Erding:Polizei bittet um Mithilfe

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Die Kripo will rekonstruieren, wo sich der Frauenarzt aus Erding am Mittwoch aufgehalten hat. Warum der 54-Jährige seine Frau getötet haben könnte, ist nach wie vor unklar

Von Florian Tempel

Bei den Ermittlungen gegen einen 54-jährigen Frauenarzt aus Erding, der unter dem dringenden Verdacht steht, am Mittwoch seine 60 Jahre alte Ehefrau getötet zu haben, geht die Kripo Erding einen ungewöhnlichen Weg. Die Polizei hat in Absprache mit der Staatsanwaltschaft ein Foto des Verdächtigen herausgegeben und bittet um "die Mithilfe der Bevölkerung". Die Polizei fragt konkret: "Wer hat den abgebildeten Mann am Mittwoch, 4. Dezember, im Zeitraum zwischen 11.40 und 19.15 Uhr im Bereich Erding oder Umgebung gesehen?" Weiter heißt es, dass er eventuell mit einem dunklen Mercedes-Kombi mit Osnabrücker Kennzeichen oder einem Fahrrad unterwegs war. Besonders wichtig ist der Polizei, ob ihn jemand dabei beobachtet hat, wie er Kleidungsstücke und Schuhe - von sich selbst - entsorgt hat, oder ob jemand "nicht zuordenbare Bekleidungsstücke" gefunden hat.

Offensichtlich sind die Verdachtsmomente gegen den Mann, der seit Freitag in Landshut in U-Haft sitzt und sich seitdem nicht mehr zum Tod seiner Frau geäußert hat, sehr stark. Polizeisprecher Hans-Peter Kammerer sagte, "es gibt ganz massive Zweifel an der Einlassung, unter welchen Umständen er seine Frau aufgefunden haben will". Der Arzt hatte zunächst behauptet, er habe am Mittwoch kurz nach 19 Uhr seine Ehefrau leblos im Bad ihres Reihenhauses im Erdinger Ortsteil Pretzen gefunden. Der Polizei seien jedoch schon bei der ersten Befragung Widersprüche aufgefallen. Es gebe zudem bislang keine Anhaltspunkte, dass ein Dritter, zum Beispiel ein Einbrecher, am Mittwoch in dem Haus war. Dass die Frau gewaltsam ums Leben gekommen ist, sei durch "sehr deutliche Ergebnisse der Obduktion" belegt, sagte Kammerer.

Einen genauen Zeitpunkt, an dem die Frau durch "stumpfe Gewalt gegen Körper und Hals", sprich Schläge, Würgen oder Erdrosseln, getötet wurde, wird zwar erst ein rechtsmedizinisches Gutachten ergeben. Die Kripo könne den Tatzeitraum allerdings schon jetzt "recht gut eingrenzen", sagte Kammerer. Deshalb frage die Polizei auch so genau, wer den 54-jährigen Arzt am Mittwoch zwischen 11.40 und 19.15 Uhr gesehen hat: "Es geht darum, die aus unserer Sicht letzten und absolut tatrelevanten Stunden zu rekonstruieren." An den Angaben des Verdächtigen, wie er den Mittwoch verbracht habe, "haben wir unsere Zweifel". Bei der Frage an die Bevölkerung, ob jemand gesehen habe, wie der Verdächtige Kleidungsstücke entsorgt habe, gehe es um mögliches Beweismaterial. An der Kleidung könnten sich "Blutanhaftungen" befinden. Dass der Verdächtige eventuell mit seinem Auto mit OS-Kennzeichen für Osnabrück unterwegs war, erklärt sich so: Der 54-Jährige hat erst vor eineinhalb Jahren eine Frauenarztpraxis in Erding übernommen, hatte aber noch immer seinen Erstwohnsitz in der Nähe von Osnabrück. Bis 2011 war er zuvor drei Jahre lang Chefarzt in einem Bremer Krankenhaus.

Bei den Ermittlungen zum möglichen Motiv des Verdächtigen sei die Kripo noch nicht sehr weit, sagte Kammerer. Allein aus der Konstellation Ehemann-Ehefrau auf eine Beziehungstat aus Eifersucht oder Hass zu schließen, sei womöglich zu kurz gedacht: "Von uns wird mehr verlangt."

© SZ vom 10.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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