Süddeutsche Zeitung

Erding:Ein Dach über dem Kopf

Der Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt feiert die Einweihung des Jugendhauses in den Geislinger Ängern. Fritz Steinberger ist sichtlich stolz auf die große Eigenleistung der Mitglieder. Von Landrat bis Bürgermeisterin sind alle Gäste voll des Lobs für den Bau

Von Regina Bluhme, Erding

Neben der Erdinger Kleingartenanlage in den Geislinger Ängern steht ein ganz besonderes Haus: Im Eingang hängt Korkenzieherhasel von der Decke, auf der Veranda stolziert hin und wieder ein Pfau herum und die verglaste Front auf der Rückseite gibt den Blick frei auf einen herrlich wilden Garten mit Baumhaus, Rutschen und Hühnerstall. Am Freitag ist das Jugendhaus des Erdinger Kreisverbands der Arbeiterwohlfahrt (AWO) eingeweiht worden. Fritz Steinberger, AWO-Kreisvorsitzender und Motor des Projekts, betonte, dass von den 1,1, Millionen Gesamtkosten 400 000 Euro durch Eigenleistung erbracht wurden.

Schon seit circa 25 Jahren führt die AWO auf dem Bauspielplatz Ferienbetreuung durch. Das neue Haus ersetzt die bisherige "Amadeus-Baracke" und soll auf dem insgesamt 7500 Quadratmeter großen Gelände Kindern und Jugendlichen bei schlechtem Wetter ein Dach über dem Kopf bieten. Die Fertigstellung kommt gerade recht, denn nicht in jeder Kommune im Landkreis gibt es dieses Jahr corona-bedingt ein Programm für die Sommerferien. Für den Bauspielplatz sind noch Plätze frei, informierte Fritz Steinberger am Freitag.

"Heute ist ein wichtiger Tag für die AWO", betonte Fritz Steinberger in seiner Ansprache. Mit dem Jugendhaus komme der Wohlfahrtsverband auch ein Stück dem Ziel näher, sich für "Solidarität, Gleichheit, auch gegen Rassismus" einzusetzen sowie für "soziale Arbeit". Das Jugendhaus solle die soziale Infrastruktur in Erding ergänzen als Angebot an alle Gruppen in Erding und im Landkreis, aber im besonderen für Menschen, die keine Lobby hätten.

Kurz erinnerte Steinberger an die Anfänge des Bauspielplatzes: Wie er 1994, drei Tage nach seiner Pensionierung, beschlossen habe, in den Geislinger Ängern einen Bauspielplatz auf dem Kiesgelände zu errichten, wie er sich immer wieder durch den Dschungel von Behördenvorschriften kämpfte, die eine Einzäunung notwendig machten, später dann kamen Toilettenanlage, Wasser und Strom dazu. Und nun sogar ein richtiges Haus, hell und geräumig, in Holzbauweise, mit einem recht großen, verglasten Saal, der bestuhlt werden kann. Die Möblierung habe die AWO gebraucht erstanden, unter anderem aus Haushaltsauflösungen.

Langfristig angesteuert wird eine ganzjährige Öffnung sowie eine Betreuung durch einen festen Sozialpädagogen oder eine -pädagogin. Um eine passende Wohnung in Arbeitsplatznähe müsste sich der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin nicht kümmern, sagte Steinberger. Auf dem Gelände An den Geislinger Ängern stehe ein gut ausgebauter und geräumiger Trailer zur Verfügung

Fritz Steinberger ist besonders stolz darauf, dass Hauptamtliche und Ehrenamtliche zwei Jahre lang beim Hausbau mitangepackt haben. So seien 400 000 Euro an Eigenleistung zusammengekommen. Zur Einweihung gab es dann je einen Scheck von der VR-Bank und der Volksbank.

Nicole Schley, Bürgermeisterin von Ottenhofen (SPD) und Präsidentin des AWO-Bezirks Oberbayern, lobte den Bau als "ein echtes Gemeinschaftsprojekt". Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) dankte für den "Mut und das Engagement" und überbrachte einen "Riesenglückwunsch an alle jungen Menschen, die eine solche Begegnungsstätte nutzen können". Bürgermeisterin Petra Bauernfeind (Freie Wähler), die in Vertretung von Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) gekommen war, kam sich vor "wie in einem Dorf mitten in der Stadt". Steinberger sei für sie immer ein großes Vorbild gewesen. "So einen Macher kenn ich sonst nicht."

Den kirchlichen Segen erteilte der katholische Stadtpfarrer Martin Garmeier im Beisein der evangelischen Pfarrerin Andrea Oechslen und Emre Koca vom islamischen Zentrum Erding. Andrea Oechslen betonte, wie wichtig es sei, dass sich hier Menschen "über alle Grenzen hinweg begegnen".

So sah es auch die SPD-Landtagsabgeordnete Doris Rauscher, die von der Anlage begeistert war. "Es ist hier wie im Paradies", sagt sie. Man fühlte sich sofort wohl und vor allem ermögliche die AWO, dass sich Menschen, egal mit welchem Hintergrund, offen begegnen können. "Der Liebe Gott sortiert nicht nach Gruppen", fügte hier Fritz Steinberger hinzu, "aber er weiß, was die AWO leistet."

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SZ vom 11.07.2020
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