Erding:"Die kommen an und haben nichts"

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Drei Mal die Woche hat die Kleiderkammer der Aktionsgruppe Asyl geöffnet. Weil Flüchtlinge im Landkreis Erding zum Kauf von Kleidung und Schuhen nur Gutscheine erhalten, ist sie für diese eine wichtige zusätzliche Hilfe

Von Regina Bluhme, Erding

Es ist ganz schön warm in dem kleinen Verkaufsraum. Egal. Mit zufriedenem Blick probiert ein junger Mann einen Strickpullover an. In der Kleiderkammer der Aktionsgruppe Asyl (AGA) sind die Regale gefüllt mit Winter- und Sommersachen. Nach längerer Odyssee sind die ehrenamtlichen Helfer an der Freisinger Straße 38 gut gelandet. Das Angebot wird von den Flüchtlingen auch gerne genutzt. Eine Mangelware ist im Moment allerdings Sportkleidung. Laut Arbeitskreis werden Fußballschuhe und Laufschuhe dringend gesucht.

Drei Mal in der Woche hat die Kleiderkammer geöffnet. Beim Besuch an diesem heißen Mittwochvormittag herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Der Mann mit dem Strickpulli heißt Hailu und stammt aus Äthiopien. Er ist vor einem Monat über den Sudan und Libyen nach Deutschland gekommen, berichtet er. Seit vier Tagen lebt er in Erding. In der Kleiderkammer schaut sich noch nach T-Shirts und Hosen um. Den Winterpullover will er auf jeden Fall mitnehmen. Er strahlt. "Danke, sage ich", erklärt er vorsichtig auf Deutsch.

Lia Gäb und Christl Hollesch (v. li.) in ihrer Kleiderkammer. In den Regalen liegt Winter- und Sommerkleidung für Babys, Kinder und Erwachsene. (Foto: Renate Schmidt)

Die Idee einer Kleiderkammer für Asylbewerber ist vor etwa drei Jahren entstanden, berichtet Lia Gäb. Sie ist von Anfang an dabei und organisiert auch jetzt die Ausgabe. Schon mehrfach musste die Kleiderkammer umziehen, jetzt ist Lia Gäb froh, dass sie auf dem Gelände der Firma Linner jetzt eine Bleibe gefunden haben. "Und die Lage ist günstig", betont AGA-Sprecherin Maria Brand. "Unser Angebot hat sich schon herumgesprochen, es kommen viele Leute vorbei."

In den wandhohen Regalen liegt Winter- und Sommerkleidung für Babys, Kinder und Erwachsene, am Boden stehen volle Tüten und Kartons, die Helfer kommen mit dem Auspacken nicht mehr nach. Das Angebot reicht von Taschen, Handtüchern, Schuhen bis zu Schulranzen und Bettwäsche. "Hier ist unsere Küchenabteilung", sagt Lia Gäb und führt in einen winzigen Nebenraum. Dort lagern Gläser, Babyfläschchen, Teller, Tassen und einige Bierkrüge. Pfannen und Töpfer sind nicht zu sehen, "die sind immer sofort weg", weiß Lia Gäb. Das gelte auch für Vorhänge.

Die Asylbewerber im Landkreis Erding erhalten zum Kauf von Kleidung und Schuhen kein Bargeld, sondern Gutscheine. Die Kleiderkammer sei für die Menschen "eine zusätzliche Hilfe", sagt Maria Brand. Und diese sei auch notwendig, betont sie. Schließlich könne ein Flüchtling nicht auf "einen Fundus von Kleidung" zurückgreifen, "die kommen an und haben nichts". Mit der Einrichtung soll auch verhindert werden, dass die Spenden einfach vor den Unterkünften abgestellt werden, berichtet die AGA-Sprecherin. Tüten und Kartons landen zentral in der Kleiderkammer und werden dort sortiert. Auch die Ausgabe ist organisiert. "Jeder Kunde erhält eine Karteikarte und darf zwei Mal im Monat vorbeikommen", erklärt Lia Gäb.

Zum Team der Kleiderkammer gehören neben Lia Gäb auch Jutta Herrmann, Christl Hollesch und Alex Lechner. Außerdem helfen Luba Katsiera stammt aus Tschetschenien und die Syrerin Nada Butros mit. Vilmar Eggerstorfer vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) bringt die gespendeten Drahtesel wieder auf Vordermann. Er hat eine Bitte: "Wir benötigen keine Mountainbikes, wir brauchen Alltagsräder mit Beleuchtung, Gepäckträger und Ständer."

Absolute Mangelware ist im Moment Sportbekleidung, darauf macht Uwe Ritschel von "Sport pro Asyl" aufmerksam. Zum Start der neuen Fußballsaison würden oft neue Schuhe und Trikots angeschafft. "Da wird auch viel aussortiert. Damit würden wir gerne den Flüchtlingen helfen", sagt Ritschel. Dringend benötigt wird Sportbekleidung aller Art, vor allem Fußballschuhe, aber auch Laufschuhe sowie Bälle für die Unterkünfte.

Die Kleiderkammer an der Freisinger Straße 38 ist montags und mittwochs jeweils von 9 bis 11.30 Uhr geöffnet sowie donnerstags von 16.30 bis 18.30 Uhr. Die Arbeitsgruppe Asyl bittet darum, die Spenden nicht unangemeldet vor die Tür zu stellen. Wer etwas abgeben will, sollte sich zuvor mit Lia Gäb in Verbindung setzen unter: liagaeb@kabelmail.de

© SZ vom 18.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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