Süddeutsche Zeitung

Erding:Spannende Fälle

Amtsgerichtsdirektor Peter Boie wechselt von Erding ans Oberlandesgericht

Von Daniela Biehl

Peter Boie, Direktor des Amtsgerichts Erding, wechselt zum Oberlandesgericht München, voraussichtlich in die Abteilung Familiengericht. Die Zeit in Erding behält er als intensive, spannende Phase in Erinnerung. "Es waren fünf Jahre, die wie im Flug vergingen und ich habe schöne und traurige Dinge erlebt", sagt er.

Der Familienvater wurde in Schleswig- Holstein geboren und wuchs in Tirol und Bayern auf, wobei, wie er sagt, Bayern wesentlich prägender war. Er studierte in München und absolvierte dort seine Referendarzeit. Dann ging er für vier Jahre zur Staatsanwaltschaft München, beschäftigte sich mit Rauschgiftdelikten und wurde schließlich beisitzender Richter im Landgericht München. "Danach habe ich mich mit Urheberrecht befasst, eine juristisch anspruchsvollere Materie", sagt Boie. Es folgte der Wechsel zum Schwurgericht, dessen Zuständigkeit sich vor allem auf Delikte von Mord und Totschlag beläuft. Auch wenn Boie dort nicht lange war, blieb er den Tötungsdelikten treu und wurde für viele Jahre Oberstaatsanwalt in München.

"Dort habe ich spektakuläre Mord-und Totschlagsgeschichten untersucht. Da waren Fälle um die NSU-Mordserie, Günther Kaufmann oder Rudolph Moshammer", erinnert sich Boie. Nach dem Mord an Kaufmanns Steuerberater sei der Schauspieler aufgrund eines falschen Geständnisses im Gefängnis gelandet. Rudolph Moshammer wurde von einem damals 25-jährigen Mann mit einem Stromkabel erdrosselt, der die Tat später gestand und zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. "Das sind natürlich Fälle, die einen nicht mehr ganz loslassen", erzählt Boie.

2008 sei er dann Direktor des Amtsgerichts Erding geworden. So oft gewechselt habe er, weil es immer gut sei, in verschiedene juristische Bereiche zu blicken. "Das erweitert den Horizont und war für meine Erfahrungen sehr fruchtbar." In Erding hatte Boie eine Doppelfunktion. Zum einen war er Richter im Familiengericht und zum anderen Leiter des ganzen Amtsgerichts. "Das brachte ganz schöne Herausforderungen mit sich." Nach den Schießereien 2009 und 2012 in den Gerichten Landshut und Dachau, bei denen es viele Verletzte gegeben hatte und ein Staatsanwalt ums Leben kam, mussten die Sicherheitsvorkehrungen in Erding verändert werden.

"Seit Januar 2012 kontrollieren wir jede Person, die das Gericht betritt, und damit uns das gut gelingt, mussten wir zuvor den Eingangsbereich umgestalten", sagt Boie. Während seiner fünfjährigen Amtszeit in Erding hat sich auch die Zahl an Richtern verändert. "Als ich kam, waren es neun, heute sind es zwölf und zum 1. Oktober kommt noch eine Richterin dazu." Der Personalanstieg komme daher, dass auch die Fallzahlen kontinuierlich zunehmen. Besonders in den mit dem Flughafen zusammenhängenden Zivilrechtsprozessen ist die Anzahl enorm gestiegen. Allein schon im Juli sind 250 solcher Prozesse bearbeitet worden.

Ein anderer Fall, der ihn "nicht mehr außer Atem ließ", handelte von einem Passagierflugzeug, dass dem Prinzen des Thailändischen Königshauses gehört. Eine Firma hatte es durch das Gericht pfänden lassen. Mit dem, was dann geschah, hätte Boie nie gerechnet. Der thailändische Außenminister protestierte in Berlin und plötzlich wurde alles in Frage gestellt. Gelöst hatte sich dieses Problem mit einer Bürgschaft von 30 Millionen Euro an die Firma, die das Flugzeug hatte pfänden lassen - danach gehörte es wieder dem thailändischen Prinzen.

Auf seine Zeit beim Oberlandsgericht München freut sich Boie schon. Wer sein Nachfolger wird, weiß er noch nicht. Noch bis September sei die Stelle öffentlich und für ganz Bayern ausgeschrieben. Zwischen Oktober und November werde man sich dann vermutlich für einen Amtsgerichtsdirektor entscheiden. Boie bekam am Freitag eine Ernennungsurkunde vom Präsidenten des Landgerichts München ausgehändigt, die ihn offiziell zum Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht München machte.

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SZ vom 02.09.2013
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