Erding:Leitwolf, Buhmann und Arbeitstier

Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) kann im Wahlkampf eine ganze Reihe von Erfolgen vorweisen: Die Region Erding ist wirtschaftlich und bildungspolitisch ein Vorzeigemodell mit besten Prognosen

Von Thomas Daller

Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) bietet im Wahlkampf kaum Angriffsfläche. Wirtschaftlich ist der Landkreis Erding kerngesund, die Arbeitslosenzahlen sind konstant sehr niedrig und die Prognosen für die Zukunft glänzend. Nach Angaben des Landesamtes für Statistik ist Erding in den nächsten 15 Jahren der Landkreis mit den höchsten Zuzugsraten im Großraum München, die Bevölkerung wächst durchschnittlich um 2000 Einwohner pro Jahr. Ein Drittel der Bevölkerung ist 25 Jahre oder jünger, was für die weitere wirtschaftliche Entwicklung eine Riesenchance darstellt. Hinzu kommt das herausragende Bildungsangebot: Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahr 2011 liegt Erding unter 440 Landkreisen und kreisfreien Städten in den Top ten. Seither hat Erding erneut Bildungspunkte gesammelt: Alle Klassenzimmer in den Schulen des Landkreises sind mit modernen Multimedia-Tafeln ausgestattet worden; rund 3,5 Millionen Euro hat der Landkreis sind das kosten lassen. Aktuell laufen die Vorbereitung für den Bau einer Gesundheitsakademie am Kreisklinikum, mit dem man einen Pflegenotstand zuvorkommen will. Und der Focus zählt den Landkreis Erding anhand von sieben Faktoren zu den drei erfolgreichsten Regionen Deutschlands. Dabei spielt der Flughafen als Jobmotor eine Rolle, doch deswegen fällt einem nicht alles in den Schoß. Martin Bayerstorfer hat als Landrat erfolgreich Politik gemacht, die Fakten sprechen für ihn.

Ohnehin haben der Kreistag und die Kreisausschüsse diese Politik konstruktiv mitgetragen: Ob bei den Haushaltsberatungen oder Investitionen in die Bildung - einstimmige Beschlüsse sind in diesen Gremien keine Seltenheit. Selbst in Wahlkampfzeiten, in denen zugespitzt formuliert werden darf, kann man von massiven Fehlern oder Versäumnissen nicht sprechen, wenn von einem Dissens in den vergangenen sechs Jahren kaum etwas zu verzeichnen war. Doch auch wenn SPD, Grüne und Freie Wähler inhaltlich nicht für eine komplett andere Landkreispolitik stehen, ist das Klima in den Kreisgremien nicht immer eitel Sonnenschein. Denn mit Kritik kann Bayerstorfer je nach Tagesform nicht immer gut umgehen, oft interpretiert er sie als persönliche Kränkung. Seine rhetorischen Konter sind dann von einer unterkühlten Schärfe, als müsse er unentwegt um seine Position als Leitwolf kämpfen: Zuerst zerpflückt er die Kritik nach etwaigen Formfehlern und dann kommt die Antwort wie eine geschmetterte Rückhand.

Bayerstorfer hat einen ausgeprägten politischen Instinkt, der sich bereits früh zeigte. 1990 wurde er mit Anfang 20 Bürgermeister von Hohenpolding und damit der jüngste Bürgermeister in Bayern. Bereits 1993 wurde er stellvertretender CSU-Kreisvorsitzender im Landkreis Erding. 1996 wurde er in den Kreistag gewählt und trat als Nachrücker der Oberbayern-Liste in den Bayerischen Landtag ein. 2001 wurde Bayerstorfer zum Kreisvorsitzenden der CSU und ein Jahr später bei den Kommunalwahlen mit 67,9 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang zum Landrat gewählt. Seit 2007 ist Bayerstorfer zudem stellvertretender Vorsitzender der CSU Oberbayern und damit gut vernetzt.

Allerdings muss er auch das auslöffeln, was ihm Ministerpräsident Horst Seehofer einbrockt. Das hat ihn bei der Energiewende im Landkreis Erding Sympathien gekostet, obwohl Bayerstorfers Ansatz juristisch stimmig war und vorrangig dem Schutz der Bürger dienen sollte. Um zu verhindern, dass Windkraftanlagen bis zu 600 Meter an die Wohnbebauung heranrücken dürfen und es zu einer flächendeckenden "Verspargelung" kommen könnte, koordinierte der Landkreis einen Teilflächennutzungsplan der Gemeinden. Denn nur damit konnte man die geltenden Mindestabstände aushebeln und sie auf einen Kilometer ausdehnen. Die gute Absicht wurde aber zunichte gemacht, als Seehofer bei der Windkraft eine Kehrtwende machte und sich plötzlich für zwei Kilometer Abstand zur Wohnbebauung einsetzte. Plötzlich war Bayerstorfer der Buhmann, obwohl die Intention des Teilflächennutzungsplan gerade auf den Schutz der Bürger abzielen sollte. Das hat sein Ansehen beispielsweise in Buch am Buchrain beschädigt, aber das sind vergleichsweise Marginalien. Bayerstorfer muss nicht zum ersten Mal den Kopf hinhalten, wenn es um die Bayerische Staatsregierung geht. So ist die CSU auf Landesebene für die dritte Startbahn und auf Kreisebene dagegen, genauso war es mit der A 94: CSU, die Christlich Schizophrene Union.

Der Landrat gilt als Arbeitstier, der auch am Abend und am Wochenende kaum einen Termin auslässt. Im Wahlkampf lässt er kaum eine Ortsteilversammlung der CSU aus, um sein Programm für die nächsten Jahre vorzustellen: Mit einem Erbpachtmodell will man jungen Familien den Weg zu Wohneigentum erleichtern. Die Kreiskliniken Erding und Dorfen sollen weiter entwickelt werden. Zertifizierte Bildungsregion soll der Landkreis werden. Den Breitbandausbau will man unterstützen und sich gegen die "ungezügelte Gewerbeentwicklung" im Flughafenareal einsetzen. Eine Energiegesellschaft will man gründen, ein neues Konzept zur Kulturförderung wird vorbereitet und ein schuldenfreier Kreishaushalt steht auch noch im Programm. Und dabei betont Bayerstorfer, dass die CSU ihr Programm von 2008 auch schon Punkt für Punkt abgearbeitet habe. Man stehe zu den Versprechen. Und dann kann es wie beim Neuwirt in Schwindkirchen passieren, dass die Bürger mit ihren Nöten kommen: Dort beschwerte sich der Kommandant einer kleinen Feuerwehr, dass er Probleme mit dem Finanzamt habe, weil seine Wehr mit ihren Festen zu viel Gewinn erziele. Das sind wohl Sorgen, die man in anderen Regionen gern hätte.

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