Stadtentwicklung in Erding:Visionen ausdrücklich erlaubt

Stadtentwicklung in Erding: Zur Auftaktveranstaltung des Isek-Prozesses gehörte im Rahmen einer Beteiligung der Bürger auch ein Spaziergang durch die Stadt.

Zur Auftaktveranstaltung des Isek-Prozesses gehörte im Rahmen einer Beteiligung der Bürger auch ein Spaziergang durch die Stadt.

(Foto: Renate Schmidt)

Zum Auftakt des integrierten städtebaulichen Innenstadt-Entwicklungskonzepts Isek werden bei einer Diskussion nebst Spaziergang Ideen gesammelt, Perspektiven und Potentiale angedeutet. Es ist von einer Seilbahn zum neuen Bahnhof die Rede, von Ruhezonen und bezahlbaren Wohnformen.

Von Philipp Schmitt, Erding

"Erding wird sich massiv verändern. Wir müssen uns dem Wandel stellen und die Chancen nutzen", sagt Oberbürgermeister Max Gotz (CSU). In Erding will man dafür das neue integrierte städtebauliche Innenstadt-Entwicklungskonzept (Isek) nutzen, für das am Freitag die Auftaktveranstaltung stattfand. Auch der OB nahm am zugehörigen Innenstadtforum teil. Es geht beim Isek um neue Akzente, Impulse, Möglichkeiten für eine zukunftsfähige Altstadt. Dazu gibt es ein Sammelsurium an Themen und Ideen: Die Konversion am Fliegerhorst-Gelände, die Neugestaltung der Areale "Mayr-Wirt", "Feuerwehr/Alter Bauhof" und "Am Mühlgraben" sowie die Aufwertung öffentlicher Plätze und der Landshuter Straße und Dorfener Straße. Eine Rolle spielen zudem Corona-Pandemie, E-Mobilität, Klimaschutz und Integration von Flüchtlingen.

Welche Perspektiven und Potentiale gibt es? Antworten sollen engagierte Bürger mit Vertretern der Stadt, Experten im Rathaus - Stadtbaumeister Sebastian Henrich, Lolita Liening vom Stadtplanungsamt - und des beauftragten Wiener Büros "Raumposition" entwickeln. Am Freitag fanden Stadtspaziergänge und das Dialog-Forum im Schrannensaal mit mehr als 70 Teilnehmern statt. Beim Workshop wurde an den Tischen mit den Plänen zu den Themen "Straßen/Plätze", "Grün- und Freiräume" und "Entwicklungsbausteine" diskutiert. Polarisierende Themen waren Parkplätze und -häuser, die Fußgängerzone Lange Zeile und die Anbindung an den neuen Bahnhof.

Stadtentwicklung in Erding: Die Landshuter Straße soll die neue Bahnhofstraße werden.

Die Landshuter Straße soll die neue Bahnhofstraße werden.

(Foto: Renate Schmidt)

"Die beachtliche Zahl und das Engagement der Teilnehmer freut mich", sagte Gotz. Statt "Grantlerei" seien aktives Mitwirken und eine Kultur des Miteinanders bei der Entwicklung des Isek wichtig. Der Wandel müsse gemeinsam angepackt und in bestehende Strukturen integriert werden, damit sich die Einwohner "weiter in der Stadt wohl und sicher fühlen können". Im Isek müssten der demografischen Wandel und der Fachkräftemangel berücksichtigt werden.

Stadtentwicklung in Erding: Der Oberbürgermeister freute sich über die rege Teilnahme an Diskussion und Spaziergang, bei dem man auch am Mühlgraben Station machte.

Der Oberbürgermeister freute sich über die rege Teilnahme an Diskussion und Spaziergang, bei dem man auch am Mühlgraben Station machte.

(Foto: Renate Schmidt)

Auch Visionen seien im Isek erlaubt, hieß es. Gotz könnte sich als Attraktion für die Innenstadt als Anbindung vom Kreisverkehr Landshuter Straße/Dorfener Straße zum neuen Bahnhof eine Seilbahn vorstellen. Die Landshuter Straße und Dorfener Straße sollen, mit oder ohne Seilbahn, aufgewertet werden. Auch ein weiterer Stadtpark sei auf dem Fliegerhorst-Gelände denkbar. Zunächst müsse aber der Grunderwerb gesichert werden. Im neuen Stadtteil könnten bis zu 6000 Menschen wohnen, die Konversion könne 30 Jahre dauern. Der neue Bahnhof als Teil der "ökologischen Verkehrswende" und des S-Bahnringschlusses zum Flughafen könnten nach etwa fünf Jahren Bauzeit in den 2030er Jahren fertig werden. Die S-Bahntrasse soll unterirdisch im Tunnel verlaufen, die alten Gleise zur "Grünen Fuge" zwischen neuem Bahnhofsquartier, Fliegerhorst und altem Stadtpark werden. Im Bereich des heutigen Bahnhofs soll ein Wohnquartier entstehen. Anwohner äußerten Sorgen im Kontext mit den Mega-Baustellen.

Beim Thema "Mayr-Wirt-Areal" sieht OB Gotz keinen Zeitdruck

Beim Thema "Mayr-Wirt-Areal" sieht Gotz keinen Zeitdruck. Das brach liegende Traditionsgasthaus in zentraler Lage an der Haager Straße im Eigentum der Stadt wird derzeit abgebrochen. Die künftige Nutzung des für die Entwicklung der Altstadt wichtigen Grundstücks müsse "gut überlegt werden". Einen Zeitplan gibt es noch nicht. Die Stadt müsse künftig "einen sehr starken Sparkurs" verfolgen, sagte der OB.

