Erding:"So richtig Schwung ist nicht dahinter"

Die Zahl der Fahrradunfälle in Erding steigt. Der Vorsitzende des ADFC in Erding, Horst Weise, sieht die Stadt in der Pflicht: Sie müsse nun zügig das Radverkehrskonzept umsetzen

Interview von Mathias Weber, Erding

Hochwasser, Ringschluss, Umgehungen: Das Bauamt der Stadt Erding hat im Moment wichtige Aufgaben abzuarbeiten. Von einem Infrastruktur-Thema, das viele Erdinger betrifft, ist wenig zu hören: Vom Radfahren. Zwar hat sich die Stadt schon vor mehreren Jahren ein Radverkehrskonzept gegeben, das auf große Zustimmung auch bei den Verbänden stieß; seitdem sei aber kaum etwas passiert, kritisiert nun Horst Weise. Er ist der Vorsitzende des Erdinger ADFC, des Allgemeinen deutschen Fahrradclubs. Seine Meinung äußert er oft mit viel Verve - wie auch im Gespräch mit der Erdinger SZ .

SZ: Der Erdinger Oberbürgermeister Max Gotz sagte kürzlich bei einer Parteiveranstaltung, die Zahl der Fahrradunfälle in der Stadt nehme zu. Können Sie das bestätigen?

Horst Weise: Gefühlt ja. Aber man muss auch sagen: Das ist ein Trend, der in ganz Deutschland zu beobachten ist. Und denken Sie daran, nicht jeder Fahrradunfall wird der Polizei gemeldet. Man darf damit rechnen, dass es ungefähr drei Mal so viele Unfälle gibt, wie bekannt werden.

Erding: Unfallschwerpunkt Haager Straße: Viele Radfahrer wissen nicht, dass sie auf der Straße fahren dürfen.

Unfallschwerpunkt Haager Straße: Viele Radfahrer wissen nicht, dass sie auf der Straße fahren dürfen.

(Foto: Peter Bauersachs)

Der schwerste Unfall in Erding der vergangenen Zeit ereignete sich in der Haager Straße.

Der Fahrradfahrer war auf dem Bürgersteig unterwegs, ein Autofahrer ist aus einer Seitenstraße gekommen, hat ihn übersehen und angefahren. Die Haager Straße ist insgesamt ein gefährlicher Ort, aber der Fahrradfahrer hätte gar nicht auf dem Bürgersteig fahren müssen.

Wieso?

Mittlerweile ist das Fahrradfahren auf der Straße erlaubt, die Benutzerpflicht ist aufgehoben. Hätte sich der Fahrradfahrer getraut, auf der Straße zu fahren, der Unfall wäre zu vermeiden gewesen.

Kaum jemanden ist bekannt, dass man dort jetzt auf der Straße fahren darf.

Das ist auch still und leise passiert, andere Schilder wurden montiert. Dies war aber auch die einzige Maßnahme in Erding, die im Rahmen des Radverkehrskonzeptes verwirklicht wurde.

Dieses Konzept wurde nun schon vor einiger Zeit vorgestellt, noch gibt es aber keinen Grund zur Freude?

So richtig Schwung ist nicht dahinter. Die Stadtverwaltung setzt andere Prioritäten. Vom großen Getöse zu Beginn ist leider nicht viel übrig geblieben. Aber in nächster Zeit steht ein Gespräch im Bauamt an, dann können wir unser Herz ausschütten. Grundsätzlich haben wir ja einen guten Dialog mit der Stadt, vor allem, seitdem sich personell einiges im Amt verändert hat.

Erding: Horst Weise hat als 68-jähriger Pensionär viel Zeit zum Radfahren. Seit 2012 ist er Vorsitzender des ADFC. Für jede Tour besitzt er das passende Rad.

Horst Weise hat als 68-jähriger Pensionär viel Zeit zum Radfahren. Seit 2012 ist er Vorsitzender des ADFC. Für jede Tour besitzt er das passende Rad.

(Foto: Peter Bauersachs)

OB Gotz hat auch gesagt, dass nicht nur Autofahrer, sondern auch Radfahrer nicht immer die gebotenen Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmen legten.

Ich glaube nicht, dass in Erding der Fahrradverkehr entgleist, wie es etwa in großen Städten zu beobachten ist. Meistens sind es die Halbwüchsigen, die durch den Innenstadtbereich vielleicht ein wenig zu flott fahren. Und wenn schönes Wetter ist, dann fahren halt auch mehr Menschen Fahrrad, dann passiert auch automatisch mehr. Aber den typischen Rotlichtsünder, den gibt es hier in Erding nicht.

Welche weiteren Projekte müssen als nächstes umgesetzt werden?

Dass die Innenstadt zur Tempo-30-Zone wird, das wäre hilfreich. Dann würden die Autofahrer nicht mehr mit 60 oder 70 Stundenkilometern durchdonnern, sondern mit 50. Außerdem sollte die Fußgängerzone für Fahrradfahrer freigegeben werden, wie es auch beim Stadtpark geschehen ist. Dort hat man sich auch lange geziert, jetzt funktioniert es aber gut.

Auch beim Umbau der Dorfener Straße war nicht jeder zufrieden.

Es gab damals viel Skepsis, aber jetzt klappt es gut. Fahrräder und Autos teilen sich die Straße, und es gibt keine Probleme. Das war auch das letzte Mal, dass wir vom ADFC zu einem Projekt befragt wurden. Nicht konsultiert wurden wir an der Dachauer Straße, als die Kreuzung am Hagebaumarkt umgebaut wurde. Es ist ärgerlich: Für die Autofahrer ist die Kreuzung perfekt ausgebaut, für Radfahrer leider nicht. Sie müssen umständlich die Seite wechseln und es gibt auch nur eine Rufampel; Radfahrer und Fußgänger müssen also erst darum bitten, die Straße überqueren zu dürfen. Aber so ist das eben, es gibt keine Priorität für das Fahrrad.

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