Erding:Integrationspreis für Flüchtlingshilfe

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Die Flüchtlingshilfe auf dem Fliegerhorstgelände unterstützt nicht allein Flüchtlinge, sondern zahlreiche Initiativen und Bedürftige. (Foto: Stephan Görlich)

Initiative erhält Corona-Sonderpreis für herausragendes Engagement. Aber der Verein steht kurz vor dem Aus: Sie müssen Ende des Jahres die Lagerhallen am Fliegerhorst verlassen und finden keinen Ersatz

Von Thomas Daller, Erding

Die Flüchtlingshilfe Erding hat als eine von dreizehn Initiativen den Oberbayerischen Integrationspreis erhalten. Die Auszeichnung wurde am Montag Nachmittag im Bayerischen Innenministerium verliehen. Die Flüchtlingshilfe wurde mit dem Corona-Sonderpreis ausgezeichnet, der mit 750 Euro dotiert ist. Allerdings ist bei der Flüchtlingshilfe die Freude getrübt: Bis Ende des Jahres muss sie wie alle zivilen Untermieter den Fliegerhorst verlassen. Dort konnte sie bislang zwei Fahrzeughallen als Lagerräume nutzen. Ersatz ist nicht in Sicht: "Es gibt in Erding keinen Leerstand", sagt Sabrina Tarantik, Vorsitzende und Leiterin der Geschäftsstelle der Flüchtlingshilfe Erding. "Und wenn, würde uns das mehrere 1000 Euro monatlich kosten. Das ist für uns finanziell nicht zu stemmen." Wenn man kein Lager mehr habe, müsse man die Arbeit einstellen.

Seit sechs Jahren gibt es die Flüchtlingshilfe. Los ging es, als 2015 die Turnhalle der Berufsschule in Erding zum provisorischen Notquartier für Geflüchtete wurde. Die Bundeswehr stellte damals spontan und unkompliziert die beiden Hallen zur Verfügung, bis heute. Als der Warteraum Asyl eingerichtet wurde, war die Flüchtlingshilfe schon am Fliegerhorst, und versorgte in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz mehr als 100 000 Geflüchtete, die bis Frühjahr 2016 das Durchgangslager durchliefen, mit Kleidung und dem Nötigsten. Als die Grenzen dichtgemacht wurden, öffnete die Flüchtlingshilfe ihr Angebot für andere Bedürftige. Sie richtete einen sozialen Kleiderladen ein, unterstützt die örtlichen Tafeln und kooperiert seitdem deutschlandweit und international.

Die zwei Fahrzeughallen auf dem Fliegerhorstgelände sind voll mit Kleidung, Hygieneartikeln, Kinderausstattung und allem Möglichen. Hier lagern, bestens sortiert und griffbereit, kleine und größere Dinge, die Menschen brauchen können, die nichts mehr haben. Dutzende Freiwillige helfen unermüdlich mit, Sachspenden für Geflüchtete, Obdachlose oder Opfer von Naturkatastrophen zu sichten, sinnvoll zu ordnen und abholbereit zu machen. Andere der etwa 80 aktiven Vereinsmitglieder kümmern sich um Spendenakquise, Fundraising, Öffentlichkeitsarbeit und Bürokram.

Der Verein hat inzwischen 125 Mitglieder, davon 70 aktive Helfer, darunter rund 35 Geflüchtete. "Von Anfang an unterstützten Geflüchtete das Projekt als Helfer, denn sie wollten ,etwas zurück geben'", heißt es in der Laudatio. "Die gemeinsame Arbeit erleichtert Spracherwerb und Integration, es bilden sich Freundschaften unter den Helfern. In Corona-Zeiten haben sich die Vereinsmitglieder herausragend engagiert durch Lebensmittelausgaben bei der Tafel und durch das Nähen von Alltagsmasken für Pflege- und Behinderteneinrichtungen, allein 660 Stück für ein Behinderten-Förderzentrum in München. Die Jury hat dieses Engagement mit dem Corona-Sonderpreis ausgezeichnet."

Nun steht das Weiterbestehen der Flüchtlingshilfe infrage. Selbst für den Kleiderladen bräuchte man weiterhin ein Lager. "Es sieht schlecht aus, wir haben nichts in Aussicht", sagt Tarantik. "Die ganze Vereinstätigkeit dreht sich um Sachspenden", ohne Halle fehle die Basis. Es gebe auch keine vorläufige Übergangslösung. "Wir haben auch versucht, die Politik mit einzubinden und um Unterstützung gebeten, aber die Politiker haben daheim auch keine freie Halle", sagte die Vereinsvorsitzende. Und selbst wenn man eine Halle finden würde, dann würde das entsprechend hohe monatliche Mietkosten mit sich bringen. "Wir erhalten keine finanzielle Unterstützung, weder von der Stadt, noch vom Landkreis", sagte Tarantik. Die Kreisstadt stelle ja bereits die Räumlichkeiten für den Kleiderladen zur Verfügung.

Und die Hoffnung stirbt zuletzt: "Vielleicht wird durch die Berichterstattung jemand auf uns aufmerksam, der uns Lagerräume, beispielsweise auf einem alten Bauernhof, zur Verfügung stellen könnte", rund 500 Quadratmeter, auf denen man auch Kleidung lagern könne. Ansonsten werde man im November, spätestens im Dezember, die Hallen im Fliegerhorst räumen und aufhören müssen.

© SZ vom 26.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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