritisierte den Schritt des Bauernverbandes hingegen als "billigen Populismus". Ein Antrag seiner Partei, der Kreistag solle einen gentechnikfreien Landkreis ausrufen, sei noch im Herbst "brutal niedergebügelt worden". Schwimmer sagte dazu, es sei richtig gewesen, den ÖDP-Antrag abzulehnen, denn vor der Politik müssten die Landwirte ihre Position deutlich machen. Das ist nun geschehen. Wie das Foto im Landwirtschaftlichen Wochenblatt beweist, unterstützt auch Landrat Bayerstorfer die Sache - "auch wenn er früher eine etwas andere Meinung dazu gehabt hat", sagte Schwimmer.

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