Süddeutsche Zeitung

Erding:Interkulturelle Kompetenz auf dem Stundenplan

Das Bildungszentrum für Gesundheitsberufe weitet sein Angebot aus. Auch Neugeborenenpflege kann gelernt werden

Von Thomas Daller, Erding

Das Bildungszentrum für Gesundheitsberufe in Erding engagiert sich über die Kernkompetenz hinaus auch in vielseitiger Weiterbildung. Jüngst sind dabei die Kompetenzerweiterung Neugeborenenpflege sowie die Interkulturelle Kompetenz in der Pflege hinzugekommen. Der nächste Kurs zur Neugeborenenpflege soll im März starten, wenn Corona nicht wieder alles durcheinander bringt. Und das Modul Interkulturelle Kompetenz in der Pflege soll mittelfristig in die generalisierte Pflegeausbildung am Bildungszentrum integriert werden. Damit wäre der Landkreis Erding Vorreiter auf dem Gebiet.

Die stationäre und ambulante Pflege stehe vor einer kulturellen Herausforderung, sagte Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) bei einem Pressegespräch. Auf der einen Seite solle der Mangel an Pflegepersonal durch ausländische Pflegekräfte gedeckt werden, auf der anderen Seite werde in den nächsten Jahren das Kundenpotenzial ebenfalls kulturell vielfältiger. Somit werde sich in Bezug auf Sprache und Kultur eine Differenz ergeben, welche zu Spannungen zwischen den Pflegekräften führen könne.

Der Landkreis Erding habe diese Problemstellung erkannt. Auf Anstoß der Kreisrätin Sosa Balderanou habe der Landkreis dafür gesorgt, dass in seinem landkreiseigenen Bildungszentrum für Gesundheitsberufe in Kooperation mit der Gesundheitsregion plus den deutschen und ausländischen Pflegekräften eine Option zur Weiterentwicklung geboten werde. Im Rahmen des bereits angebotenen Lehrgangs zur Anerkennung der im Ausland erworbenen Pflegeausbildung sei erstmals in einem Pilotprojekt das Modul "Kultur- und Kommunikationskompetenz" integriert worden.

Bei der Neugeborenenpflege setze sich das Konzept der integrativen Wochenbettpflege mehr und mehr durch, berichtete Bayerstorfer weiter. Die zugrunde liegende Idee sei, dass Mutter und Kind nicht von zwei unterschiedlichen Pflegebereichen betreut werden, sondern eine Pflegekraft sich um sämtliche Belange von Mutter, Vater und Kind kümmere. Um eine gute pflegerische Betreuung zu ermöglichen, müsse die Einheit von Mutter und Kind auch nach der Geburt ernst genommen werden. Das bedeute für Pflegekräfte, dass sie sich sowohl in Belangen der Krankenpflege als auch der Kinderkrankenpflege auskennen müssten. Hier setze der Kurs "Kompetenzerweiterung Neugeborenenpflege" des Bildungszentrums für Gesundheitsberufe Erding an. "Um den besonderen seelischen und körperlichen Bedürfnissen eines Neugeborenen gerecht werden zu können, bedarf es umfassenden Wissens und hohe Aufmerksamkeit", sagte Nadine Ottiger, die den Kurs leitet. Das Angebot des Bildungszentrums stoße mittlerweile auf überregionales Interesse. Neben Erding würden mittlerweile auch Kursteilnehmer aus den Landkreisen Dachau, Ebersberg und Fürstenfeldbruck teilnehmen. Dabei werden Inhalte wie Betreuung eines gesunden Neugeborenen, einer Wöchnerin, Stillen und Infant Handling vermittelt. Zudem sammeln die Teilnehmer praktische Erfahrung auf einer Entbindungsstation beziehungsweise im Kinderzimmer.

Der Kurs richte sich explizit an Gesundheits- und Krankenpfleger und -pflegerinnen und verfolge das Ziel, die Kompetenz zur Versorgung eines gesunden Neugeborenen zu erweitern, um eine professionelle pflegerische Betreuung sicherzustellen. In der Grundausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflege falle der pädiatrische Anteil gering aus und könne bei Pflegefachkräften, die auf den Entbindungsstationen arbeiten, zu Unsicherheiten führen. "Genau hier setzt unser Kurs der Neugeborenenpflege an. Das Bildungszentrum will diese Lücke schließen und den Pflegekräften Sicherheit und Vertrauen im Umgang mit Neugeborenen geben", sagte Landrat Bayerstorfer. "Durch zahlreiche Best-Practice-Beispiele, Simulationen und praxisnahes Arbeiten wird Alltagsnähe erzeugt und die Kompetenz der Kursteilnehmer gestärkt", ergänzte Michael Gügel, Leiter des Bildungszentrums.

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SZ vom 12.01.2021
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