Erding:Freie Wahl

Erding: Kreishandwerksmeister Rudolf Waxenberger.

Kreishandwerksmeister Rudolf Waxenberger.

(Foto: Renate Schmidt)

Wenn die öffentliche Hand im Landkreis bauen will, tut sie sich zunehmen schwer. Baufirmen beklagen übermäßige Bürokratie

Von Regina Bluhme, Landkreis

Eigentlich wollte die Gemeinde Eitting kürzlich Sanierungsarbeiten an der Turnhalle durchführen - hatte aber kaum Firmenangebote erhalten. Auch die Nachbargemeinde Oberding hat für die neue Dreifachturnhalle von 15 angeschriebenen Unternehmen nur drei Bewerbungen bekommen. Kein Wunder: Viele Firmen in der Erdinger Boomregion sind derzeit auf Monate ausgebucht, sie können sich die Aufträge aussuchen und hört man sich um, dann zählt die öffentliche Hand nicht zu den Favoriten. Mittlerweile lehnen Firmen aber auch Aufträge ab, weil ihnen einfach das Personal fehlt.

"Die Auftragsbücher der Baufirmen im Landkreis sind voll und wer kann, vermeidet die öffentliche Hand als Auftraggeber", das sagt der Erdinger Kreishandwerksmeister Rudolf Waxenberger. Denn öffentliche Aufträge seien aufgrund der Bürokratie mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden. Das Ausschreibeverfahren sei recht strikt, "den Preis für jede Stunde muss man rechtfertigen und aufgliedern", jede Kalkulation bis ins Kleinste darstellen. "Das bedeutet für die Firmen viel Arbeit", so Waxenberger.

"Das öffentliche Vergaberecht ist vom Formalismus geprägt", bestätigt Josef Steinkirchner, der Geschäftsleiter der Verwaltungsgemeinschaft von Oberding und Eitting. Innerhalb der Ausschreibung gebe es "unheimlich viele Formblätter" auszufüllen, gerade kleinere Firmen, bei denen der Chef noch selbst die Angebote bearbeite, seien da oft zeitlich überfordert. Größere Unternehmen täten sich da leichter, fügt Steinkirchner hinzu, "die beschäftigen dafür eigene Fachabteilungen."

Anton Grasser, einer der Geschäftsführer der Grasser-Bau GmbH aus Bockhorn, sieht als weiteres Manko bei öffentlichen Bauaufträgen, "dass Sie oft dem Geld hinterherlaufen müssen." Diesen Vorwurf höre er auch hin und wieder, räumt Josef Steinkirchner ein. Jede Rechnung müsse erst von einem Ingenieurbüro geprüft werden, bevor die Gemeinde eine Zahlung leisten könne, erklärt er. Wenn die Rechnung nun mal zwei bis drei Wochen in einem Ingenieurbüro hängen bleibe, dann verzögere sich die Sache natürlich auch einmal. "Wir legen bei uns aber viel Wert darauf, möglichst schnell zu zahlen", betont Steinkirchner. Im Übrigen biete die öffentliche Hand einen nicht zu unterschätzenden Vorteil gegenüber privaten Auftraggebern: "Eine Kommune kann nicht pleite gehen". Auch wenn es vielleicht einmal ein bisschen dauere, könne der Firmenchef sicher sein, "dass er sein Geld bekommt."

Wie die Landesvereinigung Bauwirtschaft Bayern (LVB) kürzlich in einer Pressemitteilung informierte, sind bayernweit im Ausbaugewerbe die Auftragsbücher rund zehn Wochen voraus gefüllt, im Bauhauptgewerbe rund 13 Wochen. Diese Zahlen seien auch für den Landkreis Erding "durchaus realistisch", sagt Kreishandwerksmeister Rudolf Waxenberger. Anton Grasser bestätigt, dass sein Unternehmen derzeit auf drei bis vier Monate ausgebucht ist. Er sei seit 28 Jahren im Geschäft, aber er könne sich nicht erinnern, "wann jemals so viele Auftragsangebote hereingekommen sind." Sein Betrieb könne sich die Aufträge aussuchen.

Auch wenn sich der Andrang an Firmen in Eitting oder Oberding in Grenzen hält, so macht sich das nicht bei den Preisen bemerkbar. In den beiden Gemeinden liegen die Angebote sogar zumeist unter den Schätzkosten. Das liegt nach Rudolf Waxenbegers Ansicht auch daran, dass der Wettbewerb unter den Firmen "nach wie vor sehr hart geführt wird." Auch bei guter Auftragslage "bekämpfen sich die Unternehmen gegenseitig - vielleicht auch einfach aus Gewohnheit", so Waxenberger. Josef Steinkirchner hat eine andere Erklärung. In der Boomregion Erding herrsche ein höheres Preisniveau und das werde in die Schätzkosten von Anfang an mit einberechnet. "Wir wollen dem Gemeinderat gegenüber mit offenen Karten spielen und einen vernünftigen, realistischen Preis präsentieren", laute die Devise. Bei der neuen Dreifachturnhalle in Oberding, die im Oktober fertiggestellt sein soll, liege die Gemeinde im Zeit- und Kostenplan.

Es gibt laut Rudolf Waxenberger aber auch noch einen weiteren Grund dafür, dass Firmen nicht auf Anfragen reagierten: Mittlerweile fehle bei einigen einfach das qualifizierte Personal. "Das Baugewerbe ist alles andere, bloß nicht beliebt", so Waxenberger. Seit einiger Zeit stagnierten die Zahlen bei 25 bis 30 Maurerlehrbuben pro Jahr - für die Landkreise Erding und Freising zusammen gerechnet. "Das sind wirklich keine guten Zahlen."

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