Erding:Heilende Luft

Kinder Tschernobyl

Eine Gruppe Kinder aus dem weißrussischen Dorf Korotkij darf wieder für vier Wochen Urlaub in Erding machen.

(Foto: privat)

Tschernobylverein holt wieder 32 Kinder nach Erding. Vier Wochen können sich die Körper von der Strahlenbelastung erholen

Von Tanja Kunesch, Erding

29 Jahre sind eine lange Zeit. Und gleichzeitig auch wieder nicht. Seit der Nuklearkatastrophe in Tschernobyl am 26. April 1986 sind weite Teile der Region immer noch kontaminiert. Der Verein "Erdinger Hilfe für Tschernobyl Kinder" holt auch dieses Jahr wieder 32 Kinder aus dem weißrussischen Dorf Korotkij in den Landkreis Erding, damit sich ihre Körper hier vier Wochen lang von der Strahlenbelastung erholen können.

Nur 30 Kilometer von der Sperrzone entfernt steht ein Dorf mit 20 Häusern. Es gibt kein fließend warmes Wasser, die Luft ist verstrahlt, und die Lebensmittel werden größtenteils selbst angebaut. In einem strahlenverseuchten Boden. Einen Umzug in die Stadt kann sich keiner leisten. Seit nun 23 Jahren ermöglicht der Tschernobylverein den Kindern aus dem Dorf Korotkij einen vierwöchigen Urlaub bei Gastfamilien im Landkreis Erding. "Die Luftveränderung ist ein Luxus für die Gesundheit der Kinder", sagt Irmgard Rosinger, ehemals Vorsitzende des Vereins. In der Zeit in Deutschland bauen sie die Strahlenbelastung fast vollständig ab, die Wirkung halte ein dreiviertel Jahr an, weiß Rosinger. Einige Eltern der Kinder haben Krebs, eine mögliche Folge der Verseuchung. Daher findet Rosinger es umso wichtiger, darauf hinzuweisen, wie gefährlich die Gebiete noch seien. "Ich bin mir nicht sicher, ob das allen dort so klar ist."

Umso mehr freut es sie, dass sich genügend Gastfamilien gemeldet haben, um die Kinder vom 2. Juli an für einen Monat bei sich aufzunehmen, darunter auch ältere noch rüstige Damen. Dieses Jahr ist als Gast auch eine Mutter dabei, die selbst als Kind bereits hier in Erding war.

Seit 2006 nimmt Rosinger selbst Kinder auf, die vergangenen drei Jahre war sie die erste Vorsitzende des Vereins. Bis jetzt habe es immer gereicht an Spenden und Engagement der Familien, sagt Rosinger. Doch jedes Jahr werde es ein bisschen teurer. "Für die Wochen hier müssen wir schon mit 10 000 Euro rechnen", schätzt sie. Der Verein selbst finanziert sich ausschließlich aus Spenden, Sponsoren und seinem halbjährlichen Kaffee- und Kuchenverkauf. Dieses Jahr stehe ihnen daher ein "Highlight" bevor: Der Bayerische Wald habe ihnen freien Eintritt gesponsert, und auch eine Fahrt nach München zum Bayerischen Rundfunk sei geplant.

"Die Kinder freuen sich schon richtig auf ihren Urlaub, viele wissen ja schon, was sie hier erwartet", sagt Rosinger. Sie selbst nimmt seit sieben Jahren den selben Jungen bei sich auf. Da gebe es schon mal Sprachprobleme, aber es sind ja notfalls Dolmetscher dabei. Ansonsten seien es ja ganz normale Kinder: "Die freuen sich, wenn sie einfach jeden Tag ins Schwimmbad gehen können. Unser Gastjunge hat immer mit den anderen Kindern Fußball gespielt." Für ihn wird es aufgrund seines Alters leider das letzte Jahr in Erding sein. "Das wird ein trauriger Abschied für uns", sagt Rosinger.

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