Flüchtlinge:"Die Situation ist mehr als prekär."

Flüchtlinge: Weil es an Unterkünften für Geflüchtete mangelt, muss oft eine ganze Familie in einem Zimmer leben.

Weil es an Unterkünften für Geflüchtete mangelt, muss oft eine ganze Familie in einem Zimmer leben.

(Foto: Robert Haas)

2465 geflüchtete Personen leben aktuell in 170 Asylunterkünften und Privatwohnungen in der Stadt und im Landkreis Erding. Der Landkreis sucht händeringend weitere Wohnungen.

Von Antonia Haas, Erding

"Die Situation ist mehr als prekär." So fasst Claudia Fiebrandt-Kirmeyer, Pressesprecherin des Landratsamts Erding, die aktuelle Lage bei den Flüchtlingsunterkünften im Raum Erding zusammen. Es fehle an Wohnraum für geflüchtete Personen. Insgesamt leben derzeit 2465 geflüchtete Personen in 170 Asylunterkünften und Privatwohnungen in der Stadt und im Landkreis Erding, sagt Claudia Fiebrandt-Kirmeyer. Und es werden nicht weniger. Die größten Zugänge habe es im vergangenen Jahr im März und April nach Beginn des Angriffskriegs in der Ukraine gegeben. Zum Sommer hin seien es dann weder weniger geworden.

Seit Oktober würden die Zahlen bei den Neuankünften jedoch wieder deutlich ansteigen, sagt Claudia Fiebrandt-Kirmeyer. Der Großteil der geflüchteten Personen, also 1610 Menschen, stamme aus der Ukraine. Es folgen Afghanistan mit 131 Personen und die Türkei mit 62 Personen. So habe es in Summe im vergangenen Jahr 2022 in den Asylunterkünften im Raum Erding insgesamt 1248 Neueinzüge gegeben, in den Privatwohnungen 904. Aufgrund dieses Zuwachses und der angespannten Lage in den Flüchtlingsunterkünften sei nun seit November 2022 die Turnhalle in Moosinning als zusätzliche Unterkunft für Geflüchtete in Betrieb genommen worden, sagt Claudia Fiebrandt-Kirmeyer. Es würden nur noch einige wenige Angebote für weitere Unterkünfte eingehen, für zusätzliche Angebote sei das Landratsamt Erding weiterhin sehr dankbar.

Ein Zimmer für eine ganze Familie

Gerhard Häußler von der Flüchtlingshilfe Dorfen zeichnet ein ähnliches Bild. Die Situation in den Flüchtlingsunterkünften sei sehr schwierig, sagt Häußler. Die Unterkünfte seien schlichtweg voll. Nicht nur Asylbewerber, sondern teilweise auch anerkannte Geflüchtete mit Aufenthaltstitel würden dort leben. Da komme es auch schon vor, dass eine ganze Familie in einem Zimmer leben müsse, sagt Häußler. Ein Ende dieser angespannten Lage sei nicht in Sicht. Zwar dürfen Asylbewerber, sobald sie anerkannt wurden, die Asylunterkunft verlassen und sich eine eigene private Wohnung suchen. Das ist in der Praxis jedoch mehr als schwierig.

Auf dem Wohnungsmarkt sei schlichtweg nichts zu finden, sagt Häußler. Die Flüchtlingshilfe Dorfen unterstütze die geflüchteten Personen zwar bei der Wohnungssuche. Es sei aber eine große Herausforderung, eine passende leerstehende Wohnung und gleichzeitig einen Vermieter zu finden, der die geflüchteten Personen aufnehmen wolle. Eine schwierige Entwicklung, sagt Häußler. Die Lage spitze sich zu.

Auch Stephan Glaubitz, Vorsitzender der Aktionsgruppe Asyl Erding, sieht genau da das Problem. Es mangle ganz klar an möglichen Unterkünften für geflüchtete Personen. Er kenne zwar einige Leute, die ihre Häuser oder Wohnungen zur Verfügung stellen würden. Diese würden jedoch von der Aussicht abgeschreckt, nicht mitzuentscheiden dürfen, wer in ihrer Unterkunft künftig leben wird, sagt Glaubitz. Sie hätten eine genau Vorstellung davon, wer in ihr Haus oder ihre Wohnung und in die dazugehörige Siedlung passe. Wer seine Immobilien dann zur Verfügung stelle, gebe gleichzeitig das Mitspracherecht daran ab.

Viele ziehen ihr Angebot wieder zurück

Dies führe dazu, dass viele ihr Angebot wieder zurückziehen würden. Hinzukommt der ohnehin schon schwierige Wohnungsmarkt, der den Druck, eine passende Unterkunft zu finden, erhöht, sagt Glaubitz. Auf diesem sei es derzeit schließlich für jeden einzelnen schwierig, eine passende Wohnung zu finden. Das sei ein strukturelles Problem, stellt Glaubitz fest. In seinen Augen müsse dringend der soziale Wohnungsbau gefördert werden. Die Situation sei schließlich angespannt und das werde sie vorerst auch bleiben. Die Frage bleibe, wie man die vielen Geflüchteten, die wohl noch kommen werden, unterbringen solle.

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