Erdinger Künstler:Mustergültiger Einmannbetrieb

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Benno Hauber in seiner Atelier-Werkstatt in der Maurermeistergasse im Jahr 1981. An den Wänden hängen seine Gemälde, die hier, am Entstehungsort, auch zu erwerben waren. (Foto: Ingrid Demel/Museum Erding)

Benno Hauber war einer der prägenden Künstler der Stadt Erding. Albrecht Gribl würdigt den Grafiker und Maler mit einer Monografie.

Von Florian Tempel, Erding

Ein wichtiger und wesentlicher Teil der Kunstgeschichte besteht aus Biografien. Das Leben von Künstlerinnen und Künstlern ist selten eintönig und langweilig, sondern ganz oft spannend und mitreißend. Es gibt Malerfürsten, die auf einer Welle des Erfolgs schwammen und sich prächtige Villen bauten. Es gibt die verkannten Genies, die ein Leben lang auf Anerkennung warteten, aber einsam und arm starben. Manche sind weltberühmt, von anderen – man denke an mittelalterliche Buchmaler oder gotische Holzschnitzer – kennt man nicht einmal den Namen. So oder so, ist es interessant und wichtig dem Leben derer nachzuspüren, die in gewisser Weise noch immer da sind, weil sie in ihren Werken weiterleben.

Der Erdinger Grafiker und Maler Benno Hauber (1924 bis 1994) war einer der prägenden Künstler seiner Stadt. Er hat in Erding an vielen Stellen seine Spuren hinterlassen. An Fassaden vieler Gebäude finden sich Bilder, grafische Dekors oder Schriftzüge, die er entworfen und angefertigt hat. Aber nicht nur im öffentlichen Raum sind Haubers Werke präsent. In ganz vielen Erdinger Haushalten hängen seine Landschaften, Stadtansichten oder auch abstrakte Bilder. Zum 100. Geburtstag werden Hauber und sein Œuvre in Erding auf verschiedene Weise gewürdigt. Es gab schon einen Festakt und einen Vortrag, ein Künstlerweg mit 100 Stationen und eine Werkschau im Frauenkircherl kommen noch – und das ist noch nicht alles.

Eines aber, was auch nach dem Benno-Hauber-Jubiläumsjahr bleiben wird, ist die Monografie, die Albrecht Gribl verfasst hat. „Benno Hauber – Ein Erdinger Künstlerleben“ stellt sein Leben und sein Werk auf 339 Seiten umfassend und reich bebildert dar. Es ist die Biografie eines ganz besonderen Künstlertypus geworden, der in der allgemeinen Kunstgeschichte sonst kaum Beachtung findet. Hauber ist ein durch und durch lokaler Künstler, der sich seinen Platz in seiner Stadt mit Kreativität und Beharrlichkeit erarbeitet hat.

„In jedem Erdinger Haus soll ein Bild von mir hängen“

Der Sohn aus einer Arbeiter- und Bauernfamilie litt lange darunter, keine Anerkennung zu finden. Weil er keine akademische Ausbildung hatte, sondern als Grafiker und Schriftenmaler sein Geld verdiente, sahen ihn viele als reinen Handwerker. Erst 1982, als Landrat Hans Zehetmair ihm den Kulturpreis des Landkreises Erding verlieh – Hauber war damals 58 Jahre alt –, gelang ihm der soziale Durchbruch. Endlich wurde er als Künstler gesehen. Das gab ihm einen unheimlichen Schub. „Da habe ich gemalt wie ein Irrer“, ist ein wahres Benno-Hauber-Zitat, das Gribl entdeckt hat. 30 Jahre lang hatte er von der Werbegrafik gelebt, leben müssen. „Die letzten zwölf Jahre hatte er sein Ziel erreicht und konnte nur noch malen“, sagt Gribl.

Zwei undatierte Plakatentwürfe für die Süddeutsche Zeitung. (Foto: Museum Erding)

Und es lief gut. Seine Landschaften aus dem Erdinger Moos und seine Erdinger Ansichten fanden Käufer. „In jedem Erdinger Haus soll ein Bild von mir hängen“, wünschte er sich. Auch als Kunstmaler blieb er Geschäftsmann. Einen Galeristen brauchte er nicht, wollte er nicht. Seine Werkstatt in der Maurermeistergasse war zugleich auch Atelier und Galerie, die Wände hingen voll mit seinen Bildern. Er malte in Acryl und nicht in Öl, auf Hartfaserplatten und nicht auf Leinwand, weil ihm das zu teuer war. Seine Ehefrau Lore hat es im letzten Satz einer kurzen Lebensbeschreibung über ihren Mann so zusammengefasst: „Und was man noch erwähnen muss, er war immer allein – ein mustergültiger Einmannbetrieb.“

Gribl hat drei Jahre lang an seinem Benno-Hauber-Buch gearbeitet, das die Nachwelt mit dieser hochinteressanten Künstlerpersönlichkeit bekannt macht. Etwa 2013 war Gribl selbst erstmals mit Hauber in Berührung gekommen, als er bei der Neugestaltung des Museums Erding unter anderem die Abteilung Kunst und Künstler neu konzipierte. Er fiel ihm auf, weil er so viele Arbeiten im öffentlichen Raum hinterlassen hat. Und das sind keine Nebensächlichkeiten, sondern wichtige Werke, die das Stadtbild prägen.

Der Schöne Turm von Osten, gemalt in Dispersionsfarben auf Hartfaserplatte. Das Bild aus dem Jahr 1984 ist im Privatbesitz von Museumsleiter Harald Krause. (Foto: privat)

Hauber hat das Doppelwappen auf dem Schönen Turm entworfen, das die Wappen der Stadt und des Landkreises vereint. Er hat dazu die zwei Reiher, die sich bereits auf uralten Erdinger Siegeln finden, als einen Doppel-Reiher neu erfunden. Allein über dieses fantastisch gelungene Konzept könnte Gribl stundenlang schwärmen. Hauber hat auch die Madonna-Sonnenuhr auf dem Turm des Frauenkircherl entworfen und natürlich persönlich dort hingemalt. Er hat den Schriftzug für das Gewandhaus Gruber erfunden und den für die Stadtapotheke. Gribl staunte, wie viel da überall ist, ahnte zugleich, dass da noch viel zu entdecken sei, und wundert sich, „dass es nichts Schriftliches zu Hauber gegeben hat, nichts“.

2020 gab dann Ernst Howerka, den mit Benno Hauber nicht nur Bewunderung, sondern eine persönliche Freundschaft verband, den Anstoß, ihn doch endlich als wichtigen Erdinger Künstler dauerhaft zu würdigen. Gribl nahm die Arbeit auf, besuchte Nachfahren und kontaktierte Freunde Haubers, las alte Zeitungsartikel und fragte sich durch. Neben ihm als Rechercheur und Verfasser der Biografie bildete sich eine ganze Arbeitsgruppe, die die Erfassung von Werken im Privatbesitz organisierte und weitere Aktionen zum Jubiläumsjahr vorbereitete. Herausgeber des Buches ist das Museum Erding. Für den fairen Preis von 28 Euro kann man es dort, im Museum Franz Xaver Stahl und in ausgewählten Buchläden erwerben.

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