Erding:Sie stehen - trotz allem

Zwei unterschiedliche, aber prägende Kunstwerke hat die Stadt Erding im vergangenen Jahr aufgestellt. Bei beiden gab es Probleme

Von Mathias Weber

Kunst im öffentlichen Raum: Ein Thema, das in normalen Jahren vielleicht ab und zu für ein Meldung gut ist und sonst mit vornehmen Desinteresse bestraft wird, hat sich dieses Jahr zu einem Dauerbrenner-Thema gemausert. Schon gleich von Januar 2015 an wurden im Wochenrhythmus Leitartikel, Kommentare, kleine Wasserstandsmeldungen und vor allem immer wieder Leserbriefe veröffentlicht, die eine manchmal ziemlich schrill geführte öffentliche Debatte widerspiegelten.

Erding: Der Erdinger Harry Seeholzer bei der Einweihung seines "Tor 1" in Erding West.

Der Erdinger Harry Seeholzer bei der Einweihung seines "Tor 1" in Erding West.

(Foto: Peter Bauersachs)

Vielleicht lag es an den enormen Dimensionen der beiden Kunstwerke, die 2015 in Erding an prominenten Stellen aufgebaut wurden, dass die Emotionen so hoch kochten; vielleicht lag es aber auch der Abstraktion der beiden Werke, die beide so hoch modern wirkten. Ein Grund aber, warum die Erdinger SZ immer wieder über "das Tor" und "den Bogen" berichtete, war, dass beide Projekte nicht von frei von Pannen waren.

Gleich im Januar 2015 haben sich ein halbes Dutzend Herren im Gewerbegebiet West versammelt, um der Eröffnung des ersten der beiden Kunstwerke beizuwohnen. Das "Tor 1" von Harry Seeholzer steht jetzt seit gut einem Jahr auf einem Kreisel, nach der Ortseinfahrt auf der Dachauer Straße - das mehrere Meter hohe Werk aus braunem Corten-Stahl ist also das erste, das man von der großen Kreisstadt sieht. So sollte das auch sein, sagte der Erdinger Künstler Harry Seeholzer: Das Werk soll tatsächlich an ein Tor erinnern und so die Erdinger Gäste begrüßen. Bei der Errichtung des Kunstwerks ist die Stadt neue Wege gegangen: Nicht sie selbst hat dafür bezahlt, sondern ein Sponsor (die Unternehmensgruppe Hübner) wurde gesucht; die Stadt hat nur den Ort zur Verfügung gestellt und die Aufbauarbeiten bezahlt. Einige Erdinger aber waren nicht sehr glücklich über das Werk: Nicht darüber, wie es aussieht, und nicht darüber, wie die Entscheidung im Stadtrat zustande gekommen war. Die abschließende Abstimmung über dieses Vorgehen wurde nämlich in nicht-öffentlicher Sitzung gefasst. Schon bei der Eröffnungszeremonie im Januar aber wollte man diese Kritik nicht viel Aufmerksamkeit schenken, aber offene Briefe und deftige Leserbriefe ("Schrottskulptur", "rostige Pipeline") in den Erdinger Medien haben für viel Rummel in den kommenden Monaten gesorgt; so viel, dass Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) am Ende kaum mehr Lust hatte, über das Thema zu reden. Die Lust am zweiten großen Kunst-Projekt in Erding vergangenes Jahr dürfte ihm zwischendurch ebenso vergangen sein: Eigentlich hätte das Werk "Jetzt" des Aschaffenburger Künstlers Robert Keller schon Mitte des Jahres an dem kleinen Platz auf an der Brücke über die Sempt an der Haager Straße stehen sollen. Mehrere Pannen hatten aber immer wieder zu Verzögerungen geführt: Die ausführende Firma ging Pleite, unter dem geplanten Standort wurde eine Fernwärmeleitung entdeckt, die Statik musste überprüft werden. Der Aufbau zog sich hin, weil die Polizei die Transportgenehmigung erst einmal nicht erteilte - der Bogen war zu groß. Dann stand es im August, und nachdem sich die letzten Arbeiten noch einige Monate hingezogen hatten (unter anderem gab es ein kleines Feuer an der Baustelle), wurde das expressive Kunstwerk, das sich wie ein Tor über die Haager Straße spannt, Anfang Dezember endlich offiziell eingeweiht. Billig war das alles nicht: Die Stadt bezahlte statt der ursprünglich bewilligten 100 000 Euro am Ende 50 000 mehr.

Erding: Robert Kessler besiegelt mit einem Handschlag mit OB Max Gotz das Ende der jahrelangen Arbeiten rund um sein Werk "Jetzt".

Robert Kessler besiegelt mit einem Handschlag mit OB Max Gotz das Ende der jahrelangen Arbeiten rund um sein Werk "Jetzt".

(Foto: Bauersachs)

Das muss man sich erst einmal leisten können, und das muss man sich auch leisten wollen. Künstler Robert Kessler hat bei der Eröffnungsfeier seines Bogens vor wenigen Wochen auf diesen ganz außergewöhnlichen Umstand hingewiesen: Dass nämlich die Entscheidung für sein Kunstwerk im Stadtrat einstimmig gefallen war. Auch die Abstimmung um Harry Seeholzers Tor ging einstimmig aus. OB Gotz hatte nicht Unrecht, wenn er von einem gewissen "Mut" sprach, den die politischen Entscheidungsträger der Stadt an den Tag legen, wenn es um die Gestaltung des öffentlichen Raumes in Erding geht. Dem gestiegenen Status der Großen Kreisstadt, die wirtschaftlich so potent ist, bekannte Urlaubs- und Ausflugsziele zu bieten hat und im vergangenen Jahr auch überregional noch größere Bekanntheit erlangt, tragen diese beiden beeindruckenden Kunstwerke Rechnung.

Aber, wie hat doch im Herbst eine Anwohnerin des neuen Bogens in der Haager Straße gesagt: Der Erdiger an sich sei eben erst einmal ein Grantler. 2016 dürfte es wieder Gelegenheit zum Granteln geben: Dann soll das zweite Tor von Harry Seeholzer auf einem anderen Kreisel in Erding West aufgestellt werden. Weitere werden folgen.

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