Trachtenverkauf:"Die Feste kommen ja wieder"

Barbara Gruber

Die Auswahl ist groß, die Zahl der möglichen Anlässe ebenso. Neuerdings werden Drindl auch gerne zur Hochzeit getragen, sagt Barbara Gruber.

(Foto: Stephan Görlich)

Weil die Volksfeste ausfallen, werden weniger Dirndl und Trachten als sonst verkauft. Doch die Händler sind trotzdem zuversichtlich.

Von Laura Dessena, Erding

Zum ersten Mal seit 15 Jahren fallen bei Moser Trachten - eigenen Aussagen zufolge der größten Trachtenausstatter Bayerns - die Verkaufszahlen, das sagt Geschäftsführer Herbert Wirkes. Viele junge Frauen statten sich jedes Jahr zur Volksfestsaison mit einem neuen Dirndl aus - in diesem Jahr nicht. Die Saison fällt Corona zum Opfer, ein neues Dirndl braucht es daher nicht. Die Händler versuchen, darauf zu reagieren, und deklarieren Trachten zur Alltagsmode um. Dirndl und Lederhose könnten auch an ganz normalen Tagen getragen werden, sagt Barbara Gruber vom Gewandhaus Gruber. "Da muss man sich nicht schämen." Die Tracht sei etwas Langlebiges, Wertvolles und Nachhaltiges. Sie könne nicht nur das ganze Jahr hindurch, sondern sogar über viele Jahre hinweg getragen werden.

Im Gewandhaus Gruber kaufen die Kunden eine Tracht ohnehin nicht nur für eine Saison, sagt sie. Und es gebe auch jetzt Nachfrage, wenn auch nicht so stark wie in den vorangegangenen Jahren. Aber natürlich, dass das Erdinger Herbstfest entfällt, sei trotzdem schmerzhaft. Doch Trachten gewinnen ihr zufolge auf einem anderen Feld an Bedeutung: Wegen Corona werde weniger kirchlich und mehr standesamtlich geheiratet. Manche Bräute steigen für die Hochzeit vom weißen Kleid auf ein Dirndl um. Gruber sagt, sie habe bereits im März ein Gespür dafür gehabt, wie sich die Situation entwickeln werde.

Manche Aufträge für die folgende Zeit habe sie erst gar nicht abgegeben. "Alles, was im Herbst gekommen wäre, ist gar nicht produziert worden", sagt sie. Sie habe die Produktion verlangsamt und an die aktuelle Situation angepasst. Die passend dekorierte Trachtenabteilung im Gewandhaus Gruber bleibt jedoch, wie sie ist. "Die Feste kommen ja wieder", sagt Gruber. Der Bedarf nach festlichen Trachten sei genauso vorhanden wie der Bedarf nach Trachten, die im Alltag Verwendung finden können. "Denn Tracht ist zeitlos."

Herbert Wirkes, Geschäftsführer von Trachten Moser, sagt, dass das Geschäft in diesem Jahr deutlich vom Ausfall der Volksfeste beeinflusst worden sei. Die Verkaufszahlen in seinen 38 Filialen, von denen eine in Erding steht, seien 15 Jahren lang gestiegen - nun fallen sie zum ersten Mal. Bis vor kurzem seien gerade mal dreißig Prozent des Umsatz des vorherigen Jahres erzielt worden. Doch Wirkes ist zuversichtlich, wie er sagt, dass er im kommenden Jahr wieder an frühere Erfolge anknüpfen könne. Trachten Moser verkaufe Kleidung hauptsächlich für spezielle Anlässe und Veranstaltungen - nicht nur die Volksfeste, sondern auch für private Veranstaltungen, Firmenfeiern, Familienfeste und Kommunion.

Auch Wirkes hat bereits im März reagiert und die Vorbestellungen zurückgefahren, weshalb nicht allzu viel Ware übrig bleiben werde, wie er sagt. Einen höheren Bestand als sonst gebe es im Moment aber trotzdem. Aber der könne in der nächsten Saison noch gut verkauft werden. "Die Kernaussage eines Dirndls ist über Jahre die gleiche", so Wirkes. Seines Erachtens hat die Tracht noch nicht Einzug im Alltag gehalten, auch wenn es Versuche wie den Trachten-Freitag gebe, der dazu auffordere, freitags Tracht zu tragen. Wirkes hält die Tracht für einen "Gegenentwurf" zur Fast Fashion. "Es ist ja auch etwas Besonderes: Es hat Charme, die Tracht dann rauszuholen, wenn es angebracht ist."

Einen Trend hin zur Tracht als Alltagskleidung hat dagegen Sabine Deml ausgemacht, Designerin und Inhaberin des Trachtenlabels "shedoes" in St. Wolfgang. Besonders beliebt seien Röcke, die man mit verschiedenen Blusen kombinieren und zu verschiedenen Gelegenheiten anziehen kann. Der Großteil ihrer Kundschaft, sagt Deml, kaufe die Trachten für Hochzeiten und nicht für Volksfeste. Doch weil viele Hochzeiten in diesem Jahr nur in engem Kreis stattfänden, werde auch hier nach Trachten gefragt, die man öfter tragen könne. Sie sei dank des Hochzeitsgeschäftes nicht saisonabhängig, sagt Deml. "Bei mir gibt's das ganze Jahr über neue Sachen", sagt sie. Sie fertigt die Trachten nach Bedarf an und kann daher schnell auf neue Trends reagieren. Puffärmel sollen wieder modern werden.

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