Erding:Dilettantischer Autoknacker

Er suchte sich ein Auto mit Dellen und Kratzern - und dann ließ er sich mit Nummernschild abfilmen: Die Karriere als Autodieb ist für einen 36-Jährigen nun zu Ende.

Florian Tempel

Die beiden Autos, die er gestohlen hatte, waren nur wenig wert und auch die übrige Beute, die er bei einem halben Dutzend Autoaufbrüchen machte, war "mickrig", wie Richter Wolfgang Grimm befand. Die Art und Weise, wie sich der 36-Jährige Angeklagte mit Straftaten "gerade mal mühsam über Wasser hielt", sei mit "Versagerdelinquenz" wohl gut beschrieben. Trotzdem gab es nur wenig Milde für ihn. Das Erdinger Schöffengericht schickte den Gescheiterten für sieben Diebstähle und acht Tankbetrugsfälle 22 Monate ins Gefängnis.

Als Anfang Oktober 2009 aus einem Parkhaus am Münchner Flughafen ein ziemlich klappriger Kleinwagen gestohlen wurde, geriet zunächst das Opfer in Verdacht. Die Polizei wollte nicht glauben, dass ein Dieb sich ausgerechnet ein Auto mit Dellen und Kratzern aussuchte, während ringsum weit höherklassige und teurere Wagen standen. Ein Versicherungsbetrug durch den Besitzer des Kleinwagens schien realistischer. Das Auto war aber tatsächlich gestohlen worden. Der Angeklagte, der zweieinhalb Monate später bei einer Routinekontrolle von der Polizei in Bayreuth festgenommen wurde, sagte in seinem Prozess, der Kleinwagen sei eben der einzige Autotyp, "den ich aufmachen kann".

Mit dem Auto war er durch halb Deutschland gefahren, hat es sowohl als Fortbewegungsmittel als auch als Wohnung genutzt. Wenn der Tank leer war, füllte er ihn an Tankstellen, ohne zu bezahlen, wieder auf. Dass die Überwachungskameras ihn und das Nummernschild des Autos aufzeichneten, kümmerte ihn wenig. Dem bestohlenen Autobesitzer brachte das allerdings weiteres Ungemach ein, da ihm als Halter des Wagens jede Woche eine Anzeige wegen Betrugs ins Haus flatterte.

Ende November ließ der Autodieb den in München gestohlenen Kleinwagen am Frankfurter Flughafen stehen. Er stieg auf einen anderen Wagen der gleichen Marke um und fuhr nun mit diesem herum. Zwischendurch klaute er bei Gelegenheit Handys oder Fotokameras aus anderen Autos. Zu Geld machte er das Wenigste. Ein Laptop, dass er in Köln erbeutete, schloss er in ein Schließfach am Münchner Hauptbahnhof ein. Für Richter Grimm ein weiteres bezeichnendes Merkmal, wie unbeholfen der Angeklagte als Krimineller war. Ein Schließfach koste ja schließlich Geld.

Der Angeklagte gab nur diffus zu sich und seiner Lebenslage Auskunft. Eigentlich habe er einen schönen Beruf als Puppenmacher in der Prager Werkstatt seines Vaters gehabt. Andererseits habe er nicht "in diesem System" leben und deshalb nach Asien auswandern wollen. Doch auch daraus wurde nichts. Ohne Geld und ohne Plan irrte er nur frustriert und ziellos durch Deutschland.

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