Stadtentwicklung in Erding: Vom Treffpunkt am Schrannenplatz aus führten René Ziegler und Lucia Paulhart vom Büro "Raumposition" die Bürger durch die Stadt.

Vom Treffpunkt am Schrannenplatz aus führten René Ziegler und Lucia Paulhart vom Büro "Raumposition" die Bürger durch die Stadt.

(Foto: Renate Schmidt)

Bei den Rundgängen mit René Ziegler und Lucia Paulhart vom Büro "Raumposition" wurden Ideen gesammelt. Eine autofreie Lange Zeile zumindest am Wochenende wurde gefordert. Andere wollten sogar noch mehr Stellplätze in der Altstadt. Gotz, CSU-Stadtrat Hubert Sandtner sowie Modehaus-Chef und Interessensgemeinschaft-Ardeo-Vorsitzender Wolfgang Kraus und Gewandhaus-Juniorchef Leopold Gruber äußerten im Hinblick auf eine Fußgängerzone Bedenken. Sie befürchten eine Verödung der Innenstadt, die nicht zum Museum werden dürfe. Würde zudem der Parkplatz "Am Mühlgraben" umgestaltet und verschwinden, wäre das Kraus zufolge für die Geschäfte der Innenstadt "eine Katastrophe".

An einer Fußgängerzone scheiden sich die Geister

Stadtrat Thomas Schmidbauer (Erding - Jetzt) kann sich eine partielle Fußgängerzone vorstellen, sie dürfe den Einzelhändlern und Anwohnern der Innenstadt aber nicht schaden. Zweite Bürgermeisterin Petra Bauernfeind (FW) möchte zwar möglichst wenige Autos in der Innenstadt haben, ein geeigneter Standort für ein neues Parkhaus oder eine Tiefgarage in der Nähe der Altstadt müsse aber gefunden werden. Eine Seniorin äußerte die Sorge, sich in einem Parkhaus nicht mehr zurechtzufinden. Die Stadtratsmitglieder Helga Stieglmeier und Herbert Maier (Grüne) wünschen sich mehr E-Mobilität und einen autonomen E-Bus zwischen Innenstadt und Bahnhof sowie mehr E-Ladestellen. Eine Anwohnerin am Gestütring sagte, dass sie im Kontext mit dem neuen Bahnhof dort künftig "ein Park-Chaos" befürchtet. Die Anwohner bräuchten mehr Parkmöglichkeiten.

Die Anbindung des neuen Bahnhofs über die Landshuter Straße und Dorfener Straße soll zum Aushängeschild werden. Eine Teilnehmerin monierte aber, dass ihr der Weg von der Altstadt zum Bahnhof zu lang wäre. Die künftige Nutzung des Schönen Turms und des Friseur-Hauses an der Landshuter Straße wurden ebenfalls erörtert. Beim Spaziergang wurde der Garten des Franz-Xaver-Stahl-Museums, der über einen Luftschutzkeller und Bilder-Depot liegt, besucht: "Eine kreative Oase, die nicht verändert wird", sagte Heike Schmidt-Kronseder (FW) dazu, die für das Museum zuständig ist. Neben dem Museum wird ein Kunst- und Begegnungshaus neu gebaut. Die Vorsitzende des Historischen Vereins Erding hofft, dass rund um die alte Kastanie vor dem Museum die Landshuter Straße mit Ruhezonen und Brunnen zur "Prachtstraße" aufgewertet wird. Planer Ziegler bezeichnete den Museumsbereich als "Perle der Innenstadt".

Stadtentwicklung in Erding: Rund um die alte Kastanie vor dem Franz-Xaver-Stahl-Museum könnte die Landshuter Straße mit Ruhezonen und Brunnen zur "Prachtstraße" aufgewertet werden.

Rund um die alte Kastanie vor dem Franz-Xaver-Stahl-Museum könnte die Landshuter Straße mit Ruhezonen und Brunnen zur "Prachtstraße" aufgewertet werden.

(Foto: Renate Schmidt)

Die Landshuter Straße soll das neue Bahnhofsquartier mit der von Sempt und Fehlbach umringten Altstadt verknüpfen, wobei auch die Umgestaltung des Parkplatzes am Mühlgraben als künftig nutzungsgemischtes Quartier wichtiges Bindeglied zur Altstadt werden soll. Stadtrat Walter Koppe (Linke) schlug darüber hinaus die Nutzung der abschließbaren offenen Fläche zwischen Langer Zeile, Palais und Landratsamt für Kunstausstellungen und Jugendkultur vor. Eva Kolenda und Horst Schmidt (beide SPD) hoffen auf für Familien bezahlbare Wohnformen in der Altstadt, die im Isek verankert werden sollten. Im Frühjahr 2023 soll eine Projekt-Zeitung über die Planung informieren. Im Sommer 2023 möchten die Planer den Entwurf des integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepts für die Erdinger Innenstadt präsentieren.

Zur SZ-Startseite

Erdinger Stadtentwicklung
:Unter Druck

Die Stadt treibt die Planungen für den neuen Bahnhof am Fliegerhorst voran. Jetzt gibt es eine vertiefte Machbarkeitsstudie für den zugehörigen Busbahnhof. Nur bei den Eigentumsverhandlungen geht es Oberbürgermeister Max Gotz nicht schnell genug.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: