David Magen:"Regelrecht besessen"

David Magen: Dass David Magen aus der Graffiti-Szene kommt, ist nicht zu übersehen.

Dass David Magen aus der Graffiti-Szene kommt, ist nicht zu übersehen.

(Foto: Peter Bauersachs)

Der 28-Jährige ist das jüngste Mitglied im Erdinger Kunstverein. Die Malerei gab ihm zu schweren Zeiten Kraft: Nach einer Gehirnblutung war er dem Tod nah

Von Melanie Schwarzbauer

Legal, sagt der Künstler David Magen, sei das alles sicher nicht gewesen. Früher, als er noch in Köln wohnte, ist er nachts mit den Kumpels um die Häuser gezogen und hat die Wände besprüht. Das hat seinem Ego gut getan, sagt der 28-Jährige heute. Die Freunde sagten ihm, er sei einer der talentiertesten Sprayer in der Stadt. Das Sprayen hat ihn verändert, denn Interesse an der Kunst hatte er bereits zu Schulzeiten, aber von nun an lebte Magen geradezu für die Kunst; und vielleicht hat ihn das Sprayen dazu gemacht, was er heute, einige Jahre später, ist: Das jüngste Mitglied des Erdinger Kunstvereins.

Der Weg von den Straßen Kölns zu den Malereien in Erding war allerdings kein leichter. Das Schicksal hat es nicht immer gut gemeint mit David Magen, der in Wahrheit anders heißt; David Magen ist sein Künstlername, seinen echten Namen möchte der junge Mann nicht in der Zeitung lesen. Es geht ihm ganz um seine Kunst, die er nach einer ersten Ausstellung in Köln im Jahr 2010 als seine Bestimmung entdeckte.

Koma nach Hirnblutung

Aber damals ging es ihm nicht gut: "Ich dachte, ich könnte meine Depressionen und meine Sucht mit der Malerei bekämpfen", sagt Magen. Vor vier Jahren allerdings änderte sich seine Leben grundlegend: 2011 erlitt David Magen eine Hirnblutung und lag mehrere Male im Koma. "Zwei Mal sagten die Ärzte meinen Eltern, es gäbe keine Hoffnung mehr", sagt Magen, der sich für seinen damaligen gesundheitlichen Zustand selbst die Schuld gibt.

"Ich litt unter Depressionen, weil mich die Arbeit im Baumarkt enttäuschte." Er fand es einfacher, seinen Frust in Alkohol zu ertränken und Zigaretten zu rauchen, "als zuzugeben, wirklich ein Problem zu haben", sagt der Künstler heute ganz offen.

Nach der Hirnblutung und den komatösen Zuständen litt der junge Künstler an Lähmungserscheinungen und saß für einige Zeit im Rollstuhl. Vom Graffitisprühen musste sich der Künstler zwar verabschieden; jedoch malte er Graffiti-ähnliche Kunstwerke auf seine Leinwände.

Gezeichnet von der Krankheit

"Ich sehe meinen Schicksalsschlag als Chance, denn Malen ist etwas, was ich uneingeschränkt machen kann und von dem ich regelrecht besessen bin", sagt Magen ganz langsam und leise - man merkt ihm an, wie sehr ihn die Krankheit gezeichnet hat. Nach seinem Umzug nach Eichenried, gibt Magen zu, hatte er sogar Selbstmordgedanken, die er nur durch das viele Malen überwinden konnte.

"Ich weiß nicht, ob es mich ohne die Kunst noch geben würde", sagt Magen nachdenklich und räumt ein, dass die große Unterstützung seine Eltern und die vielen Therapien ihm neuen Mut geben. "Meine Eltern glauben an mein Talent und haben mich auch in den dunkelsten Stunden nie aufgegeben", sagt er.

Grelle Farben und Kontraste

David Magens Bilder haben einen ganz eigenen Stil und Wiedererkennungswert, er arbeitet viel mit grellen Farben und Kontrasten. Lediglich die Farbwahl bestimmt er vor dem Prozess, Form und Motiv entstehen rein intuitiv. Farben sollen in seinen Bildern keine Gefühle ausdrücken, beispielsweise ist die Farbe Schwarz keine Trauer, Grün keine Hoffnung oder Rot keine Liebe. Er nennt seine Stilrichtung recht unbescheiden "Davidismus" und beschreibt sie mit "hemmungslosen, intensiven und lebendigen Hintergründen, kombiniert mit ruhigeren Ansammlungen verschiedener Formen."

Magen nennt seine Bilder "Graffiti ohne Buchstaben", denn vom Sprayen ist er nach wie vor begeistert. Seine Werke sind zwar abstrakt, gleichen aber nicht der zeitgenössischen minimalistischen Kunstform. "Ich würde mich sogar in der heutigen Zeit als romantischen Künstler bezeichnen, denn wer verwendet in der Szene noch einen Pinsel", sagt Magen.

Mitglied der Kunstszene 21

Die Mitgliedschaft im Künstlerverein Erding ermöglichte Magen einige kleine Ausstellungen, etwa im Rahmen der Jahresausstellung. Mittelfristig will er sich aber Richtung München orientieren: "Ich komme aus einer Großstadt und glaube einfach, dass ich in München besseren Anschluss finden könnte", sagt Magen. Diese Woche wurde er bereits in der "Kunstszene 21" aufgenommen, eine Künstlervereinigung aus München.

"Ich bin stolz auf mich, denn ich habe für Januar eine Zusage für eine Ausstellung im Showroom München bekommen", sagt David Magen und freut sich auf die Zusammenarbeit mit der Kunstszene in der Landeshauptstadt. Magen hat sich mittlerweile - soweit es geht - ins Leben zurückgekämpft. Einen Rollstuhl braucht er nicht mehr, aber noch immer trägt er einen Schlauch im Kopf mit sich herum, der den Gehirndruck reguliert. Auch tut er sich nach wie vor schwer, unter vielen Menschen zu sein.

Seit einiger Zeit lebt Magen in einer eigene Wohnung neben dem Elternhaus. In die Arbeit gehen kann er nicht, er ist auf staatliche Leistungen angewiesen. Aber ein Atelier hat er sich schon eingerichtet, in seiner Wohnung. "Ein weiterer Schritt in die Normalität", sagt David Magen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: