Diebstähle steigen:Dreiste Fahrraddiebe

Fahrrad-Aktionstag

Der ADFC bietet bei Aktionstagen an, Fahrräder zu codieren, damit sie als Diebesgut besser wiedererkannt werden können.

(Foto: Privat)

Täter schrecken nicht davor zurück, in Kellerräume einzudringen oder Garagen aufzubrechen. Polizei rät, Fahrräder zu codieren und sich die Rahmennummer zu notieren

Von Thomas Daller, Erding

Es ist noch kein dramatischer Anstieg, aber einhergehend mit dem kräftigen Fahrradboom in diesem Jahr erreicht die Zahl der Fahrraddiebstähle wieder ein hohes Niveau. Und das betrifft nicht nur die "einfachen Diebstähle", wie es die Polizei nennt, wenn jemand beispielsweise ein nicht abgesperrtes Fahrrad am Bahnhof entwendet. Auch die "schweren Diebstähle", bei denen die Täter Keller oder Garagen aufbrechen, um teure Rennräder oder E-Bikes zu stehlen, gehen nicht zurück.

Der Landkreis Erding ist eigentlich keine Hochburg der Kriminalität, ganz im Gegenteil. Mit 2939 Straftaten pro 100 000 Einwohnern zählt der Landkreis zu den sichersten Regionen im Freistaat und im ganzen Bundesgebiet. Aber weil es sich bei Erding um eine wohlhabende Region handelt, können sich viele ein teures Rad leisten und dadurch ist der Landkreis auch für Diebe interessant. Nach Angaben von Harald Kratzel, Leiter der Polizeiinspektion Dorfen, wurden im östlichen Landkreis von Januar bis Juli 2020 bislang 21 Fälle von Fahrraddiebstählen gemeldet. 2019 waren es im gleichen Zeitraum 14 Fahrraddiebstähle und 2018 waren es 15. Im westlichen Landkreis, für den die Polizeiinspektion Erding zuständig ist, wurden heuer bereits 134 "schwere" Fahrraddiebstähle gezählt, hier stagnieren die Zahlen auf hohem Niveau; im Vorjahr waren es im Vergleichszeitraum 140.

Bei den Tatorten ist ein Muster erkennbar: je größer die Orte, desto größer auch die Gefahr, dass ein Fahrrad von Gelegenheitsdieben und Kleinkriminellen erbeutet wird. Neben Erding und Dorfen ist daher auch Taufkirchen am stärksten von Fahrraddiebstählen betroffen. Dort haben sie vor allem in Mehrfamilienhäusern mit mehreren Zugängen zum Radlkeller oder zu Tiefgaragen leichtes Spiel.

Bei den Tätern ist es für die Polizei im Landkreis schwieriger, ein Profil zu erstellen. Für Großstädte wie Berlin oder Frankfurt gibt es Statistiken, wonach etwa 20 Prozent der Fahrraddiebstähle auf "reisende Täter", oftmals aus Osteuropa, zurückgehen, die meist Mitglied einer Bande sind. Weitere 40 Prozent der Diebe sind unter 21 Jahre alt, viele davon sind drogensüchtig und der Diebstahl erfolgt im Rahmen der Beschaffungskriminalität. Weil jedoch im Landkreis Erding die Fallzahlen geringer sind und die Aufklärungsquote bei Fahrraddiebstählen wie im gesamten Bundesgebiet im einstelligen Prozentbereich schwankt, ergibt sich hier kein prägnantes Bild. Wenn die Polizei am Tatort keine DNA-Spuren sichern kann, ist es schwierig, den Diebstahl einem möglicherweise schon polizeilich erfasstem Bandenmitglied zuzuordnen. Auch die Beschaffungskriminalität spielt nach derzeitigem Kenntnisstand nur eine sehr geringe Rolle. Eine Szene, in der harte Drogen konsumiert werden, ist bislang nicht aufgefallen. Und die Kiffer haben es nicht nötig: Ein Gramm Cannabis kostet nicht mehr als drei Halbe Bier beim Wirt. Deswegen bricht man in der Regel nicht ein. "Die Täter, die wir im vergangenen Jahr gefasst haben, waren nicht im BTM-Milieu drin", sagte Inspektionsleiter Kratzel. Nach seinen Erfahrungen sind die Täter im Landkreis eher heterogen: "Da sind Jugendliche dabei, die sich ein Taschengeld hinzuverdienen, aber wir hatten auch schon 60-jährige Fahrraddiebe." Was die Fahndung beziehungsweise eine höhere Aufklärungsquote für die Polizei so schwierig macht, sind die oftmals sehr unzureichenden Angaben der Bestohlenen: "Oftmals verfügen sie nicht einmal über einen Kaufvertrag mit der Individualnummer des Fahrrads", sagte Inspektionsleiter Josef Schmid. Selbst bei teueren Rädern oder E-Bikes gebe es auch oft kein Foto. Beschreibungen wie "schwarzes Herren-Trekkingrad" helfen der Polizei kaum, ein Rad zu finden.

Die Polizeiinspektionen kontrollieren immer wieder mal Fahrräder, insbesondere wenn "die Person nicht zum Radl passt", erläuterte Kratzel. Hinzu komme, dass immer wieder Räder gefunden werden, die als gestohlen gemeldet wurden. Das sind jene, die "ohne Aneignungsabsicht" weggenommen wurden. In solchen Fällen schnappt sich jemand ein nicht abgesperrtes Rad, um damit nach Hause zu fahren. Und das liegt dann in einem anderen Stadtteil herum. Wenn der Polizei so ein Rad gemeldet wird, wird es mit den aktuellen Anzeigen verglichen. Wenn man es nicht zuordnen kann, kommt es aufs Fundamt. Dort wartet man ab, ob sich der Eigentümer meldet, und wenn nicht, wird es versteigert.

Aber es gibt natürlich auch etliche Räder, die mit dem Ziel entwendet wurden, sie zu Geld zu machen. Das geschieht dann über den Freundes- oder Bekanntenkreis, aber zunehmend auch übers Internet. Die Polizei behält bei ihren Ermittlungen auch solche Plattformen im Auge, oftmals unterstützt von den bestohlenen Eigentümern: Sie lesen beispielsweise die E-Bay-Kleinanzeigen aus der Region und werden dabei fündig: "Das hat uns manchmal schon geholfen", sagte Schmid.

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