Erding:Landratsamt rechtfertigt Einkleideaktion

Das Landratsamt Erding begründet die Zuteilung von Kleidern und Schuhen an Flüchtlinge mit Bedenken der Einzelhändler. Die Filialleiterinnen von vier Geschäften bestätigen das nicht, sondern sagen nur, dass das bisherige Gutscheinsystem kompliziert war.

Von Florian Tempel

Erding: Kleiderausgabe für Asylbewerber im Korbinian Aigner Gymnasium.

Kleiderausgabe für Asylbewerber im Korbinian Aigner Gymnasium.

(Foto: Renate Schmidt)

Das Landratsamt rechtfertigt die zentrale Einkleideaktion für Flüchtlinge am vergangenen Dienstag damit, dass lokale Textil- und Schuhgeschäfte die früher von der Behörde ausgegebenen Gutscheine nicht mehr akzeptieren wollten. 2012 konnten Asylbewerber noch in ganz normalen Geschäften Kleidung und Schuhe aussuchen. In einer Pressemitteilung heißt es: "Es ist Tatsache, dass die Bereitschaft der Erdinger Geschäfte, den Asylbewerbern einen Einkauf mit dem Gutscheinsystem anzubieten, deutlich zurückgegangen ist und die Versorgung dadurch problematisch wurde." Um wie viele Geschäfte es sich handelte, lässt das Landratsamt offen. Heinz Fischer, Stellvertreter im Amt von Landrat Martin Bayerstorfer (CSU), hatte am Dienstag gesagt, das Landratsamt hätte früher mit vier oder fünf Geschäften vereinbart, dass diese Einkaufsgutscheine von Flüchtlingen annehmen.

Claudia Fritsch, Leiterin der C&A-Filiale im Gewerbegebiet Erding West, sagte der SZ, sie habe "keine Probleme" mit den Gutscheinen gehabt und sich nicht beim Landratsamt über das System beklagt. Die Leiterinnen zweier Filialen anderer Textilketten und eines Schuhgeschäfts, die nicht namentlich genannt werden wollen, bewerteten das frühere Gutscheinsystem zwar als durchaus kompliziert. Sie beteuerten jedoch ebenfalls, sie hätten die Gutscheine dennoch weiterhin angenommen. Die Entscheidung bei einem Gutscheinsystem für Flüchtlinge mitzumachen oder nicht, liege zudem gar nicht in ihrem Ermessen, sondern werde in ihren jeweiligen Konzernzentralen getroffen. Anweisungen, keine Flüchtlingsgutscheine zu akzeptieren, hätten sie nicht erhalten.

Das Landratsamt weist in seiner Pressemitteilung weiter auf die "geltende Gesetzeslage" hin, laut der Kleidung Flüchtlingen vorrangig als Sachleistung gewährt werden müsse. Darauf sei man sogar von der Regierung von Oberbayern erst in der vergangenen Woche hingewiesen worden. Der Pressesprecher der Regierung von Oberbayern, Stefan Frey, sagte, das "Sachleistungsprinzip" stehe zwar so im Gesetz. Es beziehe sich aber vor allem auf staatliche Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge. Im Landkreis Erding gibt es keine Gemeinschaftsunterkunft. Bei der sogenannten dezentralen Unterbringen sehe das Gesetz neben der Möglichkeit, Gutscheine auszugeben, auch vor, das Kleidergeld bar an die Flüchtlinge auszuzahlen. Seine Behörde gebe den Landratsämtern "überhaupt keine Handlungsanweisungen" wie sie die Versorgung von Flüchtlingen mit Bekleidung und Schuhen zu handhaben hätten. Die Landratsämter "entscheiden selbst, wie sie es machen". Frey verwies zudem darauf, dass die bayerische Staatsregierung Ende Juli beschlossen habe, das "Sachleistungsprinzip zu flexibilisieren". Frey erläuterte dazu: "Übersetzt heißt das für mich, wir sollten den Gesetzesspielraum so weit wie möglich auslegen."

In der Pressemitteilung des Landratsamtes heißt es weiter, Kritik an der Qualität und der Auswahlmöglichkeit der am Flüchtlingseinkleidetag in der Aula des Korbinian-Aigner-Gymnasiums ausgebreiteten Waren sei "jetzt erstmals geäußert" worden. Die Firma, welche die Textilien und Schuhe anlieferte, habe "tadellose Referenzen". Zahlreiche Flüchtlinge hatte allerdings vor der Einkleideaktion schriftlich beim Landratsamt protestiert. Nach dem Dienstag waren erneut viele Flüchtlinge sehr unzufrieden.

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