Erding:Ein gutes Pflaster

Erding bekommt die Empfehlung zur Aufnahme in die Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen. Es gibt noch einiges zu tun, es ist aber auch schon sehr viel passiert, sagen die Prüfer

Von Antonia Steiger, Erding

Es geht über Stock und Stein. Dort ist ein Radlweg nicht geteert, woanders ist er nicht einmal vorhanden. Eine Fahrradstraße ist nicht gekennzeichnet, eine andere schon. Der Platz für das Fahrradtraining ist in einem traurigen Zustand, da muss man nicht viele Worte verlieren. Und doch zeigt sich die Delegation, die am Donnerstag Erding auf dem Fahrrad inspiziert hat, rundum zufrieden mit den Fortschritten, die die Stadt auf dem Weg zur fahrradfreundlichen Kommune macht. Einstimmig spricht sich das dreiköpfige Komitee dafür aus, Erding diese Plakette zu verleihen. Entschieden wird es im Ministerium, aber dort hält man sich normalerweise an die Weisung der Fachleute auf Rädern. Erding habe gezeigt, dass auch kleine Maßnahmen dazu beitragen, dass sich die Situation für die Radfahrer entscheidend verbessert. Große Maßnahmen werden folgen, aber dafür müssen erst ein paar noch viel größere städtebaulichen Projekte umgesetzt werden.

Erding ist eine Stadt im Umbruch, das offenbart sich an jeder Station, die am Donnerstagnachmittag abgeradelt wird. Christian Famira-Parcsetich erläutert den Gästen, wo was passiert. Nur wann, das kann er nicht so genau sagen. Ein Paradebeispiel ist der Erdinger Bahnhof. Aus Sicht der Radfahrer ein trauriger Zustand und für die Stadtplanung ein fast unlösbares Problem: Die Radfahrer brauchen mehr und vor allem bessere Abstellanlagen, die jetzigen gehörten ins Museum, sagt Robert Burschik vom ADFC Bayern. Umbauen darf die Stadt Erding dort aber nur in Absprache mit der Deutschen Bahn, und die ist schwieriger Verhandlungspartner. Die Unterzeichnung von Verträgen könne daran scheitern, dass man bei der Bahn nicht wisse, welche Tochter nun genau zuständig sei, erklärte Famira-Parcsetich. Das angrenzende alte Post-Gebäude gehört der Stadt, ein Zaun soll abgerissen, dann sollen dort moderne Radlständer gebaut werden. Aber Vorsicht, warnt Famira-Parcsetich. An den künftigen Anlagen führt ein Weg vorbei, und der gehört der Bahn, die ihre Erlaubnis dazu geben muss, dass die Radfahrer ihn benutzen müssen, wenn sie ihr Radl abstellen wollen. Über allem steht die Frage, ob Erding überhaupt etwas erneuern soll, weil der Bahnhof aufgelöst wird, wenn der S-Bahn-Ringschluss kommt und ein neuer Bahnhof auf dem Fliegerhorstgelände entsteht. Eine Städtebauförderung könne die Kommune nicht in Anspruch nehmen, weil damit die Forderung verknüpft sei, dass die neuen Anlagen 25 Jahre lang stehen bleiben. So lange wird es nicht dauern, bis der S-Bahn-Ringschluss fertig ist. So die Hoffnung.

Die Stadtbaurätin Birgit Zehetmaier als Vertreterin des bayerischen Ministeriums, Vanessa Rösch als Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK), in die Erding aufgenommen werden möchte, und Robert Burschik ließen sich zu weiteren Punkten leiten. Gefragt war immer wieder das Wissen von Harald Woellert, Leiter der Abteilung Tiefbau im Rathaus, der erläuterte, unter welchen Bedingungen die Beleuchtung des Radwegs an der Sigwolfstraße nördlich des Rennweges zustande gekommen ist. Dass beleuchtete Radwege ein wesentliches Kriterium dafür sind, darauf wies Zehetmaier hin. Burschik mahnte an etlichen Stellen eine bessere Ausschilderung an, damit die Autofahrer auch wirklich nicht übersehen, dass Radfahrer da sind. Pluspunkte sammelte Erding mit den Markierungen für Radfahrstreifen auf der Dorfener Straße und auf der Freisinger Straße. Die neuen Abstellanlagen vor den Rathäusern gefielen der Delegation. Auch einige Poller waren aus Burschiks Sicht richtig gesetzt, weil sie dem Schutz der Radfahrer dienen. Und auch das neue Straßenpflaster in der Landshuter Straße ist für Radler angenehm. Die Tour bei Nieselregen machte zudem deutlich, dass Autofahrer in Erding auf Radfahrer Rücksicht nehmen. Die Gruppe in gelben Warnwesten genoss überall freie Fahrt, als würden die Autofahrer wissen, dass auch sie einen Betrag dazu leisten können, dass Erding als fahrradfreundlich durchgeht.

Radfahrer dürfen sich nicht abgedrängt fühlen, sagte Burschik, sie müssen Raum bekommen. Wenn Verkehrsflächen gemeinsam genutzt werden, wirkt sich das mäßigend auf die Fahrgeschwindigkeit der Autos aus. Dass man mit Rücksichtnahme weit kommt, zeigen die Erdinger, seit der Stadtpark für Radfahrer freigegeben wurde. Die Befürchtungen, dies werde gefährlich für ältere Leute und kleine Kindern, hat sich nicht bestätigt. Auch wenn ab und zu ein junger Kraftprotz durch den Park brettert, bewegen sich die allermeisten Radfahrer rücksichtsvoll vorwärts. Selbst wenn Radfahrer verbotenerweise mal über eine Brücke radeln, setzt es keine Schelte. Oftmals gehen Fußgänger zur Seite. Und man lächelt sich freundlich an.

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