Rechte Szene in München:Neonazi-Treffen im Sumpf

Nach seiner Haftentlassung schart der Neonazi Martin Wiese im Landkreis Erding erneut Anhänger um sich. Offenbar versucht sich die rechte Szene in München neu zu formieren.

M. Maier-Albang, K. Vogel und A. Steiger

Nach der Haftentlassung des verurteilten Neonazis Martin Wiese versucht sich die rechte Szene in München offenbar neu zu formieren. Bereits am vergangenen Wochenende hatte die Polizei ein Neonazi-Treffen in Erding verhindert, an diesem Samstag trafen sich erneut Mitglieder der rechtsextremen Szene auf einem Seegrundstück bei Moosinning.

Auch dieses Mal scheint der wegen eines geplanten Anschlags auf die Eröffnungsfeier des Jüdischen Gemeindezentrums vorbestrafte Martin Wiese an der Organisation beteiligt gewesen zu sein: Wiese hatte am Samstag einen Laster mit Bierbänken zur Feier gefahren - der Laster steckte am Ende allerdings im sumpfigen Untergrund fest. Am Wochenende zuvor hatte eine Bekannte von Wiese unter Vorspiegelung falscher Tatsachen eine Erdinger Sportgaststätte für das Treffen der Rechtsradikalen angemietet.

Kenner der Szene gehen davon aus, dass Wiese, der zu sieben Jahren Haft verurteilt und im August 2010 entlassen worden war, nun mit Nachdruck versucht, die bislang zerstrittene Szene in der Region München zu einen und sich als Wortführer zu etablieren. Erst vor kurzem haben sich in der Stadt mehrere Kameradschaften zusammengeschlossen, auch Wiese wird dabei eine aktive Rolle zugeschrieben.

Zwar gibt es in Erding selbst nach Polizeiangaben keine den Behörden bekannten aktiven Rechtsextremisten, doch die Region bietet sich für die Treffen möglicherweise aus einem ganz einfachen Grund an: Martin Wiese wohnt in der Nähe von Landshut, sein Interessengebiet ist München - und Erding liegt auf dem Weg dazwischen.

In Moosinning sind nach Angaben des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord am Samstag 35 Personen auf einer Brachfläche in der Nähe eines Sees zusammengekommen. Bereits bei dem Treffen vor einer Woche war mit einem Flugblatt für die Party geworben worden, der Ort blieb jedoch ungenannt. Die Polizei verstärkte daraufhin ihre Kontrollen und überprüfte am Samstagnachmittag in der S2 nach Erding eine Gruppe von 13 Fahrgästen, von denen einige erkennbar zur rechtsradikalen Szene gehörten. Bei einem Mann wurde ein Dolch sichergestellt; auch zwei Flyer fanden die Beamten, in denen die "Jagdstaffel Süd" erwähnt wird, eine in München, Bad Tölz und Geretsried aktive Kameradschaft.

Vom Bahnhof in Aufhausen hatten die Rechten einen Shuttle-Service organisiert. Die Polizei habe die Veranstaltung nicht auflösen können, sagte Polizeisprecher Hans-Peter Kammerer, da es keine strafbare Handlung sei, sich zu einer Feier zu treffen.

In Freising trafen sich am Sonntag rund 30 Neonazis aus der Region, darunter laut Polizei auch Mitglieder der "Kameradschaft München-Nord". Nur ein Großaufgebot der Polizei konnte gewaltsame Zusammenstöße der Rechtsextremen mit rund 90 Gegendemonstranten verhindern. Ein "Aktionsbund Freising" hatte zu einer "Mahnwache" aufgerufen. Querverbindungen zwischen der Veranstaltung in Freising und dem Treffen in Erding sieht die Polizei nicht. Der "Aktionsbund Freising" indes freut sich auf seiner Homepage schon auf die "zukünftige Zusammenarbeit, insbesondere mit den Münchner Aktivisten".

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