Süddeutsche Zeitung

Erding:Eine attraktive Stadt

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Nach Jahren einer langsamen Entwicklung werden die Bevölkerungszahlen Erdings künftig stärker wachsen. Zuletzt hat die Stadt eine politisch gewollte Obergrenze eingehalten

Von Antonia Steiger, Erding

Über viele kleine neugeborenen Babys freut sich jede Kommune. Auch die Stadt Erding, die sich im Jahr 2015 auf Bestreben ihres OB Max Gotz (CSU) zwar zum Ziel gesetzt hat, nicht mehr als um ein Prozent jedes Jahr zu wachsen. Damit wollte die Stadt nicht verhindern, dass Kinder auf die Welt kommen, sondern dass der Zuzug ein wenig abgebremst wird. Und das ist ihr auch gelungen, schon alleine weil keine neuen großen Baugebiete baureif wurden. Diese Phase ist nun beendet: Auf dem Baugebiet Poststadl wachsen die Häuser bereits in die Höhe. Sowohl an der Sigwolfstraße als auch an der Haager Straße Ost sollen Wohngebiete auf Flächen entstehen, die eigentlich durch Hochwasser gefährdet sind. Der kommunale Hochwasserschutzes lässt noch auf sich warten, doch private Investoren wollen mit dem Wasserwirtschaftsamt einen temporären Schutz hervorbringen, der eine Bebauung bald möglich machen könnte. Bevor es damit richtig losgeht, hat Christian Famira-Parcsetich, Leiter der Stadtentwicklung im Erdinger Rathaus, den Stadträten im Stadtentwicklungsausschuss nun ein paar Folien aus dem Datenfundus des Planungsverbandes München präsentiert, die zunächst einmal die gemächliche Entwicklung der Vergangenheit belegen. Die ersten Neubürger vom Poststadl schlagen noch nicht zu Buche, die Zahlen umfassen den Zeitraum bis Ende 2020.

Erding stehe gut da, findet Erdings OB Max Gotz (CSU) angesichts der Zahlen. Zum einen belegen sie die Deckelung des Einwohnerzuwachses von jährlich nicht mehr als einem Prozent. Zum anderen aber auch, dass die Stadt auf natürlichem Wege langsam weiter wächst: Ein Vergleich von Geburten mit Todesfällen wies in den vergangenen Jahren meist ein positives Saldo aus. Und das ist trotz des Wunsches nach einem gemäßigten Wachstum ja immer eine schöne Nachricht. Einen Höhepunkt markiert diesbezüglich das Jahr 2016, als 335 Todesfällen 390 Geburten gegenüberstanden.

Eine Bestmarke, die kritischer gesehen wird, weist das Jahr 2013 auf: 2949 Zuzüge und 2095 Wegzüge, dazu ein Plus von 34 Personen im Vergleich der Geburten mit den Todesfällen - das ergab einen Einwohnerzuwachs von 888 Einwohnern innerhalb eines Jahres. So hätte es nicht weitergehen können, Erding wäre mit dem Bau der Infrastruktur wohl nicht hinterhergekommen. Aber so ist es auch nicht weitergegangen. Das Gesamtsaldo bei den Einwohnern sank in den Jahren nach 2013 fast kontinuierlich auf bis zu 42 im Jahr 2020. Ein Jahr zuvor hatte Erding unter dem Strich sogar sieben Einwohner verloren.

In absoluten Zahlen ist die Große Kreisstadt Erding innerhalb der zehn Jahre von 2010 bis 2020 erwartungsgemäß die Kommune im Landkreis Erding, die am stärksten gewachsen ist: um 1941 Einwohner. Den geringsten Zuwachs hatte mit einer um 20 höheren Einwohnerzahl die Gemeinde Lengdorf. Und die Gemeinde Wörth ist im gleichen Zeitraum sogar um 59 Einwohner geschrumpft. Relativ betrachtet steht die Stadt Erding im Ranking des Landkreises aber nur auf Platz 21 mit einem Wachstum um 5,6 Prozent. Spitzenreiter sind die Gemeinden Eitting, wo es im Jahr 2020 um 21,8 Prozent mehr Einwohner gab als 2010, und Oberding (19,9).

Die Kommunen, die nach Erding die meisten Einwohnerzuwächse in absoluten Zahlen in zehn Jahren zu verzeichnen hatten, sind Taufkirchen (1462), Oberding (1071) und Dorfen (1067). Schon ein bisschen abgeschlagen rangiert Wartenberg dahinter mit einem Zuwachs von 783 Einwohnern zwischen 2010 und 2020.

Wo wohnen die ganzen Menschen in der Stadt Erding? Laut dem Planungsverband München in 6795 Wohngebäuden, die es 2020 in Erding gab. Die Zahl wuchs nur mäßig in den Jahren zuvor: von 6304 (2011) über 6561 (2015) auf 6762 (2019). In den 6795 Häusern gab es 16980 Wohnungen. 4440 Häuser sind Einfamilienhäuser, 1834 Zweifamilienhäuser und 10706 Mehrfamilienhäuser. Auch hier wird es Verschiebungen geben, weil in den neuen Wohngebieten viele Mehrfamilienhäuser entstehen, die zum flächensparenden Bauen und Wohnen beitragen sollen. Die Wohnfläche, die jeder einzelne Erdinger für sich in Anspruch nimmt, war 2020 auf einem Zehn-Jahres-Hoch, sie lag bei 42,5 Quadratmeter und war seit 2013 von etwas über 40 Quadratmeter langsam angestiegen. Dementsprechend sinkt auch die Belegung der Wohnungen auf 2,15 Einwohner pro Einheit.

Eine Statistik des Planungsverbandes kann jedoch nicht wahr sein, dieser Auffassung war nicht nur OB Gotz: die der Bodenrichtwerte, die jüngst wieder starke Beachtung finden. Nicht nur weil sie den Wertzuwachs von Grundeigentum belegen, sondern weil sie möglicherweise als Faktor in die Berechnung einer zu zahlenden Ablöse durch Bauwillige einfließen, die keinen eigenen Spielplatz an einer Anlage mit mehr als drei Wohnungen bauen.

Darüber diskutieren Politik und Verwaltung derzeit - mit offenem Ausgang. Der Planungsverband München überraschte nicht damit, dass er Erding mit durchschnittlich 1510 Euro pro Quadratmeter den höchsten Wert im Landkreis bescheinigt. Dass dieser Wert aber zum Teil deutlich über denen der Städte Dachau (1096), Freising (1189), Fürstenfeldbruck (764) und Ebersberg (790) liegen, darf bezweifelt werden, das sieht nicht nur Gotz so. Ebenfalls überraschend, aber nicht neu ist die Tatsache, dass in Stadt und Landkreis Erding die Zahl der zugelassenen Autos schneller steigt als die Zahl der Einwohner. Rein rechnerisch bringt jeder neue Einwohner der Stadt Erding 1,48 Autos mit nach Erding, auch Kleinkinder. Die Zahl der Autozulassungen in der Stadt Erding ist in zehn Jahren um 25 Prozent gestiegen, die Zahl der Einwohner nur um 7,5 Prozent.

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SZ vom 18.01.2022
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